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Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand

Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand

Titel: Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
Autoren: Mauel Veronika
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Umzugskisten, die ihre Eltern aus dem Kofferraum des Kombis holten. Seufzend rollte sich Mia auf den Rücken, legte den Arm über die Augen und ließ ihre Gedanken schweifen. An einem Tag wie heute hätte sie in Berlin alles andere gemacht, als faul im Bett herumzuliegen. Immerhin lagen die ersten Anzeichen von Sommer in der Luft. Die Temperaturen kletterten bereits nahe an die dreißig Grad Grenze und in Berlin starteten die ersten Freiluft-Sessions. Gerade an diesem Abend gab ihre Lieblingsband ein Gastspiel in der Hauptstadt. Ein Event, auf das sich Mia monatelang gefreut hatte, nur um dann feststellen zu müssen, dass just an diesem Tag die Reise ins, ach-so-prüde-Bayernland stattfand. Eine trotzige, kleine Träne rann über Mias Wange und versiegte in der Prinzessinnen-Rüschen-Albtraum-Decke. Sie ballte die Hände zu Fäusten und versuchte, die Gedanken an ihre Clique zu verdrängen. Sie wollte nicht daran erinnert werden, wie sie alle in diesem Moment laut grölend zu den Bässen der Musikgruppe tanzten. Die einzige Musik, die derweilen an ihre Ohren drang, war das Geknarze der alten Balken, das monotone Pochen kleiner Regentropfen, die ans Fenster klopften und ein leises Scheppern im Dachkasten, wenn sich der Wind darunter verirrte. Verbissen versuchte sie einzuschlafen, um damit die trüben Gedanken aus ihrem Geist zu vertreiben. Doch nach einigen verzweifelten Versuchen ins Traumland hinüberzugleiten, gab sie es auf. Es war einfach zu leise. Kein Fahrzeuglärm, kein Hupen, kein Gegröle, nicht einmal das leiseste Geräusch von menschlichem Leben. Mia empfand die von ihren Eltern ach so gepriesene Kleinstadtruhe als puren Hohn, wenn nicht sogar als Belästigung. Mittlerweile völlig entnervt, angelte sie sich den I-Pod aus der Tasche, stopfte sich die Kopfhörer in die Ohren und drehte auf bis zum Anschlag. Einigermaßen besänftigt ließ sie sich von »Unheilig« in andere Sphären geleiten.

     
    »Mia, aufstehen!« Ein nachhaltiges Pochen an ihrer Zimmertür ließ Mia aus dem Schlaf hochfahren und im gleichen Moment hätte sie sich am liebsten wieder rücklings aufs Bett fallen lassen. Im Stillen schickte sie Stoßgebete, zu wem auch immer, und wünschte sich sofort und auf der Stelle von Blindheit geschlagen zu werden.

    Im hellen Morgenlicht, das bereits durch die großen Fenster strahlte, verwandelte sich das Albtraumzimmer zu einem wahren Horrorschocker, dem auch die abgehärtetsten Gemüter nicht standgehalten hätten. Gestern Abend hatte sie scheinbar das ganze Ausmaß dieses Desasters nicht erfassen können. Als sie jetzt jedoch auf die seidigen, rosafarbigen Vorhänge, den rosa-hellblauen Teppichboden und die Elfenbilder an den Wänden starrte, überkam sie ein ausgewachsener Würgereiz. Ihr Magen zog sich zu einem harten Klumpen zusammen und beförderte scharfe Säure in ihren Mund. Mia überkam eine nie dagewesene Wut. Wie konnten ihre Eltern auch nur annähernd der Meinung sein, dass ihr dieser Einrichtungsstil zusagen würde?

    In Berlin dominierten die Farben Schwarz und Weiß ihr Zimmer und die Wände brauchten den Vergleich mit einer Litfaßsäule nicht zu scheuen. Sie strotzten vor aufgeklebten Eintrittskarten und Postern verschiedener Punkfestivals.

     
    Mia kniff ihre Augen zusammen und ballte ihre Hände so fest zu Fäusten, dass die Nägel sichelförmige Abdrücke in den Innenflächen hinterließen. Wenn ihre Eltern wirklich der Annahme waren, sie könnten nicht nur ihr Umfeld, sondern gleich ihren gesamten Charakter verändern, so hatten sie sich gehörig getäuscht.

    Wutentbrannt sprang sie vom Bett und begann in dem schwarzen, zerschlissenen Rucksack zu wühlen, den sie gestern achtlos auf den Gruselschocker-Boden geworfen hatte.

    Mit einer kleinen, eckigen Verpackung in der Hand stürzte sie ins angrenzende Badezimmer. Aus Rücksicht auf die biedere Kleinstadt und die ländliche Gegend hatten ihre Eltern Mia bereits vor Wochen das Versprechen abgenommen, die blaue Farbe ihrer Haare nicht noch einmal aufzufrischen. Und Mia hatte, um des lieben Friedens willen, eingewilligt. Inzwischen erinnerte tatsächlich nichts mehr an das frühere Pfauenblau. In sanften, blonden Wellen fiel ihr das Haar über die Schultern und rahmte ihr schmales Gesicht. In einem Anflug von purem Jähzorn riss Mia die Packung auf, überflog den Beipackzettel und kippte sich schließlich ungeduldig die darin befindliche Essenz über die langen Locken.

    Ihr werdet schon noch sehen, was ihr davon habt. Ich
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