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Seelen

Titel: Seelen
Autoren: Stephenie Meyer
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diese hier, eine schweigende Gedankensprache, die uns alle zu einem großen Bewusstsein vereinte. Eine notwendige Vereinfachung, wenn man für immer in der feuchten schwarzen Erde verwurzelt war.
    Ich konnte diese Spezies in meiner neuen menschlichen Sprache beschreiben. Wir lebten auf dem Grund des großen Meeres, das die gesamte Oberfläche unserer Welt bedeckte - einer Welt, die auch einen Namen hatte, aber den hatte ich ebenfalls vergessen. Wir hatten alle hundert Arme und auf jedem Arm tausend Augen, so dass uns durch unsere verknüpften Gedanken nichts in der unendlichen Weite des Ozeans entging. Geräusche waren nicht nötig, deshalb gab es auch keine Möglichkeit, sie zu hören. Wir schmeckten das Wasser und zusammen mit unserer Sehfähigkeit erfuhren wir so alles, was wir wissen mussten. Wir schmeckten das Licht der Sonnen, die hoch über dem Wasser standen, und verwandelten ihren Geschmack in die Nahrung, die wir benötigten.
    Ich konnte uns beschreiben, aber ich konnte uns nicht benennen. Ich seufzte über das verlorene Wissen und kehrte dann zu meinen Gedanken über das Gehörte zurück.
    Seelen sagten grundsätzlich immer die Wahrheit. Die Sucher erfüllten natürlich die Anforderungen ihrer Berufung, aber Seelen untereinander legten es nie darauf an, sich zu belügen. Mit der Gedankensprache meiner letzten Spezies war es erst recht unmöglich gewesen zu lügen, selbst wenn wir es gewollt hätten. Allerdings erzählten wir uns Geschichten, um die Langeweile unseres verankerten Daseins zu bekämpfen. Das Geschichtenerzählen war die Begabung, die am höchsten angesehen war, da sie allen zugutekam.
    Manchmal vermischten sich die Tatsachen so gründlich mit dem Erdachten, dass man nicht sicher sein konnte, was genau wahr war und was nicht, obwohl keine Lügen erzählt wurden.
    Wenn wir an den neuen Planeten dachten - die Erde, so trocken, so abwechslungsreich und bevölkert von derart gewalttätigen, zerstörerischen Bewohnern, dass wir sie uns kaum vorstellen konnten -, wurde unser Entsetzen manchmal von unserer Aufregung überdeckt. Schnell rankten sich Geschichten um das spannende neue Thema. Die Kriege - Kriege! Unsere Spezies war gezwungen zu kämpfen! - wurden erst genau beschrieben und später ausgeschmückt und in Geschichten verwandelt. Wenn die Erzählungen nicht mit den offiziellen Informationen, die ich ausfindig machte, übereinstimmten, glaubte ich natürlich den früheren Berichten.
    Aber es gab Gerüchte: von menschlichen Wirten, die so stark waren, dass die Seele gezwungen war, sie zu verlassen. Wirte, deren Geist nicht vollständig unterdrückt werden konnte. Seelen, die eher die Persönlichkeit des Körpers annahmen als umgekehrt. Geschichten. Wilde Gerüchte. Verrücktheiten.
    Aber etwas Ähnliches schien der Heiler dieser Sucherin zu unterstellen …
    Ich verwarf den Gedanken. Der wahrscheinlichste Grund für diese Unterstellung war die Abneigung, die die meisten von uns den Suchern entgegenbrachten. Wer entschied sich schon für ein Leben voller Kampf und Verfolgung? Wen reizte die Aufgabe, unwillige Wirte ausfindig zu machen und sie gefangen zu nehmen? Wer konnte es ertragen, sich mit der ausgeprägten Gewalttätigkeit dieses speziellen Wirts abzugeben, dieser feindseligen Menschen, die so leichtfertig, so gedankenlos töteten? Hier auf diesem Planeten waren die Sucher praktisch zu einer Art … Miliz geworden - mein Gehirn versorgte mich mit dem Begriff für den ungewohnten Gedanken. Die meisten von uns glaubten, dass nur die Seelen, die am wenigsten zivilisiert waren, am wenigsten entwickelt, die Niederen unter uns, den Weg eines Suchers einschlugen.
    Allerdings hatten die Sucher auf der Erde neues Ansehen gewonnen. Noch nie zuvor war eine Besetzung so aus dem Ruder gelaufen, noch nie zuvor hatte sie sich zu so einer erbitterten und blutigen Schlacht entwickelt und noch nie zuvor waren so viele Seelen ums Leben gekommen. Die Sucher bildeten einen mächtigen Schild und die Seelen dieser Welt hatten dreifach Grund, ihnen dankbar zu sein: für die Sicherheit, die sie erkämpft hatten; für das Risiko, endgültig zu sterben, das sie freiwillig jeden Tag von Neuem eingingen; und für die ausgewachsenen Wirtskörper, die sie immer noch beschafften.
    Jetzt, wo die Gefahr fast gebannt war, schien die Dankbarkeit jedoch nachzulassen. Und das war zumindest für diese Sucherin hier unangenehm.
    Es war nicht schwierig, sich vorzustellen, was sie mich fragen würde. Auch wenn der Heiler
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