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Seelen

Titel: Seelen
Autoren: Stephenie Meyer
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Ärger mischte, und etwas Warmes berührte meine Haut, bedeckte meine Hand.
    »Natürlich nicht, Wanderer«, sagte der Mann besänftigend. »Vor manchen Dingen schrecken sogar Sucher zurück.«
    Die Sucherin keuchte erneut. Schnaubte, korrigierte mein Verstand.
    »Und warum funktioniert dieses Gehirn dann nicht richtig?«
    Eine Pause entstand.
    »Die Scans waren perfekt«, sagte die Sucherin. Ihre Worte waren nicht besänftigend, sondern sie verteidigte sich. Wollte sie mit mir streiten? »Der Körper war vollkommen geheilt.«
    »Von einem Selbstmordversuch, der beinahe erfolgreich verlaufen wäre.« Mein Tonfall war spitz, immer noch ärgerlich. Ich war nicht an Ärger gewöhnt. Es war schwer, ihn zu unterdrücken.
    »Es war alles vollkommen in Ordnung …«
    Der Heiler unterbrach sie. »Was fehlt denn?«, fragte er. »Zur Sprache haben Sie ja offensichtlich Zugang.«
    »Erinnerung. Ich habe versucht zu finden, was die Sucherin wollte.«
    Obwohl kein Geräusch zu hören war, veränderte sich etwas. Die Atmosphäre, die sich durch meine Anschuldigung aufgeladen hatte, entspannte sich. Ich fragte mich, woher ich das wusste. Ich hatte das eigenartige Gefühl, als ob ich irgendwie mehr wahrnahm, als meine fünf Sinne mir übermittelten - es fühlte sich fast so an, als wäre dort noch ein Sinn, ganz am Rand, der nicht richtig genutzt wurde. Intuition? Das war fast das richtige Wort.
    Als ob irgendein Wesen mehr als fünf Sinne benötigte.
    Die Sucherin räusperte sich, aber es war der Heiler, der antwortete.
    »Ah«, sagte er. »Machen Sie sich keine Gedanken wegen partieller Gedächtnis … Schwierigkeiten. Das war, nun ja, nicht gerade zu erwarten , aber es ist auch kein Wunder, wenn man bedenkt …«
    »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    »Dieser Wirt war Mitglied der menschlichen Widerstandsbewegung.« Die Stimme der Sucherin hatte jetzt einen aufgeregten Unterton. »Die Menschen, die vor der Implantation von uns wissen, sind schwieriger zu unterwerfen. Dieser hier widersetzt sich noch.«
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, während sie auf eine Antwort von mir warteten.
    Widersetzte sich? Der Wirt blockierte den Zugang? Die Heftigkeit des Ärgers, der in mir aufwallte, überraschte mich von Neuem.
    »Bin ich richtig verbunden?«, erkundigte ich mich mit gepresster Stimme.
    »Ja«, sagte der Heiler. »Alle achthundertsiebenundzwanzig Verbindungspunkte sind fest in der optimalen Position verankert.«
    Dieses Gehirn nutzte mehr meiner Verbindungsstränge als irgendein Wirt vorher und ließ nur hunderteinundachtzig Fortsätze frei. Vielleicht waren die zahlreichen Verknüpfungen der Grund für diese lebhaften Emotionen.
    Ich beschloss, die Augen zu öffnen. Ich hatte das Bedürfnis, die Beteuerungen des Heilers zu überprüfen und sicherzustellen, dass der Rest von mir funktionierte.
    Licht. Hell, schmerzhaft. Ich schloss die Augen wieder. Das letzte Licht, das ich gesehen hatte, war durch hundert Faden Ozean gefiltert gewesen. Aber diese Augen waren schon größerer Helligkeit ausgesetzt gewesen und kamen damit zurecht. Ich öffnete sie weniger weit und schirmte den Spalt mit meinen Wimpern ab.
    »Soll ich das Licht runterdimmen?«
    »Nein, Heiler. Meine Augen werden sich daran gewöhnen.«
    »Sehr gut«, sagte er und ich realisierte, dass sich sein Lob auf meinen selbstverständlichen Gebrauch des Pronomens meine bezog.
    Beide warteten schweigend, während sich meine Augen langsam ganz öffneten.
    Mein Gehirn erkannte die Umgebung als ein gewöhnliches Zimmer in einer Heileinrichtung. Ein Krankenhaus. Die Platten der Deckenverkleidung waren weiß mit dunkleren Sprenkeln. Die Lampen waren rechteckig und genauso groß wie die Platten, die sie in regelmäßigen Abständen ersetzten. Die Wände waren hellgrün - eine beruhigende Farbe, aber gleichzeitig auch die Farbe von Krankheit. Eine schlechte Wahl, meiner schnell gebildeten Meinung nach.
    Die Personen, die mich ansahen, waren interessanter als das Zimmer. Das Wort Arzt erklang in meinem Gehirn, sobald mein Blick auf den Heiler fiel. Er trug weite, blaugrüne Kleidung, die seine Arme frei ließ. OP-Kleidung. Er hatte Haare im Gesicht - von einer seltsamen Farbe, die meine Erinnerung Rot nannte.
    Rot! Seit drei Welten hatte ich weder diese Farbe noch eine ihrer Verwandten gesehen. Sogar dieses goldene Rotblond erfüllte mich mit Nostalgie.
    Sein Gesicht sah für mich so aus wie das aller Menschen, aber das Wissen in meiner Erinnerung verwandte das Wort
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