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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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selbst einer guten Zigarre dann und wann nicht abgeneigt, aber auf die Idee, sie auf Lunge zu rauchen, war er noch nie gekommen. Immerhin war seine Vermutung Marx’ Zigarettenkonsum betreffend korrekt gewesen.
    »Also, das ist mir jetzt natürlich schrecklich peinlich. Aber Sie hätten doch wirklich mal …«
    »Trösten Sie sich, Herr Kluftinger. Sie sind nicht der Einzige, der mich am Telefon mit ›Herr‹ anspricht. Ich hab irgendwann einfach aufgehört, die Leute zu verbessern. Ist doch eigentlich eh wurscht.«
    »Na ja, wenn Sie’s so sehen. Aber die Stimme … und Ihr Name.«
    »Ja, ich weiß. Aber wenn Sie Friedrun heißen würden, dann würden Sie sich auch einen Spitznamen zulegen.«
    Kluftinger entspannte sich etwas. Friedel Marx schien seine Verwechslung gelassen zu nehmen. »Vornamen kann man sich eben nicht aussuchen, was?«, sagte er und lächelte.
    »Stimmt. Haben Sie ähnliche Erblasten zu tragen?«
    »Kann man so sagen.« Er dachte kurz nach, ob er ihr seine Vornamen verraten sollte. Eigentlich ging er damit relativ diskret um und seine Kollegen in Kempten wussten auch, dass er keinen besonderen Wert darauf legte, damit gerufen zu werden. Er entschied sich dennoch dafür. Vielleicht würde dieses vertrauliche Detail seinen Ausrutscher wieder wettmachen.
    »Wenn ich mich also noch einmal vorstellen darf, mein Name ist …«
    »Würd’s euch was ausmachen, euer Schwätzchen woanders zu halten?« Willi Renn unterbrach sie in seiner gewohnt rüden Art. Er war jetzt wieder ganz in seinem Element; ein großer Teil seiner Abteilung war angerückt und Renn dirigierte sie wie ein Kapellmeister.
    »Natürlich nicht«, sagte Kluftinger und zog seine Kollegin zur Seite. Die peinliche Begrüßung hatte ihn aus dem Konzept gebracht, doch nun war er wieder ganz bei der Sache.
    Auch Frau Marx wurde nun wieder sachlich. »Sieht nach einem ganz schönen Blutbad aus«, sagte sie und saugte an ihrem Zigarillo.
    »Ja, gell, das hab ich auch erst gedacht. Aber der Willi behauptet steif und fest, das sei gar kein Blut.«
    »Behauptet nicht, weiß!«, schrie Renn zu ihnen herüber.
    »Herrgottzack, der hört auch alles«, flüsterte Kluftinger.
    »Würden Sie mich jetzt bitte mal informieren?«, fragte Friedel Marx ungeduldig.
    »Natürlich, entschuldigen Sie.«
    Kluftinger erzählte ihr von dem Mann in der vermeintlichen Blutlache, von dem geheimnisvollen Zeichen und seiner Überraschung, als er merkte, dass die »Leiche« noch am Leben war. Seine Kollegin hörte ihm aufmerksam zu, sah ihn aber nicht an, sondern schaute den Kollegen der Spurensicherung dabei zu, wie sie in dem zerwühlten Schnee nach Hinweisen suchten.
    »Taucheranzug, sagen Sie?«, fragte sie schließlich.
    »Ja, er hatte einen Taucheranzug an. Allerdings waren weder Flaschen noch eine Taucherbrille zu finden.«
    Sie blies den Rauch in die kalte Winterluft, sah ihm versonnen nach und sagte dann: »Hm. Komisch. Tauchen ist hier seit vielen Jahren strengstens verboten. Es gibt auch häufig Kontrollen.«
    »Ach …«
    »Ja. Zu viele Unfälle. Ist wohl ziemlich gefährlich hier. Ich kenn mich damit nicht so aus. Hat scheinbar was mit der Zusammensetzung des Wassers zu tun. Vielleicht sollten wir da ansetzen.«
    Kluftinger sah sie entgeistert an. Das war natürlich sein Fall, das war ihr doch hoffentlich klar. Und wenn hier jemand sagen würde, wo was anzusetzen war, war er das und sonst niemand. Als er gerade Atem holte, um ihr genau das mitzuteilen, drehte sie sich um und stapfte zu ihrem Auto. Als sie es erreicht hatte, wandte sie sich zum Kommissar und rief: »Wo bleiben Sie denn, Kollege? Hier können Sie nichts mehr tun. Wir sollten mit der Arbeit beginnen. Und Ihnen wird sicher auch kalt sein. Steht Ihnen übrigens nicht schlecht, der Pelz, Kollegin.«
    Dann stimmte sie ein so heiseres Gelächter an, dass es Kluftinger eiskalt den Rücken hinunterlief.
    Auf der Fahrt in das Füssener Büro ließ sich Kluftinger die seltsamen Ereignisse des heutigen Tages noch einmal durch den Kopf gehen. Alles hatte sich heute als anders erwiesen, als es zunächst den Anschein gehabt hatte: Die Freundin seines Sohnes war keine Micky, sondern eine Yumiko, sein Füssener Kollege war eine Kollegin, das Blut war gar keins und die Leiche nicht tot.
    Als sie die Tür zu Marx’ Büro aufschlossen, brummte ihm ob so vieler unerwarteter Wendungen der Kopf. Immerhin: Das Büro von Friedel Marx präsentierte sich ihm genau so, wie er es sich vorgestellt hatte. Der
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