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Second Face

Second Face

Titel: Second Face
Autoren: Carolin Philipps
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ausgetrickst. Und sie ist auf ihn hereingefallen! Wie dumm kann man nur sein!
    Jetzt können sie nur noch darauf hoffen, dass irgendwann auch die größte Sensation vergessen und durch eine andere ersetzt wird. Irgendwann werden Annes Nacktfotos Schnee von gestern sein. Irgendwann.
    Und doch wird die Angst bleiben, dass irgendwer sie irgendwann wieder ausgraben wird, denn sie schwirren ja für immer weiter durchs grenzenlose virtuelle Netz.
    Tom ist Tarao. Mit ihm hat sie händchenhaltend am Strand gesessen, ihn hat sie geküsst und virtuell ist sie sogar mit ihm verheiratet. Marie wird übel.
    Und die ganze Zeit war es Tom, der Tarao geführt hat, Tom, dem sie alle ihre Geheimnisse anvertraut hat. Tom, der als Einziger von Lirim wusste.
    Jetzt versteht sie auch, warum er auf einmal so aussah wie Lirim. Natürlich! Er kennt Lirim, er muss ihn kennen. Lirim ist auf die gleiche Schule gegangen, er hat im letzten Jahr Abitur gemacht. Also war er nur ein Schuljahr über Tom, der in diesem Jahr fertig wird. Darum konnte er auch seinen Tarao so verändern, dass er am Ende wie eine virtuelle Ausgabe von Lirim aussah.
    Marie schüttelt sich.
    Und dann hat sie plötzlich eine Idee.
    Anne ist im Stall bei den Pferden. Sie hat schon ungeduldig auf Marie gewartet. Vor lauter Langeweile hat sie angefangen den Stall auszumisten. »Wo warst du denn bloß?«
    Sven, der Reitknecht, freut sich auch, als er Marie sieht. »Gut, dass du kommst! Mit geht so langsam die Arbeit für deine Schwester aus.«
    Marie nimmt Anne die Forke aus der Hand und zieht sie ins Haus. Unterwegs erzählt sie ihr von Tom und Tarao. Von den Fotos auf dem Laptop.
    »Und jetzt?«
    Marie schaltet ihren Laptop ein. Dann loggt sie sich bei Second Life ein, und während sich die virtuelle Welt aufbaut, erklärt sie Anne ihren Plan.
    Sie wird als Arabella Kontakt zu allen Avataren aufnehmen, die mit Tarao befreundet sind. Denen wird sie ihre Geschichte erzählen. Was Tarao gemacht hat. Und sie wird ihnen seine echte E-Mail-Adresse verraten.
    Anne ist zunächst skeptisch. »Du meinst, das funktioniert?«
    Marie ist ganz sicher.
    Sie teleportiert sich zuerst zu der Bar, in der sie getanzt hat. Von allen Seiten wird sie freudig begrüßt. »Tanz für uns, Arabella!«
    Arabella steigt auf einen Tisch. Es wird still. »Heute werde ich nicht tanzen, ich werde nie wieder hier tanzen, denn ich darf hier eigentlich gar nicht sein. Ich bin erst fünfzehn.«
    Ein Raunen geht durch die Avatare. Der Barbesitzer kommt angelaufen: »Verschwinde hier. Oder willst du, dass ich meine Lizenz verliere!«
    »Ich gehe, sobald ich euch gesagt habe, wer Schuld daran hat.« Und dann erzählt sie von Taraos Betrug, dass er mit ihr Sex haben wollte, indem er sie zur Heirat überredet hat.
    Die Reaktion der anderen Avatare ist überwältigend. Alle sind entsetzt über Tarao, äußern ihren Abscheu. Der Barbesitzer macht eine Meldung bei der Zentrale.
    Arabella verabschiedet sich von ihnen. »Vielleicht komme ich wieder, wenn ich achtzehn bin!«, schreibt sie.
    »Untersteh dich!« Anne pufft die Schwester in die Rippen. »Das war hoffentlich das letzte Mal. Wir sollten Arabella feierlich beerdigen.«
    Aber das will Marie noch nicht. Man kann nicht wissen, ob sie nicht noch einmal ins SL muss.
    Zwei Stunden später steht ein wütender Tom vor der Tür.
    »Ich bring dich um, du kleine Schlampe. Was hast du gemacht?«
    Marie lacht ihm frech ins Gesicht. »Nur die Wahrheit habe ich erzählt.«
    »Mein Account ist gesperrt … Tarao ist für immer tot.«
    »Mein Beileid!« Auch Marie kann ironisch sein. »Und selbst wenn du hineinkämst … glaub mir, keiner der Avatare will etwas mit dir zu tun haben. Aber du kannst doch jederzeitunter neuem Namen einen neuen Avatar kreieren, einen, der sich an die Regeln hält …«
    »Tarao war einmalig. Es geht nicht um neue Namen. Tarao ist tot!«
    »Und wenn du noch einmal solche Fotos ins Netz stellst, dann bist du auch im wirklichen Leben erledigt. Dann bekommst du eine Anzeige.« Anne erscheint hinter der Schwester in der Tür. »Verpiss dich ganz schnell! Sonst weiß morgen die ganze Schule, was du für ein Arsch bist!«
    »Das weiß sie jetzt schon!«, sagt Marie. »Edith hat die ganze Geschichte längst bei Facebook gepostet. Tja, das ist das Ende vom großen Tom. Er hat die kleine Maus unterschätzt!«
    Tom platzt fast vor Wut, als er endlich abzieht.
    »Ob der noch mal wiederkommt?« Ein wenig besorgt sieht Marie ihm nach.
    »Egal!«, sagt Anne. »Erst
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