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SECHS

SECHS

Titel: SECHS
Autoren: Niels Gerhardt
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gelaufen.“
    Kurzes Schweigen.
    „Sind Sie sicher, dass es vorbei ist?“, fragte der Mitarbeiter der Senatskanzlei.
    „Ja!“
    „Wie sicher?“
    „Er ist mit voller Wucht erwischt worden, flog im hohen Bogen. Besser hätte es gar nicht laufen können.“
    Wieder Schweigen. Der Kanzleibedienstete überlegte.
    „War da ein Krankenwagen oder ein Notarzt?“, kam es gereizt.
    „Klar ...“
    „Und? Haben Sie gesehen, wie er abtransportiert wurde?“
    „Warum?“ Sirkowskys anfängliche Sicherheit zerbröckelte hörbar.
    „Schalten Sie Ihr Hirn ein, Mann!“, blaffte Rentsch.
    „Wäre er tot, wäre wohl kaum der Krankenwagen aufgetaucht, sondern der Leichenwagen.“
    „Ich überprüfe das“, sagte Sirkowsky.
    „Herr im Himmel! Natürlich tun Sie das! Finden Sie heraus, wo er ist und ob er noch lebt. Und wenn, dann beenden Sie es und dieses Mal verschaffen Sie mir gefälligst Gewissheit.“
    „Ich melde mich.“
    Sirkowsky legte auf.
    Nichts weiter als ein riesen Haufen Scheiße, dachte Rentsch. Er bereute jeden Tag zutiefst, sich auf ihn eingelassen zu haben. Aber die Sache war nun mal angelaufen und nun galt es sie sauber abzuschließen. Es stand zu viel auf dem Spiel.

-11-
     
    Den ganzen Weg nach Hause beschäftigten Melanie die fünf Anrufe. Frank konnte es nicht gewesen sein. Er unterdrückte seine Rufnummer nie. Aber vielleicht hatte er von einem anderen Handy angerufen? Nein! Seines hatte er gestern Abend aufgeladen. Da war sie sich sicher.
    Aber was, wenn es kaputt gegangen ist? Heruntergefallen? Oder hat er es vielleicht zu Hause vergessen?
    Wenn es sich zu Hause nicht fände, würde sie ihm eine SMS schreiben. Anrufen wollte sie ihn nicht, denn sie fürchtete, ihn im Kurs zu stören.
    Die Kinder stritten sich auf der Rückbank. Claire stellte klar, dass es völliger Quatsch sei, dass Eisbären deshalb ein weißes Fell besäßen, damit ihnen die Sonne nicht zu heiß auf den Pelz brannte.
    „Du Dumme. Das ist Tarnung, damit sie nicht gesehen werden.“
    „Von wem denn? Die werden ja schließlich nicht gefressen“, stellte Sofie fest.
    „Oh Mann, du bist so ...“, stöhnte Claire, „... aber sie jagen und fressen!“
    Melanie wurde von dem eskalierenden Streit aus ihren Gedanken gerissen. Sie setzte schon an einzuschreiten, als ihr Handy klingelte.
    Frank!
    Hastig fummelte sie das Telefon aus der Manteltasche, nahm den Anruf an, ohne auf das Display zu schauen.
    „Hallo? Frank?“
    „Frau Brenner?“
    Eine unbekannte männliche Stimme.
    „Ja? Mit wem spreche ich?“
    „Ich bin ... sind Sie im Auto unterwegs?“, sagte der Mann, ohne auf die Frage einzugehen.
    „Wir haben versucht, Sie zu erreichen. Wann sind Sie zu Hause?“
    „Wer ist WIR?“ Melanie wurde unruhig. Wer war der Kerl?
    „Mein Name ist Bent Jasper. Frau Brenner, ich bin Polizeibeamter.“
    „Was ... warum ...?“, stammelte sie.
    Die Kinder registrierten die aufkeimende Unruhe ihrer Mutter und verstummten.
    „Kommen Sie bitte erst einmal sicher nach Hause. Ich erwarte Sie.“ Sie spürte, dass der Mann sich bemühte, möglichst ruhig zu klingen. Aber das half nichts. Im Gegenteil. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht.
    „Was ist passiert? Ist eingebrochen worden?“ Sie stockte.
    Ein anderer schrecklicher Gedanke kam auf. Sofort setzte sie nach.
    „Ist etwas mit meinem Mann?“, schrie sie ins Telefon.
    „Ich erkläre Ihnen gleich alles. Wann sind Sie da?“
    Melanie konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Angst brandete hoch.
    „In ... ich weiß nicht ... fünf Minuten?“
    „In Ordnung. Ich erwarte Sie", sagte Jasper und legte auf.
    Das Knacken hallte in ihrem Kopf nach, wie ein Metronom, das den Beginn von etwas Unheilvollem anzählt.
    „Mama?“, kam es vom Rücksitz, „was ist denn passiert?“, fragte Claire.
    „Ich ... bestimmt nichts Schlimmes", antwortete Melanie mehr zu sich selbst und völlig gegen ihr Gefühl.

-12-
     
    Melanie hatte den Polizeiwagen bereits aus weiter Entfernung entdeckt, genauso wie ihre Kinder. Er parkte direkt vor ihrem Haus. Sofie redete als Erste.
    „Mama, was macht denn die Polizei da?“
    Die haben vorhin angerufen, stimmt's?“, fragte Claire.
    Sie drehte sich zu den Kindern um, nickte und versuchte dabei einigermaßen gefasst zu wirken.
    „Wir sehen mal, was die wollen. Vielleicht ist bei uns eingebrochen worden. Ihr bleibt bitte im Wagen, okay?“
    Melanie sah die Angst in ihren Augen. Das Telefonat hatte nicht nur ihres, sondern auch das Kopfkino ihrer Töchter
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