Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
konnten – und die meisten davon waren tödlich für die Teblor. Doch seit die Gesichter im Fels erschienen waren, gab es bei den Stämmen keine Krankheiten mehr. Sicher, Wahnsinn plagte sie noch immer, doch das hatte nichts damit zu tun, was gegessen oder getrunken wurde. Manchmal, so hatten die Ältesten erklärt, erwies sich die Bürde, die einem Mann von den Sieben auferlegt wurde, eben als zu gewaltig. Der Verstand musste stark sein, und Stärke lag im Glauben. Für einen schwachen Mann, für einen Mann, der voller Zweifel war, konnten Regeln und Riten zu einem Käfig werden, und Gefangenschaft führte zu Wahnsinn.
    Sie saßen um die kleine Grube herum, die Delum für die Kaninchenknochen gegraben hatte, und sprachen kaum, während sie aßen. Über ihnen verlor der Himmel allmählich seine Farbe, und das Rad der Sterne begann seine Wanderung. In der hereinbrechenden Finsternis lauschte Karsa, wie Bairoth einen Kaninchenschädel aussaugte. Er wurde immer als Letzter fertig, denn er ließ nichts übrig und pflegte am nächsten Tag auch noch die dünne Fettschicht unter der Haut abzunagen. Schließlich warf Bairoth den leeren Schädel in die Grube und lehnte sich zurück, wobei er sich die Finger leckte.
    »Ich habe über die Reise nachgedacht, die vor uns liegt«, sagte Delum. »Durch die Lande der Rathyd und Sunyd. Wir sollten keine Pfade benutzen, auf denen wir uns gegen den Himmel oder auch nur vor dem nackten Fels abzeichnen. Deshalb sollten wir die tiefer liegenden Pfade nehmen. Doch das sind diejenigen, die uns am nächsten an die Lager heranbringen werden. Ich glaube, wir sollten in Zukunft nur noch nachts reisen.«
    »Das ist auch besser, um tollkühne Taten zu vollbringen«, sagte Bairoth nickend. »Um Herdsteine umzuwerfen und Federn zu stehlen. Vielleicht können uns ein paar einsame schlafende Krieger ihre Seelen geben.«
    Karsa ergriff das Wort. »Wenn wir uns bei Tag verstecken, sehen wir wenig Rauch, der uns verraten würde, wo die Lager sind. Bei Nacht weht der Wind in Wirbeln, so dass er uns nicht helfen wird, die Feuerstellen zu finden. Die Rathyd und die Sunyd sind keine Narren. Sie werden keine Feuerstellen unter Überhängen oder vor Felswänden errichten – wir werden keine Lichtflecken auf Steinen sehen, die uns willkommen heißen. Außerdem sehen unsere Pferde tagsüber besser und sind trittsicherer. Wir werden am Tag reiten«, schloss er.
    Sowohl Bairoth als auch Delum schwiegen daraufhin ein paar Herzschläge lang.
    Dann räusperte sich Bairoth. »Wir werden uns inmitten eines Krieges wiederfinden, Karsa.«
    »Wir werden wie ein Pfeil der Lanyd in seinem Flug durch den Wald sein, der bei jedem Zweig, Ast oder Stamm die Richtung ändert. Wir werden in einem brausenden Sturm Seelen sammeln, Bairoth. Ein Krieg? Ja. Hast du Angst vor dem Krieg, Bairoth Gild?«
    »Wir sind zu dritt, Kriegsführer«, sagte Delum.
    »Stimmt, wir sind Karsa Orlong, Bairoth Gild und Delum Thord. Ich habe vierundzwanzig Kriegern gegenübergestanden und sie alle erschlagen. Ich tanze besser als alle anderen – wollt ihr das etwa leugnen? Selbst die Ältesten haben voller Ehrfurcht davon gesprochen. Und du, Delum, ich sehe achtzehn Zungen an dem Riemen um deine Hüfte. Du kannst die Spur eines Geists lesen und noch aus zwanzig Schritt Entfernung einen Kieselstein rollen hören. Und Bairoth – in den Tagen, in denen du nur Muskeln mit dir herumgetragen hast, hast du da nicht einem Buryd mit bloßen Händen das Rückgrat gebrochen? Hast du nicht ein Schlachtross niedergerungen? Diese Wildheit schlummert nur in dir, und unsere Reise wird sie von neuem zum Leben erwecken. Wenn wir drei andere wären, irgendwelche Krieger … ja, dann würden wir im Dunkeln die windigen Wege entlanghuschen und Herdsteine umwerfen und Federn stehlen und die Kehlen von ein paar schlafenden Feinden zerschmettern. Das wäre genug Ruhm für irgendwelche anderen Krieger. Aber für uns? Niemals. Euer Kriegsführer hat gesprochen.«
    Bairoth grinste Delum an. »Lass uns zum Himmel aufschauen und das Rad der Sterne betrachten, Delum Thord, denn dieser Anblick wird uns nicht mehr oft vergönnt sein.«
    Karsa stand langsam auf. »Du hast deinem Kriegsführer zu folgen, Bairoth Gild. Du hast ihn nicht in Frage zu stellen. Dein schwindender Mut droht uns alle zu vergiften. Glaube an den Sieg, Krieger, oder kehre auf der Stelle um.«
    Bairoth zuckte die Schultern, lehnte sich zurück und streckte die fellumwickelten Beine aus. »Du bist ein großer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher