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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers
Autoren: Steve Erikson
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wird auch keine Armee auftauchen und uns retten, wenn gerade das letzte Sandkörnchen durch das Stundenglas rinnt. Capustan war ganz auf sich allein gestellt.
    Und so soll es denn sein. Angst, Qual und Verzweiflung.
    Nachdem Destriant Karnadas gegangen war und die Boten hektisch hin und her zu schwirren begannen, hatte Itkovian von seiner Position auf dem höchsten Turm der Mauer hinter den Truppenunterkünften aus die erste gleichzeitige Bewegung feindlicher Truppen im Osten und Südosten und das rumpelnde Auftauchen von Belagerungsmaschinen beobachtet. Bekliten und die schwerer gerüsteten Betakliten stellten sich gegenüber dem Hafentor auf, hinter ihnen und zu ihren Seiten wimmelten Massen von Scalandi. Stoßtrupps aus Domänensern sammelten sich, hin und her huschende Desandi – Sappeure – brachten noch mehr Belagerungsmaschinen in Stellung. Und in riesigen, entlang des Flussufers und der Meeresküste weit auseinander gezogenen Lagern warteten die brodelnden Massen der Tenescowri.
    Er hatte den Angriff auf die vorgezogene Ostschanze der Gidrath beobachtet, die bereits isoliert und vollkommen von den Feinden eingeschlossen war; hatte zugesehen, wie die schmale Tür eingeschlagen worden war und die Bekliten sich in den Eingang gedrängt hatten, drei Schritte, zwei Schritte, einer – und dann Stillstand, und Augenblicke später ein Schritt zurück, dann noch einer. Leichen wurden beiseite gezogen. Immer mehr Leichen. Die Gidrath – die Elitetruppen des Maskenrats – hatten gezeigt, wie diszipliniert und entschlossen sie waren. Sie hatten die Eindringlinge hinausgedrängt und an Stelle der Tür eine neue Barrikade errichtet.
    Die Bekliten draußen waren einige Zeit unschlüssig gewesen, dann hatten sie es erneut versucht.
    Der Kampf ging den ganzen Nachmittag weiter, doch jedes Mal, wenn Itkovian seine Aufmerksamkeit von anderen Geschehnissen abwandte, sah er, dass die Gidrath die Schanze immer noch hielten. Und die Feinde dutzendweise töteten. Sie drehen den Stachel in der Flanke des Septarchen.
    Schließlich, als sich schon die Abenddämmerung herabsenkte, wurden Belagerungsmaschinen herangerollt. Große Felsbrocken wurden gegen die Mauern der kleinen Festung geschleudert. Das hämmernde Dröhnen dauerte auch dann noch an, als das letzte Tageslicht verblasste.
    Über dieses unbedeutende Drama hinaus hatte der Angriff auf die Stadtmauern an allen Seiten begonnen. Die Attacke im Norden erwies sich als Finte, schlecht ausgeführt und daher schnell als bedeutungslos erkannt. Boten berichteten dem Schild-Amboss, dass eine ähnlich halbherzige Attacke an der Westmauer stattfand.
    Die eigentlichen Angriffe galten der Süd- und der Ostmauer, konzentrierten sich dort auf die jeweiligen Tore. Itkovian, der sich genau zwischen diesen beiden Punkten befand, konnte die Verteidigungsmaßnahmen an beiden Stellen beobachten. Er war auch für die Feinde klar und deutlich zu erkennen, und mehr als ein Geschoss war in seine Richtung geschickt worden, doch nur die wenigsten waren ihm auch nur nahe gekommen. Heute war der erste Tag. In den kommenden Tagen würden die Feinde ihre Reichweite und ihre Zielgenauigkeit verbessern. In nicht allzu ferner Zukunft würde er seinen Aussichtspunkt vielleicht aufgeben müssen. Doch bis es so weit war, würde er durch seine Gegenwart die Angreifer verspotten.
    Als die Bekliten und Betakliten auf die Mauern zustürmten – und mit ihnen auch die mit Leitern bewaffneten Desandi – befahl Itkovian Abwehrfeuer von den Mauern und Tortürmen. Das nachfolgende Gemetzel war entsetzlich. Die Angreifer hatten sich nicht die Mühe gemacht, eine Schildkrötenformation einzunehmen oder sich andere Formen der Deckung zu überlegen, und daher starben sie in erschreckenden Scharen.
    Doch ihre Anzahl war so groß, dass sie die Tore trotzdem erreichten, Sturmböcke einsetzten und Breschen schlugen. Sobald die Pannionier sich allerdings durch den Torgang geschoben hatten, fanden sie sich auf freien Plätzen wieder, die zu Todesstreifen wurden, als die Bogenschützen der Grauen Schwerter und der Capanthall, die sich hinter Barrikaden an den Mündungen von Seitenstraßen und Gässchen verschanzt hatten, mit einem vernichtenden Kreuzfeuer begannen.
    Die Strategie der abgestuften Verteidigung, die der Schild-Amboss ersonnen hatte, erwies sich als mörderisch wirksam. Die nachfolgenden Gegenangriffe waren so erfolgreich gewesen, dass sie sogar Ausfälle aus den Toren gestattet hatten und eine wilde Verfolgung der
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