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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers
Autoren: Steve Erikson
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in seine Richtung.
    Die Maus schoss in die Küche und verschwand.
    Mit einem lauten Quietschen schwang die Tür der Schenke nach innen. Buke trat ein, wechselte einen Blick mit Grantl und ließ sich dann auf den Stuhl neben ihm sinken.
    »Bei dir weiß man wirklich immer, wo man dich finden kann«, murmelte der alte Mann und bedeutete dem Wirt hinter dem Tresen, noch zweimal das Gleiche zu bringen.
    »Stimmt«, erwiderte Grantl. »Ich bin ein Felsen.«
    »Ach, ein Felsen? Ich würde eher sagen, du bist ein fetter Leguan, der an einem Felsen klebt. Und wenn die große Welle kommt – «
    »Was auch immer. Du hast mich gefunden, Buke – also, was gibt’s?«
    »Ich wollte dir nur für all deine Hilfe danken, Grantl.«
    »Sollte das so etwas wie feinsinnige Ironie sein, alter Mann? Ein bisschen geschliffene – «
    »Eigentlich habe ich es beinahe ernst gemeint. Diese dreckige Brühe, die du mich hast trinken lassen – das Gebräu von Keruli –, die hat wahre Wunder gewirkt.« Auf Bukes schmalem Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab, das etwas Verschwörerisches hatte. »Wahre Wunder …«
    »Freut mich zu hören, dass es dir wieder besser geht. Und – gibt es noch mehr welterschütternde Neuigkeiten? Falls nicht …«
    Buke lehnte sich zurück, als der Wirt zwei Krüge vor ihnen auf den Tisch stellte, und wartete mit seiner Antwort, bis der Mann wieder davongeschlurft war. »Ich habe mich mit den Ältesten aus den Trutzen getroffen. Anfangs wollten sie schnurstracks zum Fürsten gehen – «
    »Aber dann sind sie wieder zur Vernunft gekommen.«
    »Mit einem kleinen Ansporn.«
    »Das heißt, du hast jetzt die Unterstützung, die du brauchst, um diesen verrückten Eunuchen davon abzuhalten, Pförtner am Tor des Vermummten zu spielen. Sehr schön. Ich mag es nicht, wenn Panik auf den Straßen herrscht – nicht, wenn gleichzeitig eine Viertelmillion Pannionier die Stadt belagern.«
    Buke starrte Grantl aus zusammengekniffenen Augen an. »Ich dachte, du würdest die Ruhe genießen.«
    »Ja, ist besser so.«
    »Ich brauche immer noch deine Hilfe.«
    »Ich wüsste nicht, wozu, Buke. Es sei denn, du willst, dass ich eine ganz bestimmte Tür eintrete und Korbal Broach den Kopf von den Schultern trenne. In diesem Fall müsstest du allerdings dafür sorgen, dass Bauchelain abgelenkt ist. Zünde ihn an oder so was Ähnliches. Ich brauche nur einen Augenblick. Natürlich ist der genaue Zeitpunkt sehr, sehr wichtig. Wenn die ersten Breschen in die Mauern geschlagen sind, sagen wir mal, und die Tenescowri durch die Straßen ziehen. Auf diese Weise können wir alle Hand in Hand zum Vermummten gehen und dabei ein fröhliches Liedchen trällern.«
    Buke lächelte hinter seinem Krug. »Ja, das würde gehen«, sagte er und trank einen Schluck.
    Grantl leerte seinen Krug und griff nach dem neuen. »Du weißt, wo du mich findest«, sagte er nach kurzem Zögern.
    »Bis die Welle kommt.«
    Die Katze machte einen Satz vom Querbalken herunter, sprang vorwärts und hatte eine Küchenschabe zwischen den Pfoten. Sie begann mit ihrer Beute zu spielen.
    »Na gut«, sagte der Karawanenführer nach einer kurzen Pause brummig. »Was willst du noch?«
    Buke zuckte kurz die Schultern. »Ich habe gehört, Stonny hat sich freiwillig gemeldet. Die neuesten Gerüchte besagen, dass die Pannionier endlich zum ersten Angriff bereit sind – praktisch jederzeit.«
    »Zum ersten Angriff? Sie brauchen höchstwahrscheinlich nur einen. Und von wegen bereit, Buke – die sind schon seit Tagen bereit. Wenn Stonny ihr Leben wegwerfen will, indem sie versucht, etwas zu verteidigen, was nicht zu verteidigen ist, dann ist das ihre Sache.«
    »Und wie sieht die Alternative aus? Die Pannionier werden keine Gefangenen machen, Grantl. Wir werden alle kämpfen müssen – früher oder später.«
    Das denkst du.
    »Es sei denn«, fuhr Buke einen Augenblick später fort und hob erneut seinen Krug, »du hast vor, die Seiten zu wechseln. Hältst Glauben plötzlich für etwas Zweckdienliches – «
    »Gibt es denn eine andere Möglichkeit?«
    Die Augen des alten Mannes musterten Grantl scharf. »Du würdest dir den Bauch wirklich mit Menschenfleisch voll schlagen, Grantl? Nur um zu überleben? Das würdest du tatsächlich tun?«
    »Fleisch ist Fleisch«, erwiderte Grantl, den Blick auf die Katze gerichtet. Ein leises Knirschen verkündete, dass sie genug gespielt hatte.
    »Nun«, sagte Buke und stand auf. »Ich hätte nicht gedacht, dass du mich noch schockieren könntest.
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