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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982
Autoren: H. J. Alpers
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unserer Zeit!- Ich weiß, daß dieser Satz, so wie er dasteht, eine Unmöglichkeit einschließt – für den sogenannten „gesunden Menschenverstand“; aber, lieber Leser, der „gesunde Menschenverstand“ ist doch ein sehr fragwürdiger Geselle bei dergleichen rätselhaften Erscheinungen!
    Dieser gesunde Menschenverstand hat vor kaum hundert Jahren „schwarz auf weiß“ bewiesen, daß es – beispielsweise – keine Meteorsteine geben könne – bis sie schließlich den betreffenden Herren Gelehrten von der Pariser Sorbonne beinahe auf die Köpfe fielen; derselbe gesunde Menschenverstand würde noch vor fünfzig Jahren das Telefon, die „wandernde Stimme“, – noch vor zehn Jahren die Durchleuchtung eines lebendigen Menschen mit Röntgenstrahlen oder die Telegraphie ohne Draht nach Hertz und Marconi für unmöglich erklärt haben – vielleicht für ebenso unmöglich, wie das Phänomen, das uns hier beschäftigen wird!
    Trotzdem verlange ich von meinen Lesern keine Captatio mentalis, auch keinen Salto mortale in das Gebiet des Spiritismus und anderer -ismen; ich bin zufrieden, wenn wir uns auf dem freien Boden des wissenschaftlichen Problems, der Hypothese zusammenfinden.
    Lieber Leser, du kennst aus deiner Schulzeit das Kapitel von den logischen Schlüssen, z. B. 1. alle Menschen sind sterblich; 2. Cajus ist ein Mensch: 3. folglich ist Cajus sterblich. Logisch gewiß unanfechtbar! Aber kann dir jemand faktisch beweisen, daß auch du sterben wirst? Haben wir nicht auch den tröstenden Satz: nulla regula sine exceptione – Keine Regel ohne Ausnahme? Und stehen solche Ausnahmen nicht auch wissenschaftlich fest? Nur wenige Beispiele: Alle Trabanten der Planeten sind einmal durch Abschleuderung von Ringen in der Äquatorzone ihrer Hauptkörper entstanden; folglich liegen ihre Bahnen ziemlich genau in der Ebene des Äquators und sie drehen sich, wie die Planeten, von West nach Ost. Der Satz ist eine oder die Hauptstütze des Kant-Laplaceschen Weltsystems. Aber die Monde des Uranus, deren Bahnen um mehr als einen rechten Winkel gegen die sämtlicher Planeten und Nebenplaneten „gekippt“ sind, und von denen zwei sogar völlig verkehrt, von Ost nach West, herumlaufen? –
    Energie kann nicht neu erzeugt werden; sie läßt sich nur verwandeln: mechanische Kraft in Wärme, Wärme in Licht, Licht in chemische Spannkraft, chemische Spannkraft in Elektrizität (Gesetz von der Erhaltung der Energie). Kein Stoff kann neu erzeugt werden (Gesetz von der Erhaltung der Materie). Ich kann wohl annehmen, daß dies einem jeden wohl bekannt ist.
    Und das Radium? Das Radium, das unaufhörlich Wärme, Licht und Elektrizität aus sich heraus produziert? Das Radium, das unausgesetzt ein Gas entwickelt, das sich schließlich als Helium offenbart? – Zugegeben also: Ausnahmen sind möglich von jedem Gesetz. Und ich will in dieser Erzählung ja nicht feststellen, daß irgendein Mensch unsterblich sei! Das allein soll der Leser mir zugestehen, daß der normale menschliche Lebenslauf, der hier auf Erden in 70-80 Jahren seinen Kreis beschreibt, doch einmal durch eine Ausnahme von der Regel so abweichen könne, daß der Ablauf der Lebensmaschinerie langsamer erfolgt. Anläufe zu dieser Ausnähme sind ja alle die „Hundertjährigen“, von denen unsere Tageszeitungen beinahe in jeder Woche einen Fall verzeichnen.
    Schon im kleinen Kreise unserer Bekannten finden wir große Verschiedenheit im Älterwerden. Wie ungleich ticken die Lebensuhren! Mancher „wird gar nicht älter!“. Sein Lebensrad rollt nicht weiter, sondern dreht sich scheinbar Jahre, Jahrzehnte hindurch auf derselben Stelle um sich selbst! Mit siebzig Jahren sieht er aus wie ein rüstiger Fünfziger, vielleicht noch jünger. Gehen wir von dieser Tatsache aus noch einen Schritt weiter! Ist es nicht denkbar, daß die launische Natur nun einmal eine noch größere Ausnahme macht? Daß sie – unter besonderen Verhältnissen – einmal das Altern eines Menschen auf Jahrhunderte verteilt? – Die medizinische Wissenschaft berichtet z. B. von einem Apotheker, der im mittleren Lebensalter statt der gewöhnlichen Zahl der Pulsschläge (70-80) nur ca. 28 gehabt, dessen Lebensfunktionen alle sehr langsam vonstatten gegangen, und der – sehr alt geworden sei. Aber vielleicht sind so auffällige Abweichungen im Körperbau gar nicht einmal nötig. Vielleicht wirken dabei psychologische Momente viel mehr! Es ist denkbar, daß die betreffende Person mit ihren Zeit- und Altersgenossen
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