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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin
Autoren: D Zinßmeister
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Schlafstube!« , antwortete sie und zog das dünne Betttuch, das sie sich um die Schultern gelegt hatte, fester um sich. Schritt für Schritt pirschten beide zur Treppe und verharrten vor der obersten Stufe. Alles im Haus schien ruhig zu sein. Achselzuckend wollte Jakob zurückgehen, als Topfklappern aus der Küche drang.
    »Jetzt reicht es! Dem Knecht werde ich die Ohren langziehen. Sich nachts in die Küche zu schleichen und die Vorräte zu essen. Wo gibt es denn so was?«, brummte Sarah und wollte an Jakob vorbeistürmen, doch er hielt sie am Arm fest.
    »Ich glaube nicht, dass es Mathis ist. Lass uns vorsichtig an der Türe lauschen, um sicherzugehen«, hielt Jakob seine Frau zurück und stieg die Treppe nach unten.
    Vor der Küchentür ließ Jakob den Knüppel entkräftet zu Boden sinken. Sein kranker Arm schmerzte. Er rieb sich den Unterarm und gab Sarah ein Zeichen, ihr Ohr gegen die Tür zu pressen. Mit angehaltenem Atem lauschte seine Frau und wich dann erschrocken zurück. Verängstigt flüsterte sie: »Du hast
Recht, Jakob! Es sind tatsächlich Einbrecher in der Küche! Lass uns die Knechte wecken.«
    Jakob stimmte nickend zu und wies sie mit einer Kopfbewegung an, sich leise davonzuschleichen, als die Tür geöffnet wurde. Erschrocken hob Jakob den Knüppel in die Höhe. Im Lichtschein, der aus der Küche auf den dunklen Gang fiel, erkannte Jakob, wer vor ihm stand. »Jesus und Maria!«, rief er und ließ den Prügel fallen, sodass der hart auf den Boden aufschlug. Sarah hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien.
    »Jesus und Maria!«, flüsterte Jakob erneut und umarmte seinen Bruder Peter. Zaghaft lächelnd musterte er ihn. »Gott sei gedankt. Ihr seid wohlbehalten zurückgekommen.«
    »Du wolltest uns wohl mit einer Tracht Prügel willkommen heißen?«, lachte Peter und zeigte auf den Schlagstock.
    »Unfug! Wir dachten, dass Einbrecher im Haus wären«, erklärte Jakob verlegen und zog glücklich den Bruder erneut an sich. Über Peters Schulter hinweg blickte Jakob in die Küche und erkannte seine Schwester sowie zwei fremde Männer, die abseits standen. Jakob löste sich von seinem Bruder und ging auf Anna Maria zu, um sie voller Freude an sich zu ziehen. »Gott hat dich zu ihnen geleitet, sodass du sie nach Hause bringen konntest.«
    Anna Maria konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten. Fest presste sie ihr Gesicht gegen die Brust des ältesten Bruders, sodass der lachend rief: »Lass nach, Schwesterherz! Ich bekomme kaum noch Luft.« Jakob umfasste mit beiden Händen ihr Gesicht, und mit einem verräterischen Schimmer in den Augen flüsterte er: »Vater wäre stolz auf dich!«
    Anna Marias Stirn kräuselte sich. »Was heißt ›wäre‹? Ist Vater etwas zugestoßen?«, fragte sie bestürzt. Doch im gleichen Augenblick wurde ihr bewusst, dass es ihrem Vater gutgehen musste. Er hat sich nicht von mir im Traum verabschiedet, also lebt er , dachte sie.
    »Ich hoffe, dass Vater noch lebt, obwohl ich nichts von ihm
gehört habe, seit er vor geraumer Zeit aufgebrochen ist, um erneut zu pilgern.«
    »Als ich damals losmarschierte, um unsere Brüder zu finden, hatte er aber doch mich an seiner Stelle losgeschickt …«, sagte Anna Maria nachdenklich. Dann wurde ihr Ton ärgerlich. »Wie kann er unbesorgt wallfahren, wenn drei seiner Kinder in die Fremde gezogen sind?«
    »Auch für uns kam Vaters Entscheidung, auf Pilgerreise zu gehen, unerwartet. Zuerst habe ich ihn nicht verstanden. Dann kam mir der Gedanke, dass Vater diese Reise auf sich genommen hat, um Gott zu bitten, es möge euch unterwegs nichts geschehen. Ich vermute, dass der fremde Besucher ihm dazu geraten hat.«
    »Welcher Fremde?«
    Jakob zuckte mit den Schultern. »Es ist schon einige Monate her. Vater hatte im Hof mit unserem kleinen Bruder Nikolaus geschimpft, weil er sich eine nicht gedeckte Sau von Bauer Glöckner hatte andrehen lassen. Aufgescheucht durch den Lärm trat ich ans Fenster und sah einen fremden Mann auf Vater zugehen. Zuerst dachte ich, dass der Fremde Böses wollte, doch Vater schien ihn zu kennen. Ich konnte nicht verstehen, was sie miteinander sprachen. Beide verschwanden für einige Zeit in der guten Stube. Es war bereits Melkzeit, als der Fremde von dannen zog. Vater hat ihn noch ein Stück des Weges begleitet. Als sie am Stall vorbeikamen, konnte ich hören, wie Vater den Mann Kilian nannte.«
    Erschrocken weiteten sich Anna Marias Augen, doch sie sagte kein Wort. Sarah war inzwischen in die
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