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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin
Autoren: D Zinßmeister
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unserem Schutz stellten wir vor der Stadtmauer von Frankenhausen zahlreiche Fuhrwerke in einem weitläufigen Kreis zusammen. Hinter dieser Wagenburg verschanzten sich hunderte von uns und beobachteten die Soldaten, die ihre Kanonen in Stellung brachten.«
    »Jesus und Maria! Bauern gegen Kanonen!«, murmelte Jakob und schüttelte den Kopf. Peter schloss kurz die Augen. »Ich höre jede Nacht im Schlaf das Ratattatom der Landsknechttrommeln. Das gleichmäßige Schlagen der Trommeln war wie eine Folter und hat uns zermürbt. In den Gesichtern von Männern, die eben noch entschlossen als freie Bürger hatten kämpfen wollen, konnte man blanke Angst erkennen. Jeder verlor den Mut. Aber es gab kein Zurück, und das wusste jeder Einzelne von uns. Müntzer erkannte unsere Hoffnungslosigkeit und versuchte, mit einer Predigt unseren Kampfgeist wiederzuerwecken.«
    »Damit hätte mich niemand zum Kampf mitreißen können!«, warf Jakob ein.
    Peter wischte sich mit der rechten Hand erschöpft über die Augen, die jeden Glanz verloren hatten. Leise berichtete er weiter: »Friedrich, Michael, Johannes, Matthias und ich ahnten, dass es an diesem Tag zu Kämpfen kommen würde, und versprachen uns deshalb gegenseitig, dass jeder auf den anderen aufpassen würde. Doch wir versagten kläglich«, flüsterte Peter,
unfähig weiterzusprechen. Hilfe suchend blickte er zu Friedrich, der mit leiser Stimme fortfuhr zu berichten:
    »Die Artillerie feuerte ihre Kanonenkugeln ab und tötete viele Menschen, so auch unseren Freund Johannes. Als die Kanonen schwiegen, schickte der Fürst seine Kavallerie in die Wagenburg. Die Reiter auf ihren mächtigen Rössern ritten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Danach kamen die Söldner und töteten die Männer, die sich nicht schnell genug in Sicherheit brachten. Sogar die, die verletzt auf dem Boden lagen.«
    »Sei still!«, schrie Sarah auf und verließ weinend die Küche.
    »Soll ich Sarah nachgehen?«, fragte Anna Maria ihren Bruder.
    »Nein! Sie will sicherlich allein sein.« Mit scharfem Blick wandte Jakob sich Peter zu. »Ich will den Rest hören.«
    Sein Bruder nickte und erzählte nun selbst. »Kurz darauf wurde unser Freund Michael von einem Söldner geköpft. Matthias hatte wie wir die Hinrichtung hilflos mit ansehen müssen und schrie verzweifelt auf. Als er unverhofft seine Deckung aufgab und hinaus aufs Schlachtfeld rannte, haben wir alles versucht, um ihn wieder in Sicherheit zu bringen  – aber vergebens«, erklärte Peter unglücklich.
    Anna Maria schlug bei dieser Beschreibung die Hände vors Gesicht und schluchzte laut auf.
    Stumm blickte Jakob in die Gesichter der Männer und las schieres Entsetzen in ihren Zügen. Friedrich kämpfte mit den Tränen, während der Fremde mit dem Zeigefinger auf der Tischplatte herumkratzte. Peter strich seiner Schwester beruhigend über den Arm.
    »Was geschah mit unserem Bruder?«, fragte Jakob mit dumpfer Stimme.
    Nur mit Mühe konnte Peter weitersprechen: »Matthias wollte Michael rächen und den Landsknecht töten. Doch unser Bruder
hätte niemals Aussicht gehabt, diesen ungleichen Kampf zu gewinnen. Deshalb lief ich dem Söldner entgegen und bettelte um Gnade für unseren Bruder. Der Mann wollte mich aber nicht hören und rammte Matthias das Schwert in den Leib. Kurz darauf schloss unser Bruder für immer seine Augen.«
    »Du dummer Mensch!«, schrie Jakob auf. »Wie wolltest du einen Krieger aufhalten?«, brüllte er und stieß mit einem Ruck den Schemel beiseite. Im Hinausgehen sagte er: »Ihr Narren hättet gar nicht dort sein dürfen!«
    Anna Maria schaute mit tränennassem Gesicht zu ihrem Bruder Peter auf und erstarrte vor der Kälte in seinem Blick.
     
    Erschöpft und übermüdet saßen vier Menschen an einem Tisch, unfähig, sich zu erheben, um endlich schlafen zu gehen. Während sie stumm dasaßen, verkündete der erste Hahnenschrei den anbrechenden Morgen, und mit der Stille war es vorbei. Türen knallten, Stimmen wurden laut, und Fußgetrampel ließ die Dielenbretter knarren. Plötzlich wurde die Küchentür aufgerissen, und die Magd kam herein. Erschrocken hielt Lena inne. Als sie die Gesichter erkannte, lachte sie auf.
    »Wie schön! Wie schön!«, rief sie begeistert. »Ihr seid wohlbehalten zurück.« Ohne auf die ernsten Gesichter der Hofmeister-Kinder einzugehen, umarmte sie jeden, auch die beiden Fremden. Suchend sah sich Lena um. »Wo ist Matthias?«
    Erneut öffnete sich die Küchentür. Jakob und Sarah kamen
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