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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord
Autoren: Tess Gerritsen
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wirklich«, beharrte er. »Drücken Sie einfach drauf.« Er beugte sich zu Mattie herunter und präsentierte ihr den Blumenstrauß. »Was sagen Sie dazu? Ein Bild von mir, wie ich ihr die Blumen überreiche. Das wird bestimmt fantastisch.« Er lächelte, ließ sein strahlendes Gebiss sehen; der liebende Gatte, der starke Beschützer.
    Rizzoli sah Mattie an. In ihrem Blick las sie keinen Protest, nur ein merkwürdiges vulkanisches Glimmen, das sie nicht deuten konnte. Sie hob die Kamera ans Auge, erfasste das Paar mit dem Sucher und drückte auf den Auslöser.
    Der Blitz ging los – gerade rechtzeitig, um im Bild festzuhalten, wie Mattie Purvis ihrem Gatten den Strauß Rosen mitten ins Gesicht klatschte.

33
    Vier Wochen später
    Diesmal gab es keine Verstellung, keinen gespielten Wahnsinn. Amalthea Lank betrat den Besprechungsraum und setzte sich an den Tisch, und aus dem Blick, mit dem sie Maura musterte, sprach ein klarer, scharfer Verstand. Das Haar, das damals so wirr und ungepflegt gewesen war, hatte sie zu einem ordentlichen Pferdeschwanz zurückgebunden, so dass ihre Züge in aller Deutlichkeit hervortraten. Maura starrte die hohen Wangenknochen an, fing Amaltheas direkten Blick auf, und sie fragte sich: Warum habe ich mich bis jetzt geweigert, es zu erkennen? Es ist doch so offensichtlich. Ich schaue in mein eigenes Gesicht, wie es in fünfundzwanzig Jahren aussehen wird.
    »Ich wusste, dass du wiederkommen würdest«, sagte Amalthea. »Und du bist gekommen.«
    »Weißt du, warum ich hier bin?«
    »Du hast die Testergebnisse bekommen, nicht wahr? Jetzt weißt du, dass ich die Wahrheit gesagt habe. Auch wenn du mir nicht glauben wolltest.«
    »Ich brauchte einen Beweis. Menschen lügen, die DNA nicht.«
    »Trotzdem musst du gewusst haben, wie die Antwort lauten würde. Schon bevor du deine kostbaren Laborergebnisse hattest.« Amalthea beugte sich vor und sah sie an, ein fast vertrauliches Lächeln auf den Lippen. »Du hast den Mund von deinem Vater, Maura. Weißt du das? Und von mir hast du die Augen, die Wangenknochen. Ich kann Elijah und mich sehen, wenn ich dir ins Gesicht schaue. Wir sind eine Familie. Wir sind blutsverwandt. Du, ich, Elijah. Und dein Bruder.« Sie hielt inne. »Du weißt doch, dass er das war?«

    Maura schluckte. »Ja.« Das eine Baby, das du behalten hast. Du hast meine Schwester und mich verkauft, aber deinen Sohn hast du behalten.
    »Du hast mir nie erzählt, wie Samuel gestorben ist«, sagte Amalthea. »Wie diese Frau ihn getötet hat.«
    »Es war Notwehr. Mehr brauchst du nicht zu wissen. Sie hatte keine andere Wahl, als sich zur Wehr zu setzen.«
    »Und wer ist diese Frau, diese Matilda Purvis? Ich würde gerne mehr über sie erfahren.«
    Maura schwieg.
    »Ich habe ihr Bild im Fernsehen gesehen. Auf mich hat sie gar nicht so außergewöhnlich gewirkt. Ich frage mich, wie sie das geschafft hat.«
    »Wenn es ums Überleben geht, wächst jeder über sich hinaus.«
    »Wo wohnt sie? In welcher Straße? Im Fernsehen hieß es, sie stamme aus Natick.«
    Maura blickte in die dunklen Augen ihrer Mutter, und es fröstelte sie plötzlich. Aber nicht um sich selbst war ihr bange, sondern um Mattie Purvis. »Warum willst du das wissen?«
    »Ich habe ein Recht darauf. Als Mutter.«
    »Als Mutter?« Maura musste fast lachen. »Glaubst du wirklich, dass du diese Bezeichnung verdient hast?«
    »Aber ich bin seine Mutter. Und du bist Samuels Schwester.« Amalthea beugte sich noch weiter vor. »Wir haben ein Recht darauf, es zu wissen. Wir sind seine Familie, Maura. Es gibt nichts Stärkeres im Leben als die Bande des Blutes.«
    Maura starrte in diese Augen, die den ihren so unheimlich ähnlich waren, und sie erkannte darin eine Intelligenz, die der ihren ebenbürtig war, ja einen Funken Genialität. Aber es war eine Intelligenz, die auf Abwege geraten war, eine verzerrte Reflexion in einem zerbrochenen Spiegel.
    »Die Blutsverwandtschaft bedeutet gar nichts«, sagte Maura.
    »Und warum bist du dann hier?«

    »Ich bin gekommen, weil ich mir dich noch einmal genau ansehen wollte. Danach werde ich gehen und nicht mehr wiederkommen. Weil ich zu dem Schluss gekommen bin, dass du nicht meine Mutter bist – ganz gleich, was die DNA sagt.«
    »Und wer soll es dann sein?«
    »Die Frau, die mich geliebt hat. Du kannst doch gar nicht lieben.«
    »Ich habe deinen Bruder geliebt. Ich könnte auch dich lieben.« Amalthea streckte die Hand aus und streichelte Mauras Wange. Eine so zärtliche Berührung, warm wie
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