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Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter
Autoren: Bruce Sterling
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ausgiebig mit Knoblauchsalz, als wollte sie ihn damit zur Unterwerfung zwingen. Seine Schwester war so ziemlich die schlechteste Köchin auf der Welt.
    »Du mußt Nachsicht mit Sylvia haben«, meinte er ruhig. »Mit anderen Leuten hat sie so ihre Probleme, sie ist ziemlich schüchtern.«
    »Ich bin richtig gerührt, daß du deine Freundin mit zu mir bringst, Alex.«
    »Ich fänd's schön, wenn ihr beide gut miteinander auskämt. Sie bedeutet mir eine ganze Menge. Eigentlich mehr als jede andere Frau bisher.«
    »So ernst ist es also, hm?«
    »Das kann ich noch nicht sagen«, antwortete er. »Ich hab sie übers Netz kennengelernt, in einer Selbsthilfegruppe für Gengeschädigte. Sylvia ist gut im Netz. Menschen wie Sylvia und mir, Menschen, die in ihrer Jugend viel durchgemacht haben, mangelt es häufig an sozialen Fähigkeiten. Sie litt an einer Art Autismus und hat's wirklich schwer gehabt. Aber jetzt hat man sie neu zusammengesetzt, und innen drin ist alles wieder in Ordnung.«
    »Mann, es ist dir ja wirklich ernst«, sagte Jane.
    »Wie geht's Jerry? Wie kommt ihr miteinander aus?«
    »Möchtest du das wirklich wissen?«
    »Ja, wirklich.«
    »Er ist anders geworden. Ich bin anders geworden. Wir sind ganz andere Menschen als vor einem Jahr.« Sie blickte ihn durchdringend an, und er sah, daß hinter ihren Augen etwas darauf wartete, herausgelassen zu werden.
    »Erzähl's mir«, sagte er.
    »Na ja, das kommt durch das Baby… Alex, er kann wirklich gut mit dem Kind umgehen. Das Kind ist wirklich zu ihm durchgedrungen, er versteht sich gut mit seinem kleinen Sohn. Das kommt daher… also, wenn es nicht über den Verstand läuft, dann kommt er richtig gut klar. Er ist so geduldig und umgänglich mit dem Kleinen, es ist schon erstaunlich.«
    »Und was ist mit euch?«
    »Mit uns? Wir verstehen uns. Wir brauchen uns nicht mal anzustrengen. Wir hocken hier in dieser winzigen Bude, aber man merkt es gar nicht. Er hat sein eigenes Büro mit all den VR-Geräten und der Netzverbindung zur Universität, und ich habe meine Netzausrüstung hinten im Kinderzimmer, und er kümmert sich um seine Sachen, und ich um meine, und wir kümmern uns um unsere Beziehung, und es funktioniert, es funktioniert einfach.«
    »Womit beschäftigst du dich im Moment eigentlich?«
    »Mit Netzarbeiten. Das übliche. Nein, nicht das übliche. Mit Mami-Kram. Die Art Sachen, die man mit einer Hand erledigen kann, während man sich mit der anderen warmen Speichel vom Unterarm wischt.« Jane lachte und stocherte mit einem Holzlöffel im Taco-Teig. »Und die Daten - das Zeug, das du aufgezeichnet hast, als das Unwetter über uns hereingebrochen ist, weißt du noch? Das haben wir auf drei Disketten rausgebracht! Dafür haben wir eine ganze Menge Geld bekommen. Wir haben das Haus damit gekauft.«
    »Oh.«
    »Alex, ich weiß, das ist kein großes Haus, aber es ist freistehend, und die Gegend ist wirklich erstklassig. Hinten haben wir sogar einen richtigen Garten, den solltest du dir mal ansehen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie scharf die Sicherheitsvorkehrungen hier sind. Man kann zu Fuß zum Campus gehen und mit seinem Kind zu jeder Tages- und Nachtzeit im Park spielen, die Gegend ist wirklich hübsch und außerdem völlig sicher. Die Kriminalitätsrate ist ausgesprochen niedrig, und Anschläge gibt es hier nicht, niemals. Das ist eine richtige Enklave, für ein Baby einfach ein optimaler Ort zum Leben.«
    »Kann ich das Kind mal sehen?«
    »Oh! Aber sicher! Warte, ich stell das mal gerade ab.«
    Sie schaltete den Herd aus und führte Alex ins Hinterzimmer. Ins Kinderzimmer. Das Kinderzimmer war der erste Raum im Haus, dem man ansah, daß Juanita darin wohnte. Das Kinderzimmer sah aus, als hätte sich eine intelligente und hyperaktive Frau mit Designausbildung lange Zeit Gedanken über die Einrichtung gemacht. Es war ein großes Schmuckkästchen für ein Baby, es war die Wiege eines Monsters, in verschwommenem Mitternachtsblau. Es war die Art Zimmer, die bei Alex einen sofortigen Fluchtreflex auslöste.
    Juanita beugte sich über das alte, von Hand abgebeizte Kinderbettchen aus Holz und schaute auf ihr Kind hinunter. Alex hatte diesen Gesichtsausdruck bei ihr noch nie gesehen, trotzdem begriff er gleich, was das bedeutete. Ihm wurde klar, daß Juanitas ganze rohe Wildheit da hinein verschwunden war. Ihre ganze Energie war von diesem Madonnenblick aufgesaugt worden.
    Sie unterhielt sich mit dem Kind tatsächlich in Babysprache. Mit schmatzenden
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