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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware
Autoren: Roger Aeschbacher
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begann sie ihn sanft zu streicheln. Was hatte sie dabei gesagt? Es waren zärtliche Worte gewesen. »Ich mag dich, Andi.« Dieser Satz hatte sich für ewig in seine Hirnwindungen gebrannt. Sie sprach ihn nochmals und küsste mit ihren feuchten Lippen seinen Bauch. Dann tastete sie sich mit ihren Lippen, leise weitere Zärtlichkeiten flüsternd, hin zu seinen Brustwarzen, während ihre Hand sich zugleich suchend nach unten bewegte.
    Baumer erinnerte sich, wie er von dieser Begegnung überrascht worden war, obwohl er Anna mittlerweile recht gut kannte. Sie hatten geredet – geredet! – und sogar gelacht. Baumer mochte Anna, sehr sogar. Sie war blond, eher groß, lieb zu den Mitmenschen und durchaus gebildet. Er war gerne mit ihr zusammen. In vielen Momenten in ihrer Nähe hatte er ganz einfach vergessen, dass es irgendeine andere Frau auf der Welt gab.
    Zuvor hatte ihn Anna höchstens einmal liebevoll am Oberarm berührt, als sie bei ihren heimlichen Treffen miteinander scherzten. Baumer hatten diese ungewollten, und daher umso romantischeren, Berührungen natürlich sehr erregt. Aber der Mann mit den großen Füßen war erwachsen genug, dass er sich nichts vorgemacht hatte: Anna war seine Krankenschwester und sie verhielt sich nur aus beruflichen Gründen so fürsorglich. Anna würde sich wohl gegenüber jedem einigermaßen anständigen Patienten nett und freundlich verhalten. Für sie war er nichts Besonderes, hatte er sich eingeredet.
    Doch jetzt war sie unter seiner Bettdecke, aus freien Stücken, und fuhr mit ihrer Zungenspitze über seine Brustwarzen. Ihre Hand hatte schon seinen Penis umfasst und streichelte ihn. Zart. Aber nicht zu sanft, das hätte ihn nur gequält. Ihren Kopf, ihre Wange hatte sie auf seine Brust gelegt, murmelte berauschende Komplimente. Dann, endlich, bewegte sie ihre Hand schneller, griff fester zu. Ihr Atem fegte heiß über seine Brust und ihr suchendes Schnaufen trieb Andis Lust an, wie der Wind die lose Glut zur Flamme bringt. Annas Bewegungen wurden immer geschwinder, schließlich unaufhaltsam, bis Andi stöhnend in die heiße Bettdecke biss, den Atem anhielt und seinen heiseren Schrei der höchsten Entzückung doch nicht unterdrücken konnte.
    Mit kaltem Schaudern dachte Baumer an diese Szene zurück. Er hatte durch das Zusammenzucken seines Körpers auch sein Bein ruckartig bewegt und ein bestialischer Schmerz war ihm hineingefahren, dort wo sein Knochen immer noch am Zusammenwachsen war. Er erinnerte sich, wie er aufgeschrien hatte, als wäre es das Letzte gewesen, was er je tun konnte auf dieser Welt. Wie sich Anna sofort erschreckt um ihn gekümmert hatte. Wie aber keine der anderen Nachtschwestern in ihr Zimmer gekommen war, um nachzuschauen, wer hier so verzweifelt gebrüllt hatte.
    Bei der Arztvisite am nächsten Morgen schien der Oberarzt wie immer, als er seinen Patienten nach dem Befinden befragte.
    »Gut, gut, Herr Baumer«, sagte er, nachdem Baumer seine Fragen zufriedenstellend beantwortet hatte. »Sie machen Fortschritte. Der Knochen kommt richtig. Auch die Arterie scheint gut zu halten. Durchflussrate ist in Ordnung. Langsam kommen Sie uns wieder auf den Damm.«
    »Da kommt noch was«, hatte Baumer gespürt, und tatsächlich hatte Dr. Labhardt ohne große Umschweife und vor versammelter Mannschaft angefügt: »Und der Sexualapparat funktioniert ja offenbar auch noch ganz gut.« Diesen Satz hatte er so neutral gesagt, wie ein Garagist einem übervorteilten Kunden die berechneten Reparaturarbeiten erklärt. »Zündkerzen waren kaputt. Haben wir ersetzt. Keilriemen ebenfalls.«
    Die Assistenzärzte konnten sich hingegen ein Lächeln nicht verkneifen. Je weiter weg sie standen, umso hämischer wurde ihr Grinsen. Ganz hinten war einer, der schaute sogar ohne Scham aber mit gierigem Grinsen Anna an und lachte rumpelnd. Anna errötete nicht. Sie hielt ihren Kopf aufrecht.
    Dr. Labhardt hatte Baumer schließlich auf den gesunden linken Oberschenkel geklopft und ihm gute Besserung gewünscht. Erneut erinnerte er an einen Garagisten, der einen Kunden abwickelt. »So, jetzt hier unterschreiben. Ja. Danke, Adieu.« Bei guter Laune gibt es noch ein »Gute Fahrt« gratis dazu. Bei schlechter nicht.
    Als Anna eine halbe Stunde nach der Visite wieder zu ihm gekommen war, lachten beide darüber. Eine Kollegin bei der Nachtwache hatte ihren Mund nicht halten können. Ja nun, so war es halt. Anna würde mit dieser Geschichte wohl ewig aufgezogen werden. Vielleicht gäbe es auch noch
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