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Schweineblut

Schweineblut

Titel: Schweineblut
Autoren: Arnold Küsters
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Frank an. Erneut liefen ihr Tränen übers Gesicht.
»Ich möchte nicht im Gefängnis sterben. Ich habe doch noch nichts von meinem
Leben gehabt. In meinem Leben gabs bisher nur Dreck.«
    »Woran erinnern Sie sich noch?«, hakte Böllmann nach.
    Sie schluchzte. »Ich bin weggefahren. Aber nicht nach Hause. Ich bin
stundenlang unterwegs gewesen. In Bracht, in ganz Nettetal, in Viersen. In
Mönchengladbach bin ich an den Geschäften vorbeigelaufen. Ich habe nichts
denken können. Ich habe nur das Blut vor mir gesehen und wie er da am Boden
gelegen hat.«
    »Und dann?«
    »Irgendwann in der Nacht bin ich nach Hause gekommen. Ich habe eine
Flasche Wein aufgemacht, und dann habe ich nach Tabletten gesucht. Aber ich
hatte nicht genug. Und ich hätte es auch nicht getan. Ich habe die ganze Nacht
nicht geschlafen.«
    »Sie wollten sich umbringen?«
    »Ich hätte es nicht gekonnt.« Ängstlich sah sie den Staatsanwalt an.
»Was passiert jetzt mit mir?«
    »Sie werden hierbleiben müssen. Mich interessiert noch eine Frage:
Was haben Sie mit dem Messer gemacht?«
    »Mein Neffe hat das Messer am Samstag im Auto gefunden und es mir
gegeben.«
    »Hat er sich nicht gewundert?«
    Renate Pesch schüttelte den Kopf. »Ich habe ihm gesagt, dass der
Caterer kurz den Wagen gebraucht hat, um noch ein paar Sachen auszuliefern. Und
dass er das Messer mitgenommen hat, um ein Spanferkel aufschneiden zu können.«
    »Wo ist das Messer jetzt?«
    »Keine Ahnung. Vermutlich auf irgendeiner Weihnachtsfeier im
Einsatz.«
    —
    »Frohe Weihnachten!«
    »Aber Ihr feiert doch gar kein Weihnachten, Cengiz.«
    »Dennoch kann ich euch Christen doch ein schönes Fest wünschen. Wir
Moslems lieben alle Menschen.« Der Kioskbesitzer schob Frank ein Sixpack
entgegen.
    »Du weißt, dass ich das nicht annehmen darf. Ich bin Polizist.«
    »In der Heimat meiner Väter sagt man: Wer andere beschenkt,
beschenkt sich selbst.«
    Frank musterte Cengiz skeptisch. »Bist du dir da sicher, oder hast
du dir den Spruch vielleicht gerade erst ausgedacht? – Cengiz, sei ehrlich.«
    Cengiz lächelte verschmitzt. »Ich bin ehrlich, und deshalb müssen
ehrliche Menschen sich helfen. Sagt mein Vater. Und meinem Vater darf ich nicht
widersprechen. Außerdem hat er gesagt, Cengiz, wenn du den Kommissar siehst,
dann bestell ihm schöne Grüße von mir und dass er das Bier mit seiner Freundin
trinken soll. Denn man weiß nie, wie lange die Freude dauert.«
    Frank gab seinen Widerstand auf und legte seine Hand auf den Karton.
»Ich trinke ein Bier auf dein Wohl, Cengiz. Und auf das Wohl deiner ganzen
Familie.«
    »Sehen Sie, Herr Kommissar, was habe ich gesagt? Ehrliche Menschen
helfen sich.«
    Frank ahnte das Unheil schon. »Wie muss ich das verstehen?«
    »Ich habe ein klitzekleines Problem, Herr Kommissar. Ich bin vor
einer Woche über die Theodor-Heuss-Straße gefahren. Und dabei habe ich die
Apparate übersehen.«
    »Nicht schon wieder! Die Apparate heißen Starenkasten, Cengiz.«
    »Kann sein, Herr Kommissar, als ich weitergefahren bin, war da noch
so ein Starennest.«
    »Noch ein Starenkasten.«
    »Sag ich doch.«
    »Wie schnell warst du?«
    Cengiz machte ein betrübtes Gesicht. »Das weiß ich nicht.«
    Frank grinste. »Du wirst es noch früh genug erfahren, Cengiz. Wie
jedes Mal. Ganz sicher.«
    »Ich habe gedacht, dass Sie Ihre Kollegen …« Cengiz blieb mit der
Stimme am Satzende oben und machte eine vage Handbewegung.
    »Nee, mein Lieber, du weißt, dass das nicht mein Ressort ist.«
    »Hat mein Vater auch gesagt.«
    »Dann sind wir uns ja einig. Denn deinem Vater darfst du ja nicht
widersprechen, Cengiz. Fröhliche Weihnachten.« Frank nahm das Bier und die
aktuelle Ausgabe der bluesnews vom Tresen und verließ
den kleinen Kiosk.
    Cengiz’ »Fröhliche Weihnachten« klang ihm kummervoll hinterher.
    Kurz vor seiner Wohnungstür klingelte Franks Mobiltelefon.
    Frank hoffte, dass es nicht die Leitstelle war, und meldete sich.
    »Wann?« Frank blieb wie angewurzelt stehen und ließ die Hand sinken.
Er hatte die Weihnachtsfeier der Band völlig vergessen!
    Nach der Schrecksekunde drückte er das Handy wieder an sein Ohr.
    »Wie war es denn?«, fragte Frank pflichtschuldig.
    »Wir haben jede Menge Spaß gehabt. Und das Essen beim Libanesen ist
einfach göttlich. Um zwei hat der Wirt den Laden hinter uns abgeschlossen.
Schade, dass du nicht dabei sein konntest.«
    Claus klang immer noch müde.
    »Wir haben endlich unsere Ermittlungen abschließen können.«
    »Dann kannst
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