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Schweigfeinstill

Schweigfeinstill

Titel: Schweigfeinstill
Autoren: Friederike Schmöe
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mal was wäre.«
    Ich überschlug, was Keller mir über Carlo erzählt hatte.
    »Und das hat zwei Jahre gedauert?«
    »Sie hat mich damals angezeigt. Aber da war nichts dran, Kea, nichts. Sie hat es gemacht, um mich unter Druck zu setzen. Ich habe sie niemals vergewaltigt. Bitte, glaub mir!«
    »Fällt mir schwer.«
    »Kea, nun fahr schon!«, fuhr mich Juliane an. »Kaffeekränzchen mit Carlo findet ein andermal statt.«
    Dumpf pochte mein Schädel. Ich hatte Durst. Die Erkenntnis, von Carlo verraten worden zu sein, sickerte erst nach und nach zu mir durch.
    »Ich habe jetzt keinen Nerv für deine Rechtfertigungen«, sagte ich.
    »Ich habe die Arbeit abgesagt, um euch zu beschützen.«
    »Hast dir lange Zeit gelassen, um mir Bescheid zu sagen.«
    »Kea, ich …«
    »Leave me alone.«

73.
    Sie waren vor einer knappen Stunde auseinandergegangen . Nero hockte an einem Rechner im Besprechungszimmer und arbeitete sich durch die Materialien zum Fall, die Freiflug ihm dagelassen hatte. Seine Augen brannten.
    »Keller?« Köster trat ein, in den Händen einen Becher Kaffee und eine CD. »Sie sollten sich das anschauen.« Ohne Neros Reaktion abzuwarten, schob er die CD in den Schlitz. »Ich habe bei These-Girls herumgesucht und die Filme gecheckt, die zuletzt eingestellt wurden.«
    Die beiden Männer starrten auf den Bildschirm. Sie sahen Valeska, die nackt in einem Keller gefangen war. Sie kniete auf dem Steinboden, Hand- und Fußgelenke steckten in im Boden eingelassenen Spangen. Die Kamera zoomte näher und zeigte in Großaufnahme die geschwollenen Hände.
    »Wie lange?«, fragte Nero. »Wie lange hockt sie da schon?«
    »Vier Stunden.« Köster wies auf eine Digitalanzeige am unteren Bildschirmrand. »Hier wird die Echtzeit angezeigt.«
    Valeska versuchte, ihrer Erschöpfung nachzugeben und sich wenigstens auf ihre Fersen zu setzen, aber der Winkel, in dem sie gefesselt war, verhinderte diese Bewegung.
    »Wenn ihre Kraft nachgelassen hätte, wenn sie umgekippt wäre, hätte sie sich Hand- und Fußgelenke gebrochen«, sagte Köster.
    »Konnten Sie rauskriegen, wer sich die Filme runtergeladen hat?«
    »Wir sind dran.« Er verließ das Besprechungszimmer.
    Nero stand auf, stieß den Stuhl zurück. Ein Kaffee wäre jetzt genau das Richtige. Gedankenverloren klappte er sein Handy auf. Unvorsichtig, es in einem anderen Büro zu vergessen. Das passierte ihm sonst nie. Er sah auf das Display. »Verdammt!« Das Symbol für ›Anruf verpasst‹ blinkte. Hektisch wählte er seine Mailbox an. Hörte Keas Stimme. Für Sekunden wurde ihm schwarz vor Augen. Er stürmte aus dem Zimmer.

74.
    Wir hielten in Bogenhausen . Die Steinfelder-Villa lag im Finstern, und verständlicherweise hatte keiner von uns Lust, das warme Auto gegen die Dunkelheit und Kälte zu tauschen.
    »Na los«, bestimmte Juliane. »Kommt schon.«
    In dieser Minute der Unentschlossenheit befielen mich plötzlich heftige Zweifel. Was sollten wir hier? Hatte mein Verstand sich total verabschiedet? In der Villa wären wir viel ungeschützter als im Vorderhaus in Haidhausen. Wenigstens gab es dort Nachbarn hinter hellhörigen Wänden. Hier lag alles tief verschneit und still wie im Innern eines Sargs.
    »Lassen Sie uns woanders hinfahren«, bat Sissis Mutter. »Das sieht mir nicht gut aus.«
    Wie so oft in solchen Situationen entschied eine ganz lapidare Sache über unser weiteres Vorgehen.
    »Ich muss aufs Klo«, meldete sich Jenny, und damit war klar, was wir tun würden. Wir stiegen aus. Ich kroch als letzte aus dem Wagen. Mit einem Mal war mir unerwartet leicht zumute. Fast euphorisch schloss ich den Wagen ab und folgte dem Grüppchen zur Villa der Steinfelders. Andy stieß das Gartentor auf und humpelte auf das Haus zu, den gesunden Arm um Jenny gelegt. Sissi und ihre Mutter folgten aneinandergeklammert. Juliane drehte sich zu mir um.
    »Das dauert«, murmelte sie genervt.
    Andy tastete in seiner Tasche nach dem Hausschlüssel. Ewigkeiten später schob er ihn ins Schloss und trat zurück, um die anderen einzulassen. Jenny witschte an ihm vorbei. Ich hörte sie die Badezimmertür zuschlagen.
    Dann ging alles sehr schnell. Zwei maskierte Typen krochen hinter der Buchsbaumhecke hervor.
    »Rein. Alle.«
    Ich spürte etwas Kaltes, Hartes in meinem Rücken. Tappte voraus, das Gesicht dem Himmel zugewandt, und fühlte die Schneeflocken auf meiner Haut schmelzen.
    »Rein mir dir!«
    Ich fand mich auf dem Fußabstreifer wieder. Hinter uns schlug die Tür zu.

75.
    »Was
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