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Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Titel: Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
Autoren: C. J. Lyons
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gewesen, nur ein paar Billigstiefeletten von Walmart, die sie zur langen Hose gewählt hatte, um bei ihrem Gespräch mit Mr Bearmeat im Büro des Archivs einen guten Eindruck zu machen, Die billigen weißen Socken an ihren Füßen, die nicht zu ihrer dunkelblauen Hose passten, machten alles irgendwie noch realer. Die Furcht war so groß, sie hatte Angst den Verstand zu verlieren.
    Bis einer von ihnen, der Dürre, an dem ihr nur seine seltsamen blauen Augen mit silbernen Sprenkeln aufgefallen waren, sich alleine zurückgeschlichen und ihr die Kette mit dem winzigen goldenen Kreuz zurückgegeben hatte. Anscheinend hatte er erkannt, wie viel sie ihr bedeutete. Jetzt hielt sie es fest umklammert, ein kleiner Trost in der Dunkelheit.
    Niemand hatte sie etwas gefragt – zum Glück, denn sie hätte ohnehin nichts zu sagen gehabt. Die ein oder andere Ahnung vielleicht, welche sich seit ihrer Entführung zu ausgewachsenen Verschwörungstheorien entwickelt hatten, aber keinerlei Beweis, nichts, womit sie um ihr Leben feilschen könnte.
    Warum hatten die Männer sie am Leben gelassen? Wie sehr sie auch betete und versuchte, sich Gottes Plan zu fügen, diese Frage nagte stets an ihr. Wäre es nicht sicherer gewesen, sie umzubringen, sie ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen?
    Es sei denn, sie diente als Druckmittel bei Verhandlungen. Und das könnte nur einen Menschen betreffen: ihren Vater.
    »Das hilft euch gar nichts«, schrie sie. Ich bin ihm vollkommen egal!«
    Keine Reaktion. Es war überhaupt nichts zu hören, bis auf ihr eigenes abgehacktes Atemgeräusch. Die Stille fachte ihre Wut nur noch weiter an. Lieber hörte sie ihre eigene Stimme, als auf Geräusche zu lauschen, die sie nicht hören wollte: Schritte, eine Pistole, die durchgeladen wurde, das nervöse Gelächter von Männern, die sich entschlossen hatten, noch etwas Spaß zu haben, bevor sie sich ihrer Leiche entledigten.
    »Was wollen Sie von mir?« Sie kauerte sich in eine Ecke, zog die Knie zur Brust und betete. Dann hielt sie inne und lauschte angestrengt. Eine Diele knarrte unter dem Gewicht eines Mannes. Oder bildete sie sich das nur ein? Sie hielt den Atem an.
Bitte nicht. Herr, bitte hilf mir
.
    Wieder knarzte es. Sie war ein gläubiger Mensch; das war alles, was ihr geblieben war. Aber zum ersten Mal in sechsundzwanzig Jahren fragte sich Lena Hale, ob Gott ihr überhaupt Gehör schenkte. Vielleicht war Er ein selbstsüchtiger Scheißkerl, dem seine Kinder egal waren, genau wie Eli.
    Vielleicht würde Er sie im Stich lassen, genau wie Eli, und sie hier allein dem Tod überlassen.

4
    Das Abendessen bestand aus Rinderschmorbraten, Auberginen und Tomaten, dazu Kerzenschein, ein guter Merlot und leicht gezwungenes Geplauder.
    Paul und Caitlyn hatten sich darauf geeinigt, dass er ihr nichts über seine Patienten und sie ihm nichts von ihrem jeweiligen Fall erzählte. Doch heute schien das nicht zu gelten. Sie spürte, dass ihm Fragen auf der Zunge brannten und er auf eine Erklärung wartete, weshalb ihre »Arbeit« sie derart aus der Fassung brachte.
    Was sollte sie ihm sagen? Dass es sich nicht um einen Fall handelte, sondern mit ihrem Vater zu tun hatte, der seit sechsundzwanzig Jahren tot war? Tot, wegen des Mannes, den Caitlyn wie einen zweiten Vater geliebt hatte, damals, als sie noch jung und dumm genug gewesen war, ihr Herz nicht zu schützen?
    Oder ihm von dem Mädchen erzählen? Der kleinen Lena. Verschwunden. Die vielleicht aber auch einfach nur ihrem Vater aus dem Weg ging. Wer wusste das schon? Wenn Whitford richtiglag, schwebte Lena in Gefahr, aber das waren pure Vermutungen. Nachdem sie die Küche aufgeräumt hatte, machte Caitlyn mithilfe ihres Handys zwei Telefonnummern von Lena ausfindig, eine Handynummer und einen Festanschluss in Durham. Sie konnte jedoch unter keiner der beiden Nummern jemanden erreichen. Das musste nichts heißen. Jurastudenten durften sich schließlich mal einen Abend freinehmen, ohne an ihr Telefon zu gehen. Außerdem fiel das alles gar nicht in Caitlyns Zuständigkeitsbereich; sie konnte nicht alles stehen und liegen lassen, so lief die echte Ermittlungsarbeit nicht.
    Das war auch ein Grund, warum sie Paul den Anruf von Whitford nicht erklären konnte. Er würde das niemals verstehen. So, wie Whitford es nicht verstanden hatte. Die Menschen hörten nur FBI und gingen davon aus, Caitlyn besäße damit die Schlüssel zu einer Art Zauberreich, in dem irgendwelche Superrechner ein Gesicht in der Menge eines
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