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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Autoren: Anni Buerkl
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Alten, dann bricht er in einen durchdringenden Diskant aus,
schwillt an zum weichen Tenor, und plötzlich fährt er hoch in den laut
schallenden Basso-cantante, um ebenso überraschend in den singenden
Mezzo-Soprano herabzusteigen. In Minutenschnelle schweigt er, gleichsam
versunken in Nachdenken, und stimmt dann wiederum in ein anhaltendes Lied ein,
bald freudig, bald wehmütig. (…) Sing schon, hab Erbarmen. Lass uns sofort die
Geschichte deines brodelnden Lebens beginnen, ehe in dir der Lebensodem
erkaltet ist.
    (Iwan T. Kokorew – aus »Tee, süßer Tau des Himmels«)

     
    »It
is a long story«, sagte Shanna MacLeod. Berenikes Salon für Tee und
Literatur war zum Bersten voll. Im Rahmen der von ihr initiierten ›Nacht der
lebenden Geschichte‹ berichtete die geborene Schottin über die letzte Story,
der ihr Mann Robert Rabenstein hinterhergejagt war. Monatelange Organisation
war der Veranstaltung vorausgegangen. Berenike war so manches Mal der
Verzweiflung nahe gewesen, wenn wieder eine behördliche Genehmigung angefordert
wurde oder die Preise der Druckerei unerwartet stiegen. Die Lautsprecheranlage
war nicht eingetroffen, weshalb sie am Vortag Ersatz hatte aufstellen müssen.
Aber das Ganze hatte ihr geholfen, mit dem Erlebten fertig zu werden. Jetzt
hörte sie Shanna zu und war rundum stolz. Der Wind trieb Regenmassen gegen die
Fenster, die Äste der Linde streiften im Finstern übers Glas. Die Göttin,
dachte Berenike, sie will mich grüßen. Es hatte plötzlich empfindlich
abgekühlt, erstes Herbstgefühl.
    Shanna war eine gute Rednerin, wusste ihr Publikum zu
fesseln. Allen Unkenrufen zum Trotz interessierten sich jede Menge Menschen für
die Geschichte der Region. Oft hatte sie während der Vorbereitungsarbeit
Zweifel zu hören bekommen, von Sabotageversuchen ganz zu schweigen. Diverse
Museen und Gedenkstätten waren jedoch zur Teilnahme bereit gewesen. Die
Ewiggestrigen lockte man sowieso nie hinter dem Ofen hervor. Heute aber gab es
Grund zum Feiern! Berenikes erste Großveranstaltung unter eigenem Namen war ein
echter Erfolg. Sogar die Presse war da, Viktor Seller von der Kleinen Zeitung
und eine junge Journalistin vom Salzkammergut-Kurier, Eveline Pechstein. Sie
zeigte sich engagiert, aber es blieb abzuwarten, wie viel im Blatt erscheinen
würde. Die Chefredakteure waren nicht immer der Meinung ihrer Redakteurinnen
und gewichteten lieber nach den Machtverhältnissen im Land. Berenike kannte
das, letztlich bekam man ein winziges Zitat in einem kurzen Artikel. Und musste
noch froh sein, wenn die Erwähnung positiv ausfiel.
    Der Samowar in seinem Glanz schien sich darauf zu freuen, mit
seinem brodelnden Gesang zur Geselligkeit beizutragen. Berenikes Mutter war
angereist, wohnte in Bad Aussee im Grünen Kakadu. In Ragnhilds kürzlich
übernommene Pension wollte Rose Roither nicht einziehen: ›Zu viel Yin-Yang.‹
Die Norwegerin stellte sich als Gastgeberin ganz auf Seminargäste auf der Suche
nach Seelen-Wellness ein. Neben Rose saß Selene, hell wie der Mond. ›Entspann
dich‹, hatte sie Berenike bei ihrem sachten Begrüßungskuss zugeflüstert. Die
Schwester hatte schon als Kind vermocht, Berenike einzulullen. Selenes Töchter
machten sich eifrig Notizen. Amélie hatte ein Faible für Geschichte, Jenny machte
es der Schwester nach. Auch Berenikes Vater hatte zum ersten Mal die Fahrt nach
Aussee hinter sich gebracht. Fred Stein wohnte bei Berenike, das hatte sie von
Anfang an gewollt. Zudem hatte er als Erster zugesagt. Alle anderen Verwandten
hatten gezögert, ihre Zweifel am Gelingen der Veranstaltung nur nicht
ausgesprochen. Rose hatte gemault, weil sie nicht bei Berenike wohnen konnte.
Doch im Gasthaus bekam sie genau den Service, den sie erwartete. Der etwas
größere Ort Bad Aussee passte sowieso besser zu ihr mit seinen Geschäften und
Cafés.
    Zur Einstimmung in den Abend hatte der großartige Marcel
Buton aus Frankreich das Publikum zu einer Fantasiereise eingeladen. Das
Ergebnis war ein Traum, die Energien hatten sich noch mehr ins Positive
gewandelt.
    Berenike konzentrierte sich wieder auf Shanna mit ihrem
Akzent. »Ladies and Gentlemen, es ist auch häute so: Wer die Wahrheit sagt,
braucht ein schnälles Pferd.« Verhaltenes Gelächter im Publikum, das abrupt
abbrach. Dann ein einzelner hysterischer Auflacher. »Especially, wenn man von
derrr faschistischen Vergangenheit spricht. Meinem Partner war, as you know,
kein Entkommen
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