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- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken

- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken

Titel: - Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
Autoren: Tobias Radloff
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beugte er sich vor und bewegte die Hand vor der Linse an Balas Pad hin und her. »Womit nimmst du das auf? Deine Padkamera ist es nicht.«
    Bala löste ein knopfgroßes Gerät von seinem T-Shirt und hielt es Meph hin. »Drahtlos, unauffällig, und die Batterie hält praktisch ewig. Hier, ich schenke sie dir.«
    »Bist du sicher?«
    »Es ist mir eine Ehre.«
    Meph nahm die Kamera und bedankte sich. Dabei fiel ihm etwas ein. »Hör mal, du kennst dich doch hier in der Gegend aus. Weißt du, wo ich günstig das neue eGalaxy bekomme?«
    Bala machte große Augen. »Vielleicht sollte ich auch Paddesigner werden.«
    »Ja, vielleicht. Also?«
    »Du hast Glück. Ein Friend von mir hat Beziehungen. Dir macht er bestimmt einen guten Preis. Ich rufe ihn gleich an.«
    »Aber es darf keine Festplatte haben. Du weißt schon, schwarzspeicher .«
    Bala nickte und ging davon. Meph atmete erleichtert auf.
    Die nächste halbe Stunde verbrachte er damit, sich auf den neuesten Stand im Netz zu bringen. Auf MyLife hatte Bala um Aufnahme als Friend gebeten. Meph tippte auf ›OK‹ und nahm auch zwei weitere Chinesen auf, vermutlich Friends von Bala.
    Er machte gerade ein paar Designskizzen und hörte sich dabei durch die japanischen Downloadcharts, als Olli anklopfte. Meph drehte die Musik leise und akzeptierte die Verbindung. Ollis durchscheinender Kopf und Torso erschienen in der Luft. Das Bild war unscharf und flimmerte. Mephs altes SEC Primer hatte wirklich einen miesen Projektor. Hoffentlich hatte Bala Erfolg.
    »China? Wo du dich wieder rumtreibst, Mann.« Olli hatte seine 3D-Brille auf. Im Hintergrund knallten Schüsse. Für ein Gespräch unter Friends hielt er sein Spiel nicht an.
    »Weit weg von dir und deiner muffigen Klitsche. Was spielst du?«
    » Brainshock , hört man das nicht? Ownage !«, brüllte Olli einen unsichtbaren Gegner an. »Hör zu, ich habe morgen Abend ein Turnier, und mein Spotter ist abgesprungen. Jetzt brauche ich jemand anderen, der mir sagt, wo sich die anderen Spieler rumtreiben.«
    »Morgen Abend sitze ich im Flieger.«
    »Ich dachte, du hast extra Lufthansa gebucht, weil die in allen Maschinen Breitband anbieten.«
    »Ja, aber morgen ist Samstag, und ich spiele Thought Police . Ich weiß nicht, ob wir schon fertig sind, wenn es bei dir losgeht.«
    »Spielst du immer noch diesen Retro-Mist?«
    »Retro? Es spielt in der Zukunft.«
    »Es hat keine Grafik, nicht mal 2D. Mehr retro geht nicht.«
    »Es ist …«
    »Du Bastard! Warte, bin gleich wieder da.« Ollis Kontrollhandschuhe bewegten sich schneller, als Mephs Projektor sie darstellen konnte, und das Geballer klang wie der Auftakt zum Dritten Weltkrieg.
    Meph nutzte die Gelegenheit, um eine Videomail zu öffnen, die Bala ihm geschickt hatte. Er erkannte den Clip schon nach wenigen Sekunden. Cat Tail Girl war alt, aber sie war nicht umsonst ein Klassiker, und so ließ Meph sie weiterlaufen.
    Nach einer Weile konnte Olli wieder reden. »Dann spiel halt dein Retro-Rollenspiel. Wenn du willst, kannst du dir das Turnier ja nebenbei anschauen. Ich habe noch Tickets.«
    »Vertickst du die Dinger nicht mehr übers Netz?«, fragte Meph. Vor ihm wackelte Cat Tail Girl mit den nackten Teeniehüften. Der Stoffschwanz pendelte zwischen ihren Beinen hin und her.
    »Ich bin nicht alle Tickets losgeworden, weil Westphal zur gleichen Zeit wie das Turnier läuft. Hoffentlich macht er mir nicht die Bandbreite kaputt. Ha! Headshot!«
    »Wenn du welche übrig hast, schick mir eins. Vielleicht schaue ich mal rein.«
    »Okay.«
    Meph wollte Olli noch frohes Schlachten wünschen, aber der hatte die Verbindung schon getrennt.
    Die lustige Stelle bei Cat Tail Girl stand bevor. Meph drehte den Ton auf und musste enttäuscht feststellen, dass jemand die Originaltonspur entfernt und Musik über den Clip gelegt hatte. Das Mädchen bewegte stumm die Lippen, ein nackter, zugedröhnter Fisch in einem New-Noise-Aquarium, dem der beste Teil seiner Selbsterniedrigung erspart blieb. Meph löschte den Clip und wandte sich der nächsten Nachricht zu.
    Er putzte sich gerade die Zähne, als Bala zu ihm kam und verkündete, dass sein Friend ein eGalaxy ohne Festplatte aufgetrieben hatte, das bereits modifiziert war. »So kannst du es mit jedem Netzbetreiber benutzen«, erklärte Bala und strich sich zufrieden über den Bauch. »Er trifft sich noch heute Nacht mit uns. Wir warten nur noch auf Yu Feng, dann fahren wir los.«
    Meph spuckte ins Waschbecken. »Können wir ihn nicht morgen treffen?
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