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Schwarzlicht (German Edition)

Schwarzlicht (German Edition)

Titel: Schwarzlicht (German Edition)
Autoren: Horst Eckert
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Psychotante?»
    «Ich weiß, du konntest sie schon vor zwölf Jahren nicht leiden.»
    Ingo kramte ein Kärtchen hervor und reichte es Vincent. «Kannst mich jederzeit anrufen.»

5

    Die Sekretärin bat ihn zu warten, der Inspektionsleiter telefoniere noch. Vincent setzte sich und genoss den Moment der Ruhe.
    Die Telefonanlage weckte sein Interesse. Ein Kasten mit Tasten und Knöpfen, unter einem davon flackerte ein rötliches Lämpchen. Es erfüllte Vincent mit Befriedigung, dass sich auch die Chefetage mit antiquierter Technik abmühen musste.
    Das Lämpchen erlosch.
    «Sie können jetzt», sagte die Sekretärin.
    Vincent stand auf und öffnete die Verbindungstür. Kriminaloberrat Thann kam ihm mit ausgestreckter Hand entgegen, untersetzt, höchstens eins siebzig, Nester von Bartstoppeln an Kinn und Hals, als hätte er am Morgen keine Zeit gehabt.
    «Wissen Sie, dass ich Ihren Großvater noch gekannt habe? Setzen Sie sich, Kollege Veih!» Thann wies auf einen Stuhl am Besprechungstisch und nahm seinen Kaffeebecher vom Schreibtisch mit herüber, Vincent bot er nichts an.
    Eine Hierarchiestufe unter Kripochef Engel, stand der Leiter der Kriminalinspektion eins den Kommissariaten vor, die für Gewaltdelikte, Rauschgift und Einbruch zuständig waren. Thann war dafür bekannt, dass er sich zehnmal absicherte und dann immer noch keine Entscheidung traf. Vincent fragte sich, ob die Behörde so etwas aus einem machte.
    «Gerhard Veih», fuhr Thann fort. «Ein Urgestein. Alte Schule. Er hat Sie großgezogen, nicht wahr?»
    Vincent nickte. Auf einem Teller lagen Kekse und erinnerten ihn daran, dass er nichts zu Mittag gegessen hatte.
    «Streng?»
    «Geht so.» Es berührte Vincent unangenehm, mit dem Inspektionsleiter über seinen Großvater zu sprechen. «Normal, nehme ich an.»
    Er griff nach einem Keks und bereute es beim ersten Bissen. Das Zeug schmeckte wie Pappe. Er behielt den Rest in der Hand und wusste nicht, was er damit machen sollte.
    «In meiner Zeit als junger Schupo hatte ich ihn zum Chef», sagte Thann und lachte. «Einmal hat er mich mit Donnerwetter zum Friseur geschickt. Und wehe, man hat die Dienstmütze im Streifenwagen liegen gelassen. Ende der Siebziger. Da waren wir keine Dienstleister, nicht wahr, sondern noch so etwas wie staatliche Autorität.»
    Vincent musste an Opas heisere Stimme denken, an den Geruch von Zigarettenrauch, der den Alten stets umgeben hatte. An einen Spruch, der oft gefallen war: Ordnung führt zu allen Tugenden . Auch zu Hause hatte Gerhard Veih strenge Regeln aufgestellt. Die Haare kurz, das Zimmer stets aufgeräumt, keine Jeans an Sonntagen. Saubere Schuhe, die Vincent als Junge selbst putzen musste. Ihm fielen Redewendungen ein, die er zuvor bei seiner Mutter nie gehört hatte: jüdische Hast, polnische Wirtschaft .
    Er war acht Jahre alt gewesen, als er zu den Großeltern nach Uedesheim kam. Zehn, als Opa pensioniert wurde, und sechzehn, ein wilder Bursche, als der Krebs den Alten besiegte. Die letzten Wochen war der große, unbeugsame Gerhard Veih stumm gewesen – man hatte ihm den Kehlkopf entfernt.
    Gleich spricht mich der Inspektionsleiter auch noch auf meine Mutter an, fürchtete Vincent.
    «Der Brand am Seestern war also ein Unfall», sagte Thann stattdessen und kratzte sich, wo über der Stirn sein Haaransatz zurückwich.
    «Der Klassiker, meint der Sachverständige. Eines der Opfer hatte seine Klamotten zum Trocknen auf den Heizlüfter gelegt. Ich habe gerade in Absprache mit der Staatsanwaltschaft den Tatort freigegeben und eine Mail dazu geschrieben. Müsste in Ihrem Eingangsordner liegen.»
    «Hab’s gesehen.» Die Antwort kam schroff, als sei mit der E-Mail etwas nicht in Ordnung.
    «Auf jeden Fall hätte dieses Zelt nicht als Unterkunft genutzt werden dürfen», fasste Vincent zusammen. «Die Brandleute suchen jetzt den Verantwortlichen.»
    Er hatte eben noch mit den zuständigen Sachbearbeitern gesprochen. Osterkamps Sicherheitskoordinator wusste angeblich von nichts. Es schien ein wirres Geflecht an Subunternehmern zu geben, eine Firma schob der anderen die Schuld zu. Womöglich hatte auch das Bauordnungsamt nicht genau hingeguckt.
    «Einen Anschlag können wir also mit Sicherheit ausschließen?», fragte Thann noch einmal.
    «Ja. Die Mordkommission ist wieder außen vor.»
    «Gut.» Thann räusperte sich. «Da ist noch etwas, Sie betreffend.» Seine Zunge fuhr in seinem Mund herum wie ein Tier, das man nicht einfangen konnte. Er reckte das Kinn. «Hat
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