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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
Autoren: Liane Merciel
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verstümmelte Marionette aus Fleisch und Knochen.
    »Der Wahnsinnige Gott hat Euch geholt«, flüsterte sie.
    »Nein. Nein. Da ist ein Dämon. Eine Stimme im Stein. Er hat mich nicht geholt … aber er versucht es. Er versucht es. Ich höre ihn. Er flüstert … bietet mir Macht an. Bietet mir Frieden an. Solche Träume. Solche Drohungen.« Corban schüttelte energisch den Kopf und ließ beinahe seine Armbrust fallen. Stücke von etwas – Haar? Fleisch? Verderbtheit? – flogen von seiner Kopfhaut davon, schlugen auf dem Wasser auf und verschwanden. »Immerzu flüstert er. Und er tut mir weh, tut mir weh, damit ich gehorche. Er treibt mich an wie einen geprügelten Ochsen … Und die Götter mögen mir helfen, die Götter mögen mir vergeben, ich habe mich von diesen Schlägen treiben lassen. Ich habe gesündigt.«
    »Ist das der Grund, warum Ihr Euch selbst geschnitten habt?« Asharre achtete darauf, dass ihre Stimme ruhig war und sie sich langsam bewegte. Der Zustand des Mannes stieß sie ab und jagte ihr Angst ein, aber es war ihre Pflicht, dieser Sache ein Ende zu bereiten. Sie machte noch einen Schritt auf ihn zu.
    »Ich habe das verräterische Fleisch abgeschnitten. Die … die Hand, die Schwarzfeuerstein berührt hat, die Zunge, die ihn geschmeckt hat, das Auge, das ihn gesehen hat und mehr wollte. Ich wollte es so sehr.« Seine mageren Schultern wurden von einem weiteren Schluchzen erschüttert. »Ich musste einfach wollen … Also habe ich die Sünde abgetötet. Um mich zu bestrafen. Um es ihm zu zeigen. Ich wollte nicht nachgeben. Ich wollte nicht kapitulieren. Nach all seinen Tricks, all seinen Fallen … Es reicht.«
    Eine weiterer Schritt, und sie wäre nahe genug, um zuzuschlagen. Sie musste ihn nur noch ein kleines Weilchen länger ablenken. »Warum habt Ihr es getan?«
    »Weil ich es für möglich hielt, die Macht der Götter von ihrem Zweck zu trennen.« Ein Lachen stockte erstickt in seiner Kehle. »Ich habe das geglaubt. So … so ein Narr. So ein habgieriger Narr!«
    Sie war jetzt so nahe, dass Aurandanes blaues Licht auf Corban fiel. Er prallte zurück, aber nicht schnell genug, um zu verhindern, dass ihn ein plötzliches Aufflammen von Magie verschlang. Etwas von der Umwölktheit schien ihn zu verlassen; etwas wie Vernunft kroch zurück. Corban betrachtete seine fehlende Hand – die Hand, gemacht aus Schatten, die sich um toten, weißen Knochen wanden –, und seine Züge verzerrten sich in jähem Abscheu. Er riss das Handgelenk hoch und schüttelte es wild hin und her, als könne er die Verderbtheit abschütteln wie Wasser von seiner Haut.
    Er warf den Kopf in den Nacken und heulte durch seine zerfetzten Lippen, ein Laut roher und absoluter Qual, bei dem Asharre zurückfuhr. Doch nicht lange; sie erholte sich schnell und überwand die letzte Entfernung.
    Corban schien sich nicht darum zu kümmern. Keuchend vor Anstrengung erhob er sich auf die Füße und schleuderte die geladene Armbrust davon. Die Waffe flog an Asharre vorbei und landete klappernd am anderen Ende des Stegs, in der Nähe des Tunnels, der zu der Schmugglerhöhle führte.
    »Ich kann das Flüstern nicht lange fernhalten«, keuchte Corban. Er presste den Ballen seiner unversehrten Hand auf sein Kinn und grub die Finger in sein Fleisch. Die Hand kletterte an seinem Gesicht empor wie eine riesige, zuckende Spinne und hinterließ kleine Abdrücke auf Wangen und Stirn. Er starrte Asharre wild durch die Lücken zwischen seinen Fingern an. »Ich habe alles getan, um sie in Schach zu halten. Alles. Ich kann es nicht tun. Er lässt mich nicht gehen. Die Männer, die Ihr getötet habt, die Hunde … Sie waren nicht meine Wachen. Sie waren meine Gefängniswärter. Er hält mich hier fest. Gefangen. Isoliert. Er will das Wissen aus meinem Schädel holen – damit ich meinen ursprünglichen Plan in die Tat umsetze, damit ich Wahnsinn und Tod an Narren verkaufe. Schmerz hat mich nicht gebrochen, also hat er mir stattdessen Bewusstsein gegeben … Er erlaubt mir, mich zu erinnern, lässt mich in Gedanken bei all dem Bösen verweilen, das ich getan habe. Und wenn ich es nicht länger ertragen kann, wenn die Last der Schuld mich vernichtet, werde ich ihn um Vergessen anflehen … Und er wird meinen Geist haben. Es wird geschehen. Er wird siegen. Rettet mich, hohe Dame! Hindert mich daran. Ihr habt ein Schwert. Benutzt es. Benutzt es.«
    »Mit Freuden«, erwiderte Asharre und stieß Aurandane in Corbans Herz.
    Er starb leise. Irgendwie hatte sie
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