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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
Autoren: Liane Merciel
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vergeuden sollte, aber es war kaum eine Überraschung.
    »Ich habe gehört, er soll Kinder getötet haben«, sagte sie, während sie die Tür des Dorns aufschloss. Sie kämpfte ihre Furcht nieder, trat ein und so nah an Malentir heran, dass sie seine Halsfessel zu fassen bekam. Das Glas war warm auf seiner Haut; sein Haar streifte ihre Finger. Er roch nach Bernstein und Bittermandel, schön und giftig.
    »Das haben wir alle«, erwiderte er, und sie spürte die Vibration seines Gelächters durch das Glas. »Vertraut Ihr mir also, dass ich Euch nach Cardental bringe?«
    Statt einer Antwort knackte Bitharn die Halsfessel. Sie trat schnell beiseite und ließ die gebogenen Scherben fallen. »Nicht um meiner selbst willen. Aber die Spinne erwartet Euch dort, bevor der Mond wechselt, und mich mit dazu. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr begierig darauf seid, sie zu enttäuschen.«
    »Allerdings nicht«, murmelte Malentir und folgte ihr aus seinem Gefängnis. Er ging zur Nordzelle und warf einen Blick durch die transparenten Gitterstäbe. Dabei wandte er Bitharn den Rücken zu, sodass sie seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte, aber was immer er zeigte, entlockte dem Mann auf der anderen Seite der Gitterstäbe ein weiteres Gewimmer. »Habt Ihr einen Schlüssel?«
    »Nein.«
    »Habt Ihr ein Messer?«
    Wortlos zog sie ihren Dolch aus der Scheide und hielt ihn ihm hin. Er nahm ihn entgegen und schloss die Hand um die Klinge, dann stieß er einen Seufzer aus, als ihm das Blut durch die Finger rann. Schließlich ließ er das Messer los und presste die verstümmelte Hand auf das Schloss von Parnas’ Tür. Das Glas zersplitterte mit einem hohen, melodischen Klirren, und Parnas stöhnte. Bitharn hörte die Nägel des Mannes über den Boden kratzen, als er rückwärts durch die Zelle kroch.
    Sie wandte den Blick ab und wünschte, sie hätte ihr Gehör ebenso leicht abschotten können wie ihr Sehvermögen.
    Irgendwann später erstarben die Schreie. Eine Weile danach kehrte Malentir zurück. Er hatte sich den größten Teil des Blutes von den Händen gewischt, aber unter seinen Fingernägeln waren noch immer rote Halbmonde zu erkennen. Ein dunkelrotes Rinnsal schlängelte sich über den Boden von Parnas’ Zelle.
    »Seid Ihr bereit?«, fragte er und reichte ihr den Dolch zurück. Klinge und Griff waren nass vom Blut; Bitharn hielt das Messer zwischen zwei Fingern, betrachtete es angewidert und ließ es auf den Boden fallen.
    »Jetzt, da ich von einem entflohenen Dorn überwältigt und entführt wurde, ja«, antwortete sie honigsüß und fand ein flüchtiges Vergnügen an seiner Überraschung. Die Beweise waren vernichtend: eine zerbrochene Halsfessel, eine durch Magie zerschmetterte Tür und ein Gefangener, der mit ihrem offensichtlich gestohlenen Messer getötet worden war. Die letzten Spuren des Giftes, das sie bei Versiel angewendet hatte, würden bis zum Morgen schmelzen, sodass man auch seine von der Droge heraufbeschworenen Träume auf die Magie des Dorns zurückführen konnte.
    Selbst durch ihren Ärger verspürte Bitharn ein grelles Aufblitzen von Befriedigung. Sie konnte ihn ohne Weiteres wieder in die Falle locken.
    Doch die Befriedigung hielt nicht lange an. »Kommt«, sagte Malentir und bedeutete ihr, ihm in die Zelle des Toten zu folgen. Bitharn sperrte sich. »Warum?«
    »Wir benötigen Schatten, um diesen Ort zu verlassen. Dieser Turm wurde so angelegt, dass von allen Seiten Licht hereinflutet. Euer Umhang mag unsere Köpfe verbergen, aber von unten würde dennoch Licht hereinkommen. Ich brauche für meinen Zauber absolute Dunkelheit. Parnas wird uns helfen.«
    Widerstrebend trat sie in die Zelle. Der Geruch nach Blut hing süß und faulig in der Luft, und mit ihm kam der ekelerregende Gestank von Galle. Parnas lag der Länge nach auf dem Glasboden, die Eingeweide um seine Beine gewickelt. Ein Stück Darm klemmte zwischen seinen Zähnen: Der Dornenlord hatte den Mann mit seinen eigenen Eingeweiden erwürgt. Bitharn zog scharf die Luft ein und wandte den Blick ab, aber die Obszönität des Todes hatte sich ihr ins Gehirn eingebrannt. Sie hatte zugelassen, dass es geschah, und sie trug ihren Anteil an der Schuld.
    »Er war ein jämmerlicher Kerl«, bemerkte Malentir, der sie beobachtete. »Ein Mörder und ein Feigling. Ein verschwendetes Leben.«
    »Das spielt keine Rolle.«
    »Ach nein? Ich glaube, es ist entscheidend. Oder sollte es jedenfalls sein.« Er stieg auf den Leichnam und hielt mühelos das
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