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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber
Autoren: Wolfgang Burger
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Flüge bis auf eine saftige Bearbeitungsgebühr zurückzubekommen. Vierhundertfünfzig Euro immerhin. Da konnte man schon mal etwas großzügiger sein.
    »So … zweihundert vielleicht?«, schlug Louise mit fragendängstlichem Blick vor.
    Das ging ja noch.
    »Für jede natürlich«, fügte Sarah mit ihrem unnachahmlichen Wird-ja-sowieso-wieder-nichts-Blick hinzu.
    »Alles in allem bräuchten wir ungefähr, na ja, so vierhundertfünfzig vielleicht.«
    Konnten sie Gedanken lesen? Oder hatte ich versehentlich die Abrechnung der Fluggesellschaft auf meinem Schreibtisch herumliegen lassen?
    »Na ja … Also, ich weiß nicht so recht.«
    Louise legte ihre schmale, kühle Hand auf meine und sah mich voller Wärme und Mitgefühl an. »Wir wissen, Paps, dass das viel Geld ist. Aber sieh mal, mit Portugal, da haben wir doch auch was gespart …«
    Eindeutig, sie hatten die Abrechnung gesehen.
    »In Gottes Namen«, brachte ich noch heraus, und dann hingen zwei kreischende, gertenschlanke und gerstenblonde, knapp fünfzehn Jahre alte und ein klein wenig nach Pferdemist müffelnde Töchter an meinem Hals.
    »Wir nehmen auch immer die Straßenbahn«, versprach Sarah, als man sich wieder beruhigt hatte. »Du brauchst uns gar nicht zu fahren.«
    »Mit dem Rad, haben wir gesagt«, widersprach Louise. »Das kostet nichts. Das hatten wir doch schon geklärt.«
    »Ich mein ja bloß, wenn’s mal regnet oder so.«
    »Wie oft muss so ein Pferd eigentlich gepflegt werden? Einmal die Woche? Zweimal?«
    »Jeden Tag, natürlich«, klärte Sarah mich mit tadelndem Kopfschütteln auf. »Du isst doch auch jeden Tag und putzt dir die Zähne!«
    »Könnten wir das Geld jetzt gleich haben?«, fragte Louise. »Die Geschäfte haben noch auf.«
    Augenblicke später wirbelten sie davon. Ich setzte mich mit einer Kanne Wasser, dem Tucholsky und der Tageszeitung auf den Westbalkon. Die Sonne würde in wenigen Minuten hinter den Dächern der gegenüberliegenden Häuser verschwinden. Ein leichter Wind ging, die Blumen im Garten, um die sich Frau Gerling aus dem Erdgeschoss so selbstlos kümmerte, dufteten um die Wette mit Gegrilltem. Irgendwo in der Nähe gab jemand eine Freiluftparty.
    Es ist so schön, Kinder glücklich zu machen. Wenn es nur nicht so verflixt teuer wäre.
     
    Es war kurz vor acht, als mich mein Handy aufschreckte. Tucholsky hatte inzwischen in Stockholm zusammen mit seiner Lydia einen Dolmetscher engagiert, und man war auf der Suche nach einem geeigneten Domizil für die Ferien. Reisen muss damals unvorstellbar umständlich gewesen sein.
    Im Lokalteil der Rhein-Neckar-Zeitung ging es wieder einmal um die Einbruchserie im Odenwald. Die Täter gingen immer nach dem gleichen Muster vor: Sie hebelten eine von der Straße aus nicht einsehbare Terrassentür auf, wobei sie immer so vorsichtig zu Werke gingen, dass sich der Schaden auf ein Minimum beschränkte. Dann durchsuchten sie in aller Ruhe das Haus, ohne dabei jedoch die übliche Unordnung zu machen, stahlen mit Umsicht ausschließlich Bares und Dinge, die leicht und risikolos zu Geld zu machen waren. Schmuck, der nichts wert war, oder Rolex-Uhren aus chinesischer Produktion blieben immer liegen. Das Merkwürdige war, dass die Hausbesitzer oft alles getan hatten, um zu verheimlichen, dass sie länger abwesend sein würden. Nachbarn leerten regelmäßig den Briefkasten, Schaltuhren sorgten dafür, dass abends hin und wieder Licht war. Und dennoch schienen die Einbrecher genau zu wissen, dass das Haus leer stand.
    Das Handy fand ich in der Küche.
    »Kümmel«, sagte eine ungewöhnlich helle Männerstimme, »Neurologie. Es geht um diese Frau.«
    Ich setzte mich auf einen Stuhl. Doktor Kümmel war Oberarzt und Anästhesist am Uniklinikum. Er sprach hastig. So als wollte er eine lästige Angelegenheit rasch hinter sich bringen.
    »Sie haben Schwester Melanie gefragt, ob sich wer nach ihr erkundigt hat. Und da hat tatsächlich mal einer angerufen. Das war zwei Tage nachdem sie eingeliefert wurde. Dienstagmorgen, ich weiß es zufällig noch genau, weil wir in der Nacht davor jede Menge Einlieferungen hatten.«
    »Ein Mann? Was hat er gewollt?«
    »Das war ein bisschen merkwürdig. Ich habe ihn natürlich gefragt, ob er mit der Frau verwandt ist. Sonst geben wir ja keine Auskünfte. Da hat er Ja gesagt, und als ich dann seinen Namen wissen wollte, hat er ein bisschen lang überlegen müssen, bis ihm ›Müller‹ eingefallen ist. Was er wollte? Wissen, wie’s ihr geht, natürlich. Ob sie
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