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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod
Autoren: Greg Iles
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lachen. Er kletterte aus dem Kahn. »Tatsache ist, daß ich ein paar Burschen kenne, die jederzeit und liebend gern bereit wären, gegen dich in einem Trinkwettbewerb mit einem Getränk deiner Wahl anzutreten.«
    »Burschen?« David starrte seinen Bruder an. »Hast du wirklich Burschen gesagt, Mark? Wir müssen dich sofort wieder in die Staaten zurückbringen, alter Knabe. Und zwar nach Georgia. Du klingst wie der Große Gatsby.«
    »Ich spiele nur die passende Rolle zu deinem Tom Buchanan.«
    David stöhnte. »Wir sollten besser gleich zu Whiskey übergehen. Ein bißchen Kentucky-Bourbon wird dir diesen Britischen Akzent schon aus der Kehle spülen.«
    »Leider gibt es hier in Oxford keine Vorräte des Golds von Kentucky, Schlaumeier.«
    David grinste. »Deshalb habe ich einen halben Liter mitgebracht. Hat mich 30 Mäuse auf dem Schwarzmarkt gekostet. Dieses affektierte britische Gesöff würde ich noch nicht mal trinken, wenn ich am Verdursten wäre.«
    Schweigend überquerten sie Christ Church Meadow. David trank einige kräftige Schlucke aus der Flasche, die er in seiner Fliegertasche verstaut hatte. Mark hingegen lehnte die wiederholten Angebote seines Bruders ab, ebenfalls einen Schluck Whiskey zu trinken. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn David ebenfalls nüchtern und klar geblieben wäre, aber daran konnte er nichts ändern.
    Wenn sie so nebeneinander hergingen, traten die Unterschiede zwischen den beiden Brüdern deutlicher zutage. David war untersetzt und kräftig, Mark hingegen groß und schlank. Er besaß den Körperbau eines Langstreckenläufers, bewegte sich mit geschmeidigen, langen Schritten, und sein Gang strahlte eine Sicherheit aus, die er sich durch jahrelanges Training und viele Querfeldein-Hindernisrennen angeeignet hatte. Seine großen Hände zierten lange, schlanke Finger. Es seien Chirurgenhände, hatte sein Vater immer stolz verkündet, dabei war Mark damals noch ein Kind gewesen. David hatte die strahlenden blauen Augen ihrer Mutter geerbt; Marks waren dunkelbraun - ein weiteres Vermächtnis seines Vaters. Und während David schnell lächelte oder einen Hieb austeilte, ließ sich Mark meist nur den nachdenklichen Blick eines Mannes entlocken, der alle Seiten eines Themas sorgfältig abwägt, bevor er handelt.
    Mark entschied sich für das Welsh Pony in der George Street. In dem Pub war zwar abends eine Menge los, aber man wurde auch in Ruhe gelassen, wenn man wollte. Mark ging nach oben an eine der beiden Hauptbars und bestellte zwei Bier, die sie dann an einen Tisch mitnehmen konnten. Anschließend führte er David in die hinteren Räume des Pubs. Bevor er sein Glas auch nur halb geleert hatte, fiel ihm auf, daß David wohl schon eine Menge Whiskey intus hatte; das Stout fiel da nicht weiter auf. Trotzdem wirkte er verblüffend nüchtern. Darin ähnelte er ihrem Vater, wenn er auch sonst nichts von ihm hatte.
    »Was beschäftigt dich eigentlich so, Mac?« fragte David plötzlich. »Ich habe schon den ganzen Tag das Gefühl, daß du etwas sagen willst, es dir aber verkneifst. Du benimmst dich wie ein altes Opossum, das um eine Mülltonne herumschleicht. Das macht mich verrückt. Rück endlich raus damit!«
    Mark lehnte sich auf dem massiven Eichenstuhl zurück und trank einen kräftigen Schluck. »David, was ist das für ein Gefühl, eine deutsche Stadt zu bombardieren?«
    »Was meinst du damit?« David richtete sich auf. Er war verwirrt. »Willst du damit sagen, daß ich Angst hätte?«
    »Nein. Ich meinte, wie es sich anfühlt, die Bomben abzuwerfen. Wie fühlt es sich an, eine 500-Pfund-Bombe nach der anderen über einer Stadt auszuklinken, von der du weißt, daß sie voller Frauen und Kinder ist?«
    »Nun, ich werfe sie ja gar nicht ab. Das macht der Bombenschütze. Ich fliege nur die Maschine.«
    »So machst du das also. Du distanzierst dich davon. Mental, meine ich.«
    David warf seinem Bruder einen scharfen Blick zu. »Jesus, laß uns bloß nicht damit anfangen, okay? Reicht es nicht, daß ich mir den ganzen Mist von Dad anhören mußte, als ich mich freiwillig gemeldet habe? Willst du jetzt seine Rolle übernehmen, weil er tot ist?« Er machte eine weitausholende Armbewegung, die den gesamten Pub und die verschneite Gasse draußen vor dem Fenster mit einbezog. »Du sitzt hier in deinem kleinen Land von Oz und spielst Planspielchen mit anderen Eierköpfen. Da verliert man rasch den Kontakt zur Realität und vergißt, warum man sich überhaupt in diesem Krieg engagiert.«
    Mark hob
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