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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod
Autoren: Greg Iles
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Ende der Welt hierher und wollen sofort wieder dahin zurück? Setzen Sie sich, Doktor.«
    Auf dem Weg zum Sofa bemerkte ich das Bild. Als ich das erste Mal die Regale betrachtet hatte, war es mir unter den vielen anderen nicht aufgefallen. Aber jetzt stach es heraus wie ein Leuchtfeuer. Es war ein Schwarzweißfoto, mit fast derselben Patina wie die Fotografie, die ich mitgebracht hatte. Es zeigte einen Mann Anfang 30, der vor einem dunklen Holzbalken stand. Sein intensiver Gesichtsausdruck und sein schlaksiger Körper hätten auch mir gehören können.
    Jetzt war mir alles klar. In der Dunkelheit dieser letzten Nacht im Bauernhaus hatten sie sich abwechselnd vor den Balken gestellt und sich fotografiert. Vermutlich glaubten sie, daß ihre Fotos auf dem Film das einzige sein würden, das von ihnen übrigblieb. Ich hatte einen Kloß im Hals.
    »Ich würde Ihnen gerne einige Fragen stellen, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, brachte ich dann schließlich doch hervor.
    »Sind Sie verheiratet, Doktor?« fragte die alte Frau.
    »Was? Verheiratet? Nein.«
    »Die Menschen warten heute zu lange damit. Katarina ist auch so jemand.«
    »Oma!« rief ihre Enkelin verlegen.
    Anna Hastings lachte. »Zu wählerisch, zu schüchtern. Niemand ist gut genug. Geh, und mach uns bitte einen Kaffee, Mädchen.«
    Anna scheuchte mich vom Regal weg. »Gehen Sie mit ihr, Doktor. Helfen Sie ihr, den Zucker zu suchen. Sie nimmt natürlich Nutra-Sweet. Geht schon, ihr beiden.«
    »Aber ich habe wirklich einige Fragen ... «
    Das ehemalige Fräulein Anna Kaas legte ihre Hand auf den Mund. Jetzt erst sah ich, wieviel Kraft es sie kostete, ihre Beherrschung zu behalten. »Ihr Großvater war ein großartiger Mann«, sagte sie. »Mutig und loyal. Was sonst hat jemanden weiter zu interessieren? Wir können noch lange genug über die Vergangenheit reden. Gehen Sie und machen Sie den Kaffee. Bitte.«
    Katarina ergriff meine Hand und zog mich aus dem Raum.
    Sie führte mich in eine makellos saubere Küche, öffnete den Kühlschrank und nahm eine Dose mit Kaffee heraus. Aus irgendeinem Grund konnte ich den Blick nicht von ihr abwenden. Ich sagte mir, das sei eine Projektion. Daß ich jetzt, nachdem ich die Geschichte von der mutigen deutschen Krankenschwester gehört hatte, die eigentlich die ältere Frau im Nebenzimmer war, ihre Enkelin mit ihrer Persönlichkeit ausgestattet hatte. Aber trotzdem konnte ich weder die Schönheit der jungen Frau leugnen, noch die Intelligenz im klaren Blick ihrer strahlenden Augen.
    »Ich habe sie noch nie so aufgeregt erlebt«, sagte Katarina, während sie Wasser in die Kaffeemaschine goß. »Ich glaube, es wird ihr helfen, mit Ihnen zu reden. Selbst wenn sie immer so tut, als wäre die Vergangenheit tot, verfolgt sie sie doch. Bleiben Sie über Nacht in New York? Haben Sie ein Hotel?«
    »Nein. Ich hatte eigentlich vor, heute abend wieder zurückzufliegen.«
    »Heute abend? Aber das ist ja verrückt. Sie können hier bei uns bleiben ... «
    Sie errötete plötzlich, als hätte sie gerade bemerkt, daß sie eine unsichtbare Linie überschritten hatte. »Entschuldigen Sie«, sagte sie. »Ich weiß, wie es in der Medizin ist. Sie müssen sicher sofort zurück.«
    »Katarina«, sagte ich leise. »Ich weiß gar nicht genau, warum ich eigentlich hierhergekommen bin. Ich habe überhaupt nichts ... nichts geplant.«
    Katarina hob den Kopf und sah mir in die Augen. »Nennen Sie mich Kat«, sagte sie. »So nennen mich alle.«
    »Kat.« Ich ließ mir den Namen auf der Zunge zergehen. »Kat, ich würde sehr gern bleiben. Selbstverständlich nur, falls Sie ein Zimmer für mich haben.«
    Sie lächelte.

Nachwort

    Schwarzer Tod ist ein Roman, eine historische Fiktion. In gewissen Fällen habe ich mir aus dramaturgischen Gründen kleine Freiheiten erlaubt, was Tatsachen oder Zeitrahmen angeht, aber ohne wesentliche historische Wahrheiten zu verfälschen.
    Es gab kein Konzentrationslager mit dem Namen Totenhausen in Mecklenburg; aber es gab viel zu viele solcher Lager in ganz Deutschland und Polen. Die medizinischen Experimente, die in dem Buch beschrieben wurden und die Dr. Clauberg betreffen, sind dokumentierte Tatsachen. Die Meningitisexperimente sind fiktiv, aber sie kommen in ihrem Grauen und in ihrer Wirkung längst nicht an die Experimente heran, die einige Naziärzte tatsächlich durchgeführt haben.
    Das Victoria-Kreuz, Englands höchste militärische Auszeichnung, ist wirklich nur einem einzigen Nichtbriten verliehen worden: >Dem
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