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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz
Autoren: Tanith Lee
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überhaupt nichts. Ruth besteht einzig aus einer Ansammlung von Instinkten und urzeitlichen Talenten. Du hast sie wie Unkraut aufwachsen lassen. Viel Gleichgültigkeit, um sie stark zu machen, und keinerlei Führung, um sie in ihre Grenzen zu verweisen.«
    » Also ist es meine Schuld.«
    » Wahrscheinlich.«
    » Dann lass mich die Verantwortung dafür übernehmen. Gib mir Ruth.«
    Er setzte sich auf. Im Sturmlicht des Fensters wirkte er hart und weiß wie Marmor.
    » Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich ihr das Genick gebrochen.«
    » Sie ist auch dein Kind.«
    » Ich weiß.«
    » Wie lange werden sie sie in ihrem Käfig gefangen halten? Was wird geschehen, wenn sie sie freilassen? Die Scarabae werden damit nicht zurechtkommen.«
    » Sie sind schon mit anderen Sachen fertiggeworden, mit viel schlimmeren Dingen.«
    » Diese Geschichte über Camillo …«
    » Die Geschichte ist wahr. Er wurde gemäß der Familientradition mit einem Mädchen verheiratet und ist in der Hochzeitsnacht über sie hergefallen. Sie ist verblutet.«
    » Das hat nichts damit zu tun.«
    » Nein. Wahrscheinlich war das, was Camillo getan hat, ein Versehen.«
    » Ruth wusste nicht, was sie tat.«
    Er stand auf. Er ging auf Rachaela zu und stellte sich vor sie hin. Sie wollte sich davon nicht einschüchtern lassen.
    » Bitte hilf mir, Adamus. Hilf mir, sie rauszuholen. Ich werde sie fortbringen. Du kannst sie vergessen.«
    » Es ist unvergesslich.«
    » Dann kannst du doch nicht wollen, dass sie bleibt.«
    » Es spielt für mich keine Rolle mehr.«
    » Ein Grund mehr …«
    » Das alles. Ruth, das Haus, die anderen. Was bedeutet das schon? Gar nichts.«
    Sie machte schließlich doch einen unfreiwilligen Schritt nach hinten, und er hielt sie im nächsten Augenblick an den Armen fest.
    » Und du«, sagte er, » die tapfere Mutter, die für ihr Kind kämpft. Du hättest sie aus dir herausschneiden lassen.«
    » Und du«, gab sie zurück, » du hast mich bestiegen wie ein Stier eine Kuh. Und dann war der Fall für dich erledigt. Du hättest dasselbe auch mit Ruth gemacht.«
    Er hielt sie in eisernem Griff, so dass sie sich kaum bewegen konnte, und grinste sie mit seinen toten, schwarzen Augen an.
    » Nichts bedeutet mehr etwas. Aber ich weiß, warum du hier bist. Also gut.«
    Er wirbelte sie herum, bevor sie sich von ihm befreien konnte, und warf sie aufs Bett.
    Sie versuchte, sich aus seinen Armen zu schlängeln, er drückte sie zurück. Sein Gewicht presste sie in die Laken. Jeder Zoll ihres Körpers war von seinem bedeckt. Was sie befürchtet hatte, geschah.
    Rachaela befreite ihre rechte Hand und schlug ihn so fest sie konnte ins Gesicht. Er ergriff ihre Hand und drückte sie nieder. Sie versuchte, die Knie anzuwinkeln, doch er war zu schwer. Sein Gesicht war ausdruckslos, und doch wirkte es vor Konzentration leicht verzerrt. Seine Augen blickten stumpf wie schwarze Kohle – Ruths Augen. Als er seinen Kopf über sie neigte, grub sie ihre Zähne in seinen Hals. Sie biss hart zu und meinte, sein Blut zu schmecken.
    Eine schreckliche Begierde wand sich wie eine Schlange in ihrem Körper.
    Er schnellte zurück, und sie schlug ihm mit der linken Hand ins Gesicht.
    Sie hielt sich an seinem Körper fest, und als er ihr rechtes Handgelenk ebenfalls freiließ, krallte sie sich in sein schwarzes Haar. Sie schlug ihn und zerrte an ihm, klammerte sich mit den Fingern an seinen schlanken, harten Körper, als wollte sie einen Berg besteigen. Sie schlang ihre Beine um ihn, und ihr Rock riss an der Naht entlang auf.
    Wieder und wieder schrie sie seinen Namen.
    Im letzten Moment barg sie ihr Gesicht an seinem Nacken, ihr geöffneter Mund lag auf seiner Haut.
    Bebende Schauer rannen durch ihren Körper, sie schmolz, krallte sich fest, wurde herumgewirbelt und zurückgeworfen. Sie tauchte aus dem Delirium auf und fiel aufs Bett zurück.
    Als sie die Augen öffnete, hatte er sie verlassen. Er stand vor dem okkulten Fenster.
    » So viel dazu«, sagte er.
    Eine Welle der Scham überrollte sie. Sie stand auf, zitternd und benommen, ihr Rock flatterte in absurder Weise um ihre Beine.
    An seinem Hals war der Abdruck ihrer Zähne. Er blutete nicht.
    Was geschehen war, raubte ihr die Sprache, durch geschlossene Zähne zischte sie hervor:
    » Ich werde dich nie mehr belästigen.«
    » Das glaube ich.«
    » Zwischen uns hat es nie etwas gegeben. Ruth war ein Versehen.«
    Er beobachtete sie, wartete darauf, dass sie verschwinden würde. Sie hatte ihm noch so viel zu
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