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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen
Autoren: Karl Olsberg
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Verfassungsbeschwerde der islamischen Gemeinde zurück und verweisen auf das lokal gültige Baurecht.«
    »Na sehen Sie!«, sagte Heiner Benz.
    »Wir wissen beide sehr wenig über den Fall«, warf seine Frau ein. »Und ich bin sicher, dass sich Ihre Leser kaum für unsere politische Meinung interessieren!« Ihr Tonfall war immer noch freundlich, aber die unterschwellige Warnung war unüberhörbar: Wenn Faller jetzt nicht das Thema wechselte, war das Interview beendet.
    »Natürlich nicht«, stimmte sie zu, obwohl sie wusste, dass ihre Leser sich sehr wohl dafür interessierten, vor allem, wenn sie Benz’ Aussagen in ihrem Bericht noch etwas zuspitzte. »Kommen wir wieder zurück zu Ihrem Privatleben. Herr Benz, hat es Sie eigentlich nie gestört, dass Ihre Frau früher Sexfilme gedreht hat?«
    Keine zwei Minuten später standen Faller und ihr Fotograf auf der Straße außerhalb des Grundstücks. Sie konnte ein zufriedenes Grinsen nicht unterdrücken. Nach ihrer letzten Frage war Heiner Benz hochgegangen wie eine Bombe. Mit knallrotem Kopf hatte er sie angebrüllt, sie des Hauses verwiesen und ihr juristische Schritte angedroht, falls sie es wagen sollte, auch nur ein Wort über die Sache zu schreiben. Eva Benz hatte mit versteinertem Gesicht |35| und Tränen in den Augen dagesessen. Sie hatte Faller in diesem Moment beinahe leidgetan.
    Bis zu diesem Moment hatte Faller gar nicht gewusst, ob die Gerüchte über die Sexfilmchen tatsächlich stimmten. Sie hatte einfach einen Schuss ins Blaue gewagt. Das Thema war eigentlich auch nicht besonders interessant – solange man nicht Bilder aus den Filmen abdrucken konnte, war es bestenfalls ein winziges Skandälchen, das kaum jemanden hinter dem Ofen hervorlocken würde. Ein im Internet kursierender Filmausschnitt zeigte eine Frau beim Sex, die Eva Benz ähnlich sah, doch ihr Gesicht war darin nicht eindeutig zu erkennen. Original-DVDs waren nicht einmal mehr auf dem Schwarzmarkt aufzutreiben. Wenn es sie wirklich gegeben hatte, musste Benz sie aufgekauft haben.
    Die Frage hatte nur dazu gedient, ihn zu provozieren. Wie gut das funktioniert hatte! Für einen kurzen Moment hatte Faller das wahre, jähzornige Gesicht des Milliardärs zu sehen bekommen – das Antlitz eines Mannes, der seine Feinde mit rücksichtsloser Brutalität bekämpfte.
    »Meinst du, wir können die Geschichte bringen?«, fragte Andreas, als sie im Auto saßen.
    Faller grinste. »Na klar!«
    »Aber er hat uns ausdrücklich untersagt, Bilder und Aussagen aus dem Interview zu verwenden.«
    »Na und? Die beiden sind Personen öffentlichen Interesses, oder etwa nicht? Seit wann lassen wir uns von unseren Interviewpartnern vorschreiben, welche Aussagen wir drucken dürfen?«
    »Du weißt, Dirk hat gesagt …«
    »Mit dem rede ich schon, mach dir deswegen keine Sorgen!« Der neue Chefredakteur war ein echtes Weichei. Er wollte die
Rasant
offenbar in ein richtiges Yellow-Press-Magazin umwandeln – die heile Welt des Hoch- und Geldadels, kombiniert mit Mode, Lebenshilfe und ein paar |36| Rätseln. Keine Provokationen mehr, hatte er gesagt. Wenn wir nicht damit aufhören, Promis zu ärgern, kriegen wir bald überhaupt keine Interviewtermine mehr.
    Was für ein Quatsch! Die
Rasant
hatte schon immer von ihren Skandalberichten gelebt, und Faller war eine zuverlässige Lieferantin solcher Geschichten. Die Promis fürchteten sie zwar, lechzten aber auch nach der Aufmerksamkeit der Presse. Vielen war eine negative Berichterstattung lieber als gar keine. Manche inszenierten Skandale sogar gezielt, um in die Schlagzeilen zu kommen und so ihre CDs oder Bücher besser verkaufen zu können. Faller spielte dieses Spiel schon seit über zehn Jahren, und es hatte nie Probleme gegeben, Interviewtermine zu bekommen. Die
Rasant
hatte seit Jahren mit Auflagenproblemen zu kämpfen und verschliss durchschnittlich einen Chefredakteur pro Jahr. Faller würde noch immer die Ressortleiterin »Persönliches« sein, wenn Dirk Braun längst nicht mehr da war. Vielleicht würde sie sogar irgendwann selbst an seine Stelle treten – immerhin war sie das »beste Pferd im Stall«, wie ihr der Verlagsleiter einmal gesagt hatte. Ihr fehlte eigentlich nur noch ein großer Wurf, die eine Geschichte, die es bis in die Abendnachrichten schaffte. Dann hätte sie ihr Ziel erreicht.
    Das heutige Interview war sicher keine so bedeutende Sache. Zwar war Heiner Benz ausgerastet und hatte sich ein paar Sprüche geleistet, die man mit etwas Geschick als
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