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Schwarzer Koks (German Edition)

Schwarzer Koks (German Edition)

Titel: Schwarzer Koks (German Edition)
Autoren: James Grenton
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wertvollen tropischen Harthölzern vor Jahren schon abgeholzt und durch mittlerweile wieder aufgegebene Kokafelder ersetzt hatte. Die Luft war zum Schneiden dick, feucht und schwer. Nathans schweißnasse Kleidung klebte wie Klarsichtfolie an seinem Körper; er hatte das Gefühl, in Leim zu waten. Manuel hatte die Machete gezogen. Er hackte sich einen Weg durch Lianen, Laub und tiefhängende Zweige. Seine Miene war härter denn je. Immer wieder funkelte er Nathan an, der ihn ignorierte.
    Wuschhh. Peng.
    Es war der Geschossknall eines Hochgeschwindigkeitsprojektils. Nathan warf sich zu Boden.
    »Hinter uns!«, schrie er.
    Das M-16 schussbereit angehoben, starrte er in den Dschungel. Alles, was er sehen konnte, war eine schwindelerregende Vielfalt von Grün und Braun. Manuel lag schwer atmend neben ihm.
    »Vielleicht ein Irrläufer«, sagte Nathan nach einigen Minuten. Manuel machte Anstalten aufzustehen.
    Wuschhh. Peng.
    Nathan riss Manuel zurück auf die Erde. »Kriech du los. Ich geb dir Deckung.«
    Mit der Behändigkeit einer Schlange glitt Manuel davon. Den Blick über den Lauf der Waffe auf das Dickicht gerichtet, wartete Nathan ab. Niemand schoss. Wer immer das gewesen war, musste seinen Weg fortgesetzt haben. Er kroch hinter Manuel her.
    Stundenlang marschierten sie so vor sich hin, kletterten über moosbewachsene Felsen, glitten in schmale, tiefe Täler mit rauschenden Wasserfällen und üppiger Vegetation. Mal durchwateten sie schnelle, klare Bäche, mal das trübe Wasser eines stehenden Sumpfs. Schließlich rasteten sie an einem Fluss. Nathan rieb sich die Augen und spürte, wie die nervöse Energie der Flucht einer tiefen Müdigkeit zu weichen begann. Nach wie vor schwer atmend, ging er in die Hocke und lehnte sich an einen Baum. Die Reise hatte sich etwas anders entwickelt als geplant.
    Er sah nach den Bildern in seiner Kamera. Einige waren unscharf. Andere waren zu dunkel, da die Belichtungsautomatik wegen der Mischung aus blendender Sonne und den dunklen Schatten des Dschungels durcheinandergekommen war. Aber einige waren immerhin gut genug. Wenn sie die Leute zuhause nicht überzeugten, dann vermochte dies nichts. Er verstaute die Kamera wieder im Rucksack und kniete am Ufer des Flusses nieder. Er schippte sich Wasser ins Gesicht und versuchte die trockene Kruste aus Schlamm, Schweiß und Schmutz von der Stirn zu bekommen. Aber sie saß fest wie eine Gesichtsmaske, die Teil seiner Haut geworden war. Achselzuckend besah er sich sein Spiegelbild: die langen braunen Locken, die verfilzt um den buschigen Bart hingen, die blutunterlaufenen Augen, die schon seit Wochen keinen ordentlichen Schlaf mehr gesehen hatten, die rissigen, sonnenverbrannten Lippen – ein Höhlenbewohner.
    »Wir haben keine Zeit zum Waschen«, sagte Manuel, der Nathan argwöhnisch musterte. »Ist zu gefährlich hier.«
    Sie trotteten weiter, bis Manuel sich schließlich an einen Baum lehnte, der sich wie eine Kathedrale aus Stämmen und Zweigen aus der Erde hob. Die ohnehin schon dämmrige Atmosphäre des Dschungels nahm mit untergehender Sonne noch zu. Schwärme geflügelter Insekten umschwirrten sie.
    »Wir bleiben hier«, sagte Manuel.
    Nathan legte die Stirn auf die über den Knien gekreuzten Unterarme.
    »Verflucht nochmal«, sagte er schnaufend.
    »Nathan, ich fürchte, du musst mir da was erklären.«
    Nathan sah zu ihm auf.
    Manuel zielte mit einer Pistole auf ihn.

Kapitel 2
    Putumayo, Kolumbien
30. März 2011
    Nathan hob die Hände. Sein M-16 fiel zu Boden und versank schmatzend im weichen Schlamm. Manuels junge Züge waren war voller Misstrauen. Der Schweiß hatte ihm Strähnen seines langen schwarzen Haars ins Gesicht geklebt. Er mochte einen Kopf kleiner als Nathan sein, war aber nach all den Jahren harten Überlebens im Dschungel drahtig und zäh.
    »Wo hast du mit einer Waffe umzugehen gelernt?« Manuels Lippen bewegten sich kaum beim Sprechen. »Du hast gesagt, du wärst Fotograf für eine NRO.«
    »Ich
bin
Fotograf.«
    »Wieso weißt du dich dann so gut zu wehren?«
    Nathan schürzte die Lippen. Das also war es, was Manuel Sorgen machte. Jetzt galt es, seine Worte mit Bedacht zu wählen, andernfalls würde es zu kompliziert.
    »Mein Paps war Schießausbilder«, sagte Nathan, während er langsam die Hände sinken ließ. »Ich war mit ihm jedes Wochenende auf dem Schießplatz.« Besser, auf die Wahrheit zu bauen, auch wenn es nicht die ganze Wahrheit war.
    »Und warum die versteckte Waffe?«, fragte Manuel.
    »He, wir
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