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Schwarzer, Alice

Schwarzer, Alice

Titel: Schwarzer, Alice
Autoren: Die grosse Verschleierung
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müssen
allerdings ersetzt werden. In jüngerer Zeit ist zu beobachten, dass viele
Neomuslime keinen muslimischen Zweitnamen mehr haben oder ihn zumindest nicht
offen verwenden. Männern wird die Beschneidung empfohlen.
    Der Übertritt zum Islam wird beurkundet, damit der Neomuslim/die
Neomuslimin jederzeit die neue Glaubenszugehörigkeit nachweisen kann. Auf
muslimischer Seite werden Konversionen zum Islam mit großer Öffentlichkeit und
offener Bewunderung honoriert. Tageszeitungen und Broschüren, Fernsehsender
und Internetportale zeigen das Bild der Neomuslime und interviewen ihn bzw. sie
über ihre Lebensgeschichte und die Motive zur Konversion. Besonders gerne
werden dabei prominente Konvertiten wie Cat Stevens (Yusuf Islam), Cassius Clay
(Mohammed Ali) oder der Fußballstar Franck (Bilal) Ribery vorgeführt. Bei
dieser Form der medialen Inszenierung geht es vor allem um die Botschaft, dass
der Islam auch und gerade für westlich und liberal erzogene und sozialisierte
Menschen - und insbesondere auch für Frauen - attraktiv und heilsam sei.
    Wer hingegen über ehemalige Muslime spricht, die sich dem
Christentum oder auch einer anderen Religion zugewandt haben, erntet
ungläubiges Staunen, bisweilen auch offene Aggression, denn die Reaktionen
liegen zwischen »Ach, so etwas gibt es auch« und »Über diese Schande wird nicht
gesprochen«. Einen Austritt aus dem Islam gibt es nicht, und der Abfall vom
Glauben, der bei offener Leugnung zentraler islamischer Glaubenselemente oder
dem Übertritt zu einer anderen Religion vorliegt, ist nach strenger Auslegung
der Scharia mit dem Tod zu bestrafen.
    Analog gilt auch das Werben für einen anderen Glauben als
den Islam in mehrheitlich islamischen Ländern als Straftatbestand; immer
wieder hat es in den letzten Jahren gewaltsame und tödliche Übergriffe gegen
Kirchenvertreter und (vermeintliche) Missionare gegeben. Was in einzelnen
Ländern auch heute geltendes Recht ist, bestimmt zumindest im übertragenen
Sinne den Umgang mit Glaubensabtrünnigen, insbesondere mit Konvertitinnen zum
Christentum: der Verlust des Familienverbandes, Diskriminierung auf dem
Arbeits- und Wohnungsmarkt, soziale Ausgrenzung bis zu offenen Drohungen und
Lynchjustiz treiben die Betroffenen in den Untergrund oder ins Ausland, wo sie
oft noch den verlängerten Arm verweigerter Religionsfreiheit zu spüren
bekommen.
    Hiesige Medien unterstützen diese Schieflage nach Kräften;
die Berichterstattung über Neomuslime und ehemalige Muslime/Neochristen ist
vollkommen unausgewogen.
    Wie viele Funktionäre und Anhänger konservativer Islamverbände
in Deutschland, so träumt auch der hochrangige Funktionär der Islamischen
Gemeinschaft in Deutschland (IGD), Ahmed von Denffer, von einem demografischen
Wandel zugunsten der Muslime in Deutschland. Dies würde auch eine grundlegende
Veränderung der Rechts- und Gesellschaftsordnung ermöglichen. Zu der Frage, ob
das deutsche Recht das Leben der Muslime nach der Scharia verbietet, führt er
aus: »In der Diskussion wird neuerdings, wie beispielsweise seitens der
CSU-Landtagsfraktion in Bayern, von Muslimen erwartet, dass sie sich schon
jetzt verpflichten, für immer und ewig auf die Verwirklichung islamischer
Rechtsvorstellungen zu verzichten, auch und gerade für den Fall, dass dies
infolge der demographischen Entwicklung zukünftig einmal durch
Mehrheitsentscheidung möglich werden könnte.«
    Rational betrachtet können wir Herrn von Denffer vorläufig
wenig Hoffnung machen, auch wenn es keine ganz zweifelsfreien und belastbaren
Zahlen über gebürtige Muslime und Konvertiten in Deutschland gibt. Dies liegt
zum einen daran, dass die Religionszugehörigkeit der Bürgerinnen und Bürger in
Deutschland an keiner Stelle systematisch erfasst wird, zum anderen daran,
dass diese Zahlen und ihre Verschiebungen ein Politikum sind, bei dem einzelne
Vertreter sehr eigene Interessen im Blick haben. Über Jahre hat man die
Herkunftsländer von Migranten zur Grundlage genommen, dabei aber oftmals
übersehen, dass Türken, Palästinenser und Ägypter auch Christen oder Nichtgläubige
sein können. Mit der wachsenden Zahl von Einbürgerungen, Migrantinnen aus
religiös stark durchmischten Ländern und schließlich auch Konvertitinnen wird
die statistische Lage gänzlich unübersichtlich.
    Auf muslimischer Seite erschwert die Vielfalt und oftmals
Zerstrittenheit von Einrichtungen und Strömungen eine systematische Erfassung
gebürtiger und konvertierter Musliminnen. Mit
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