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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Finn
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trieb ihm die Klinge so durch den Oberkörper, dass sie tief im Fels unter ihm stecken blieb.
    Faust schrie vor Wut, als zwei weitere Höllenhunde über die Wasserfläche auf sie zuschossen. »Tötet ihn!«, schrie Faust, den Salomons Klinge noch immer an den Untergrund heftete. »Labt euch an seinem Fleisch!«
    »Sie werden sich an dir laben, Mistkerl!« Lukas rollte sich von ihm herunter und präsentierte Faust Abaddons Kristallkugel, die dieser noch bis eben unter der Kleidung getragen hatte. »Mich betrachten sie nun als Freund. Und wärst du nicht schon hier, würde ich jetzt mit Freuden sagen:
Fahr zur Hölle!
«
    Im nächsten Moment waren die Dämonen heran und gruben ihre Reißzähne in Fausts Leib. Die gellenden Todesschreie seines Ahnen verfolgten Lukas den Weg hinauf zum Brunnen der verlorenen Hoffnung, doch sie berührten ihn nicht. Nur aus dem Augenwinkel sah er, wie die Dämonen einen blassen Schemen in Menschengestalt aus Agrippas Körper herausrissen und Doktor Fausts wimmernde Seele in den Sündenpfuhl zerrten.
    Sein Ahne war tot.
    Lukas empfand noch nicht einmal Triumph. Er fühlte sich wund und zerschlagen, aber er war noch nicht am Ziel. Hier und jetzt war nicht der Ort, um auszuruhen. Er musste weiter.
    Ratlos starrte er in das Wasser des Brunnens, in dem jetzt wieder Mephisto zu sehen war, der in diesem Augenblick seinen Höllenkörper wie eine schäbige Hülle abstreifte. Verdammt, wo war der Teufel bloß? War dieser Berg etwa der Höllenthron? Lukas ächzte leise vor Enttäuschung. Wo auch immer Luzifer sich befand, er würde zu spät kommen. Andererseits … Das Bild im Brunnen war so klar. So echt. Hatte sich Faust hier oben etwa noch aus einem anderen, sehr viel praktischeren Grund aufgehalten? Lukas fällte einen Entschluss, dann setzte er alles auf eine Karte: Er schloss die Augen und ließ sich mit einem Stoßgebet ins Wasser fallen.
    Eisig kalt spülten die Fluten über ihn hinweg, rissen an ihm und schienen ihn meilenweit fortzutragen. Tobendes Gebrüll kreischte in seinen Ohren und wurde rasend schnell lauter. Als Lukas glaubte, der Kopf müsse ihm platzen, riss er die Augen voller Panik auf und – sah sich umringt von Hunderten Teufeln mit glühenden Augen, ziegenbockartigen Körpern und spitzen Hörnern, die ihn herrschsüchtig und feindselig anstarrten. Ihre unmittelbare Nähe und der bestialische Geruch, der von ihnen ausging, waren so furchterregend, dass Lukas nun endgültig glaubte, den Verstand zu verlieren. Und wäre da nicht der Name Millepertias gewesen, der noch immer wie ein Mantra durch seine Gedanken trieb, hätte er sich nach dem Wahnsinn sogar gesehnt. Ihm war alles recht, wenn er nur nicht mehr hier sein musste. Er dachte an ein Gedicht von Robert Frost, das er einmal gelesen hatte:
The woods are lovely, dark and deep; But I have promises to keep; And miles to go before I sleep.
Er nickte grimmig. Noch durfte er nicht aufgeben. Später vielleicht. Aber nicht jetzt, so nah vor dem Ziel.
    Von weiter oben stach ein heller, fast tröstlicher Lichtschein in seine Augen, der ihm inmitten all des Wahnsinns wie ein Rettungsanker erschien. Das Licht war so unwirklich wie ein sprudelnder Quell in der Wüste. Lukas badete darin und schöpfte neue Kraft. »In mir strömt das Blut Satans!«, brüllte er die Alptraumgestalten an und riss Abaddons Kristallkugel in die Höhe. »Und das hier ist der Schlüssel zum Abgrund. Ich fordere eine Audienz bei dem Teufel. Ich bin hier, um ihm eine Botschaft zu überbringen!«
    Das allgegenwärtige Geifern, Schnauben und Schnaufen nahm einen gereizten Klang an, und Lukas spürte, wie ihm eine Kralle die Kristallkugel aus der Hand fegte. Er befürchtete schon, die Höllengestalten würden ihn einfach zerreißen – als ihnen allen aus dem Licht eine ehrfurchtgebietende Stimme entgegenschlug.
    RÜHRT
IHN
NICHT
AN
!
    Zum Schlag erhobene Klauen senkten sich, und die Heerschar der Teufel blickte zum Gipfel auf. Lukas ignorierte das Stechen, das sein Bein noch immer plagte, und vermied es ebenso, die Gehörnten um sich herum anzusehen. Diese hingegen bildeten nun tatsächlich vor ihm eine Gasse aus roten und schwarzen Leibern, die weit auf den Berg hinauf führte. Und dort, auf dem Gipfel, keine vier Dutzend Meter über sich, ragte vor dem flammenden Höllenhimmel eine bizarre Gestalt auf. Der Leib mit den wuchtigen Hörnern glühte rot wie die Esse, und die borstige Haut war wie der Körper einer Schmetterlingslarve aufgerissen. Darunter glomm
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