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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse
Autoren: Anne Perry
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nicht, soweit ich sehen konnte. Hätte natürlich jemand ohne Beleuchtung unterwegs sein können, wenn er blöd genug war.«
    Â»Hat Hodge irgendetwas zu Ihnen gesagt? Wie sah er aus, gesund?«
    Newbolt beobachtete ihn mit wütendem Blick.
    Â»Wie immer«, antwortete Atkinson. »Sie würden sicher auch so aussehen, wenn sie um halb vier aufstehen würden, um auf einem eisigen Deck zu stehen und Ebbe und Flut zuzusehen.«
    Â»Verschlafen? Wütend? Gelangweilt?«, bohrte Monk nach.
    Â»Er war nicht wütend, aber, ja, er sah angeschlagen aus, der arme Kerl.«
    Â»Vielen Dank.« Dann wandte Monk sich an Louvain: »Kann ich jetzt Hodges Leiche sehen?«
    Â»Natürlich, wenn Sie meinen, dass das etwas bringt«, sagte Louvain bemüht geduldig. Er ging hinüber zur Reling, rief nach dem Fährmann und wartete auf ihn. Er schwang sich über die Reling, packte die Taue der Strickleiter, nickte Newbolt zu und verschwand nach unten.
    Monk folgte ihm, sehr viel vorsichtiger, riss sich auf dem Weg nach unten wieder die Fingerknöchel auf und quetschte
sich die Finger, als er durch die Bewegungen des Wassers gegen den Schiffsbauch geschleudert wurde.
    Sobald er im Boot war, setzte er sich, und er und Louvain wurden wortlos zurück zum Kai gerudert.
    Am oberen Ende der Treppe, die jetzt nicht mehr so lang war, weil Hochwasser herrschte, blies der Wind schärfer und trug Regen mit sich, der in Graupel überging.
    Louvain schlug den Kragen hoch und zog die Schultern zusammen. »Ich zahle Ihnen ein Pfund pro Tag und alle angemessenen Spesen«, erklärte er. »Sie haben zehn Tage, um mein Elfenbein zu finden. Falls Ihnen das gelingt, lege ich noch zwanzig Pfund drauf.« Sein Tonfall ließ erkennen, dass er nicht verhandeln würde. Aber ein Constable bei der Polizei bekam schließlich nur knapp ein Pfund pro Woche. Und Louvain bot ihm siebenmal so viel an, dazu eine Belohnung, falls Monk den Fall erfolgreich abschloss. Es war viel Geld, zu viel, um es abzulehnen. Selbst wenn er das Elfenbein nicht fand, war es mehr, als man bei den meisten Aufträgen verdienen konnte, obwohl ein Scheitern seinem Ruf teuer zu stehen kommen würde. Aber er konnte es sich auch nicht leisten, über die Zukunft nachzudenken, wenn es keine Gegenwart gab.
    Er nickte. »Ich erstatte Ihnen Bericht, wenn es Fortschritte gibt oder ich mehr Informationen brauche.«
    Â»Sie berichten mir auf jeden Fall in zwei Tagen«, antwortete Louvain. »Und jetzt werfen Sie einen Blick auf Hodge.« Er drehte sich auf dem Absatz um und marschierte den Kai entlang in Richtung Straße, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Als Monk ihn eingeholt hatte, gingen sie zusammen weiter und suchten sich zwischen den rumpelnden Wagen ihren Weg. Es war fast dunkel, und Straßenlaternen bildeten ausgefranste Lichtinseln, während Nebel hereintrieb und sich schimmernd auf die Pflastersteine unter ihren Füßen senkte.
    Monk war froh, der Kälte zu entkommen, auch wenn es das Leichenschauhaus war, mit seinem Geruch nach Karbol und Tod. Der Aufseher war noch da, vielleicht war so nah am Fluss
stets jemand anwesend. Er war ein älterer Mann mit einem geschrubbten, rosafarbenen Gesicht und freundlicher Miene. Er erkannte Louvain sofort wieder.
    Â»â€™n Abend, Sir. Sie kommen wegen Mr. Hodge. Seine Witwe ist hier, die arme Seele. Hat keinen Sinn, dass Sie warten. Sie könnte noch ’ne Weile brauchen. Sie wird wohl ihren Frieden machen, schätze ich.«
    Â»Vielen Dank«, erwiderte Louvain. »Mr. Monk begleitet mich.« Und ohne darauf zu warten, dass der Bedienstete ihm den Weg zeigte, ging er voraus in einen Raum, in dem eine große, knochige Frau mit grauem Haar und zarter, blasser Haut schweigend dastand, die Hände gefaltet, und den Mann anschaute, der auf einer Bank lag. Er war bis zum Hals mit einem Laken zugedeckt, das fleckig war und an den Kanten ein wenig fadenscheinig. Sein Gesicht hatte die Blässe des Todes und den merkwürdig eingesunkenen, abwesenden Ausdruck einer Hülle, die nicht mehr vom Geist bewohnt wird. Er war wohl sehr groß gewesen – das ließ der Knochenbau erkennen –, aber jetzt wirkte er kleiner. Es erforderte viel Phantasie, sich vorzustellen, dass er sich bewegt und gesprochen hatte, dass er einen Willen, ja, sogar Leidenschaft besessen hatte.
    Die Frau blickte kurz auf Louvain, dann auf Monk.
    Monk sprach sie zuerst
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