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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde
Autoren: Christine Feher
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noch genau.
    I can’t
    I don’t even want to
    I never would
    It only destroyed
    But after all
    I have seen you
    You have touched me
    Without even laying a finger on my skin
    Ich drehe die Brause ab und hülle mich in mein großes Lieblingsduschtuch, schlinge mir ein zweites als Turban um den Kopf. Beim Zähneputzen höre ich, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wird, meine Mutter ist nach Hause gekommen. Ich beeile mich, fertig zu werden.
    »Valerie?«, höre ich sie durch die geschlossene Badezimmertür rufen. »Bist du schon zurück? Ich habe eine Überraschung für dich mitgebracht!«
    Das kann alles sein. Theaterkarten, ein Buch, von dem sie glaubt, es könne mir nützlich sein. Oder sie hat unterwegs jemanden getroffen, den sie lange nicht gesehen und den sie zum Essen eingeladen hat. Ich spucke den Zahnpastaschaum ins Becken und spüle mir den Mund aus, ehe ich antworte.
    »Was für eine Überraschung?«, frage ich zurück und versuche, dabei nicht allzu alarmiert zu klingen. Ich drehe den Riegel auf und trete in den Korridor. Der Club. Das Unterholz, wo Corvin immer hingeht. Er will mich dort treffen. Heute Abend habe ich eigentlich nichts vor, morgen auch nicht. Vielleicht gehe ich doch noch hin.
    Aus der Küche höre ich meine Mutter mit Geschirr klappern; komisch, dass sie nicht als Erstes herkommt, um mich zu sehen. Dass sie in der Küche hantiert, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt, nachdem sie mich doch zuerst fast nicht fliegen lassen wollte. Aber dann steht plötzlich Alena vor mir. Kopfschüttelnd, die Augen weit aufgerissen.
    »Du?«, stoße ich hervor.
    »Wenigstens bist du nicht abgestürzt«, stellt Alena fest. Mit einem Schritt ist sie bei mir und umklammert mich mit ihren Armen, drückt mir einen Kuss erst auf beide Wangen, dann auf die Lippen. Danach hält sie mich auf Armeslänge ab und taxiert mich, starrt mich an, als wolle sie durch mich hindurch sehen, bis in mein Innerstes, jeden Gedanken einzeln aus meinem Hirn picken, mich aussaugen. »Ich dachte schon.«
    »Wie kommst du darauf?«, frage ich zurück.
    »Weil du neuerdings nicht mehr ans Handy gehst und keine SMS beantwortest. Ich hab dir mindestens fünf Stück geschrieben und drei Mal angerufen. Aber Madame schweigt sich aus.«
    »Ach so.« Ich verdrehe die Augen. »Sorry, ich musste es doch im Flugzeug ausschalten, und danach hab ich vergessen, es wieder anzumachen. War denn was Wichtiges?«
    Alena greift nach meiner Hand und lotst mich in mein Zimmer, als wäre sie dort zu Hause und nicht ich. Ich liebe mein Zimmer, besonders seit ich es im Frühjahr mit Papa zusammen renoviert habe, der sich extra Urlaub genommen hatte, um mir zu helfen. Das könnte er ruhig mal für seine Tochter tun, hatte Mama in diesem scharfen, leicht abfälligen Ton gesagt, den ich an ihr nicht leiden kann. Sich hier mal nützlich machen, statt immer nur zu arbeiten. Weil er immer ein schlechtes Gewissen wegen seiner vielen Überstunden hat, stimmte er sofort zu, und so haben wir in den Osterferien mein noch leicht kindliches Teeniezimmer in den hellen, großzügig und modern gestalteten Wohnraum einer Abiturientin verwandelt. So passt es viel besser zu mir; ich ertappe mich dabei, dass ich mir vorstelle, Corvin wäre bei mir, und mich frage, ob ihm mein Zimmer wohl gefallen würde. Ich lasse meinen Blick über den weißen Flokati schweifen, die fliederfarbenen Wände, deren Ton so unerwartet gut zu den dunklen Naturholzmöbeln passt und sich in den Vorhängen und einigen gezielt ausgesuchten Kerzen, Kissen und Bildern wiederholt. In meiner alten Zimmereinrichtung waren diese Möbel kaum zur Geltung gekommen, waren überladen gewesen mit Stofftieren, bunten Dosen mit Comicfiguren und ausgelesenen Büchern, die ich inzwischen alle an ein Kinderheim gespendet habe, die sonnengelben Wände über und über mit Postern beklebt, Popgruppen, Serienschauspieler, Sonnenuntergänge. Jetzt zieren nur noch gerahmte Bilder meine Wände, Kunstdrucke, die für mich eine Aussage besitzen, wenige gerahmte Fotos von Freunden und unserer Familie. Manuel hatte mein neues Zimmer übertrieben gefunden.
    »Ein Palast für Prinzessin Papizahlt«, hatte er gelästert. »Man traut sich hier drin ja kaum, sich zu bewegen.« Dabei hatten Papa und ich außer für die Vorhänge, die Wandfarbe und die Dekoration gar kein Geld ausgegeben. Die Möbel haben schon meiner Urgroßmutter gehört.
    »Ob was Wichtiges war?«, wiederholt Alena ihre Frage. »Kommt drauf an, was du so
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