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Schwarze Seide, roter Samt

Titel: Schwarze Seide, roter Samt
Autoren: Ann Carlott Fontana
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flüsterte er.
     
    Marco Garibaldi wußte, er war eigentlich Gast des Sakras Salim,
und er hätte den Abend auf der Maria Luna verbringen sollen.
Wahrscheinlich waren es seine schlechten Nerven, die ihn zur
Caribic Crystal getrieben hatten. Die Angst saß ihm ständig im
Nacken. Er wünschte, er hätte sich nie auf den Handel mit Heroin,
nie auf einen Mann wie Taleb eingelassen.
    Das rothaarige Mädchen, das vor ihm lag, die Träger des
schwarzen Seidenbodies von den Schultern gerutscht, die weiße
Haut an Armen und Oberarmen gerötet von seinen hart zupakkenden
Händen, sah seiner letzten Freundin sehr ähnlich und
macht ihn schier rasend. Er bevorzugte diesen Typ: rothaarig,
fast überschlank, sehr blasse Haut, ein paar feine Sommersprossen
im Dekollete. Zu allem Überfluß hatte diese hier nun wirklich
die tollste Reizwäsche an, die er je gesehen hatte. Zwei Begierden
stiegen in Marco gleichermaßen auf: der Wunsch, sie zum zweiten
Mal in seine Arme zu reißen, sie noch einmal so heftig, fast
rücksichtslos zu lieben wie fünf Minuten zuvor, zu spüren, wie
sich ihr Körper unter seinem bewegte, wie ihre Beine ihn umschlangen,
wie ihre langen, roten Fingernägel zarte Linien über
seine Schultern zogen. Und sein anderes Verlangen war es, sie zu
halten wie ein Kind, sie an sich zu pressen und die Wärme ihres
Körpers in seinen fließen zu lassen, ihre Brüste und Schenkel
sanft zu streicheln und sich an sie zu schmiegen, um von ihrer
Kraft und Jugend zu trinken. »He!« sagte er leise. Wie hieß die
Kleine noch? Corinna… »Corinna!«
    Sie schlug die Augen auf. Ein zärtliches, kokettes Lächeln erschien
auf ihrem Gesicht. »Marco?«
    »Fandest du’s schön?« Er erkundigte sich so ängstlich und zugleich
hoffnungsvoll, daß Corinna genau begriff: Für die Versicherung,
er sei einmalig im Bett, würde er die vergangene halbe
Stunde doppelt so teuer bezahlen wie normal. »Du bist ein Zauberer,
Marco«, entgegnete sie daher leise, »ich habe es nie so
erlebt wie mit dir!«
    »Wirklich?«
    »Natürlich, Marco.« Zart strich sie ihm mit dem Finger über die
Wange. Es war nicht ihr erster Urlaub in Torremolinos, daher
kannte sie sich aus im Geschäft – und mit den Männern. Abgebrühte
Vernascher waren sie keineswegs alle. Es gab die harten
Typen, die ein paar Minuten Sex wollten, dann aufstanden, einen
Schein zur Erde segeln ließen und wortlos verschwanden. Andere
sagten irgendetwas: »War nett!« oder »Du siehst ja nicht nur
super aus, Baby!« Wieder andere waren überhaupt nicht ins Bett
zu bringen, sie wollten saufen und ein bißchen kuscheln. Manche
weinten sich aus, erzählten von allem Pech und allen Ungerechtigkeiten
ihres Lebens. Und dann gab es die, deren Ziel es tatsächlich
war, ein bißchen Zärtlichkeit zu finden – und zu denen
gehörte dieser Marco Garibaldi!
    »Hast du morgen abend Zeit?« erkundigte er sich. »Ich habe
jeden Abend Zeit…«
    »Ich würde dich gern auf die Maria Luna einladen. Sie ist ein
Schiff, das… nun«, er machte eine verächtliche Handbewegung,
»sie verschluckt dieses hier dreimal, verstehst du? Und es ist
verdammt viel mehr los als hier…« Er sah Corinna bittend an.
»Kommst du?«
    Corinna hatte die schläfrigen Augen seiner Katze. »Vielleicht…
«
    Er kapierte, stand auf, ging zu seinem Jackett, das er über eine
Sessellehne gehängt hatte, und zog aus der Brusttasche ein kleines
Etui hervor. Als er es Corinna überreichte, flüsterte er: »Für
dich, mein Mäuschen. Weil du so lieb zu mir warst!« Corinna
öffnete die Schachtel. Auf dunkelblauem Samt lag eine weißgoldene
Uhr, deren Ziffernblatt von Saphirsplittern umkränzt wurde.
    Sie ließ sich ihre Zufriedenheit nicht anmerken, schnurrte stattdessen
wie ein Kind, das gar nicht genau weiß, was es da bekommen
hat – aber sie hatte begriffen: Dieser Marco war es wert,
daß man ihn wiedersah.
     
    Marion trug ein rotes Lederkostüm aus Ricardos Boutique, als sie
das Deck betrat. Erleichtert atmete sie die frischere Luft. Das
Erlebnis mit Ricardo hatte sie frustriert. Wenn das so weiterging,
würde sie aus Torremolinos abfliegen, wie sie gekommen war.
    Inzwischen war es dunkel geworden. Unter den Lampions, unter
dem Sternenhimmel wurde getanzt. Die Musik dröhnte laut,
fetzig und rhythmisch. An allen Orten des Schiffes gab es kleine,
in die Wände eingelassene Vertiefungen, in denen sich Lautsprecherboxen
befanden. Niemand, wo immer er sich aufhielt,
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