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Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Titel: Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi
Autoren: Nora Luttmer
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gerichtet.
    »Parteikommissar Hung?«, sagte Ly.
    Keine Antwort.
    Ly schloss die Augen, legte sein Gesicht in die Handflächen und wartete darauf, dass sein Chef wieder einigermaßen ansprechbar sein würde. Der Schlafmangel der letzten Tage machte sich nun bemerkbar. Fast wäre er weggenickt. Er erschrak, als in seiner Hemdtasche das Telefon klingelte. Er sah auf das Display, es war eine Nummer aus Nghe An. Das musste Dung sein. Ly nahm ab.
    »Du hattest recht.« Dung klang außer Atem. »Bestechung, Schmuggel, Erpressung, vielleicht sogar Mord, die ganze Bandbreite.«
    »Was?«
    »Tang Van Xuan, er muss fast so was wie ein Bandenchef hier unten gewesen sein.«
    »Warte.« Lys Finger zitterten, und es dauerte einen Moment, bis er das Telefon laut gestellt hatte. Der Parteikommissar sollte jetzt ruhig mithören.
    »In den 1990ern wurde in Nghe An eine Sondereinheit zur grenzüberschreitenden Kriminalitätsbekämpfung aufgestellt, bekannt unter dem Kürzel PC48«, sagte Dung. »Ist ja von hier nicht weit nach Laos. Tang Van Xuan war der Leiter dieser PC48, und so, wie es aussieht, hat er die Position bis aufs Letzte ausgenutzt. Er soll in Schmuggel verwickelt gewesen sein. Wertvolle Hölzer, Tiere, vielleicht auch Drogen, so genau konnte mir das keiner sagen. Das Haus seiner Eltern auf jeden Fall ist aus teuerstem Tropenholz gebaut. Ich bin da gestern mal vorbeigefahren.« Ly hörte Dung Luft holen, bevor er weitersprach. Er schien mindestens so aufgeregt zu sein wie Ly. »Anfangs hat er wohl nur Gelder angenommen. Dochdann hat er irgendwann begonnen, den Schmuggel selbst zu organisieren. Und die, die ihn vorher bestochen haben, hat er erpresst und für sich arbeiten lassen. Er muss sich da ein ziemlich ausgeklügeltes Netzwerk aufgebaut haben.«
    »Einer unserer eigenen Leute. Unglaublich, einfach unglaublich«, flüsterte der Parteikommissar und rannte weiter auf und ab. Ly dachte an die Razzien im chinesischen Chongqing und die leeren Polizeiflure. Kein Wunder, dass Xuan sich so über den Artikel amüsiert hatte.
    »Niemand hat gegen ihn ausgesagt?«, fragte Ly.
    Dung gab ein Murren von sich. »Also, es soll da drei Männer gegeben haben, die aussagen wollten. Aber …«
    »Aber?«
    »Sie sind leider alle drei vorher umgekommen. Einer wurde von einem Baum erschlagen, die beiden anderen wurden überfahren.«
    »Es ist also nie zu einer Anklage gekommen?«, fragte Ly und fügte gleich selbst hinzu: »Es gab ja nicht einmal einen Aktenvermerk.«
    »Offiziell hat er eine weiße Weste, was natürlich einigen hier in Nghe An ganz gut zupasskam«, sagte Dung. »Es wäre ja auch zu peinlich, zugeben zu müssen, dass jemand wie dieser Xuan für sie arbeitete.«
    »Und Parteimitglied ist Tang Van Xuan auch noch«, sagte Parteikommissar Hung mit einem jammernden Tonfall.
    »Wie hat Xuan es zu der Stelle in Hanoi gebracht?«, fragte Ly.
    »Sie wollten ihn loswerden«, antwortete Dung. Und so habe man ihn einfach mal schnell in die Hauptstadt befördert.Dort hatte ja niemand etwas von der Sache mitbekommen. Selbst in Nghe An wusste kaum jemand davon.
    »Festnehmen«, presste der Parteikommissar zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Genosse Ly, nehmen sie Tang Van Xuan sofort fest.«
    »Parteikommissar Hung«, sagte Ly und wagte kaum, seinen Chef anzusehen. »Wenn wir das machen, wird er wieder davonkommen. Es wird genauso laufen wie in Nghe An.«
    »Was ist mit den Fingerabdrücken am Tatort?«
    Ly schüttelte den Kopf. Er wusste es nicht, aber er war sich fast sicher, dass sie nicht von Xuan stammten. Vielleicht von einem seiner Leute, denen er im Notfall alles unterschieben würde.
    »Genosse Ly, was schlagen Sie vor?«
    Ly überlegte einen Moment. Thinh, der Schiffer, hatte ihm erzählt, dass die Sampans nicht nur Bezugsquelle für Mädchen, sondern auch Zwischenlager waren. In den kommenden Tagen würden neue Mädchen auf den Sampans erwartet. Sie kämen aus dem Norden und müssten zwei, drei Tage auf den Booten bleiben, bis die Kunden einträfen. Dann erst würden sie in die Hotels gebracht werden.
    Thinh hatte gesagt, die Kunden seien Koreaner. Sie flogen extra für den billig zu habenden Sex mit Jungfrauen ein. Das mit den Ausländern sei mittlerweile ein großes Geschäft. Da käme der Boss meist persönlich mit auf den Fluss, um einen glatten Ablauf zu gewährleisten.
    »Wir müssen ihn auf frischer Tat ertappen. Draußen auf dem Fluss«, sagte Ly.
    Der Parteikommissar gab ein trockenes Lachen von sich. Er sah
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