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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste
Autoren: Andreas Föhr
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dann ist sie tatsächlich über Nacht geblieben.« Kruggers Blick wurde wehmütig. »Ich hab meinen Eltern erzählt, ich würde in München bei Franz übernachten. Am nächsten Tag ist sie nach München gefahren, und ich hab ihr meine Handynummer gegeben. Am Abend hat sie angerufen und ist wieder rausgekommen. Und da hat sie mir einen Deal vorgeschlagen: Sie wollte meine Freundin sein, und dafür sollte ich ihr Sachen kaufen. Kleider und Schuhe und ein bisschen Schmuck und ein kleines Cabrio wollte sie haben. Ich hab mir gedacht, warum nicht? Was hast du sonst von deinem Geld? Klar, das hatte von ihrer Seite nichts mit Liebe zu tun. Nur – ich bin nicht der Frauentyp. Andere sehen gut aus, hab ich mir gedacht. Ich hab eben Geld. Und es war eine schöne Zeit mit ihr. Sie war lustig, sehr fröhlich. Tagsüber ist sie meistens nach München gefahren. Am Anfang oft auch abends. Und dann ist sie über Nacht weggeblieben. Das hat weh getan. Aber ich hab gewusst, wenn ich ihr das nicht lasse, dann geht sie. Als dann der Sommer kam, ist sie immer öfter im Haus geblieben, hat im Garten gearbeitet und gelesen. Sie hat unglaublich viel gelesen. Dicke historische Romane, manchmal drei in einer Woche. Abends haben wir gegrillt, oder sie hat was gekocht. Das war die schönste Zeit, die wir zusammen hatten. Aber das dauerte nicht lang. Irgendwann hat sie angefangen, mich zu kritisieren, an mir herumzunörgeln. Ich müsste mehr unter Menschen gehen, müsste mehr aus mir machen, mich anders anziehen, die Haare anders tragen, nicht immer nur vor dem Computer sitzen, ich wär sozial zurückgeblieben. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte, weil ich mir nicht erklären konnte, warum sie auf einmal so auf mich losgegangen ist. Und eines Tages packt sie ihre Sachen. Alle Kleider, die ich ihr gekauft habe, alle Schuhe. Es waren mehrere Koffer und Taschen voll. Ich frage, was das soll, und sie sagt: ›Das wird mir hier zu eng mit dir, ich hau ab. Hast du gedacht, ich bleib ewig?‹ Ich war total vor den Kopf gestoßen.«
    »Was hatten Sie denn für eine Vorstellung?«
    »Offen gesagt, hab ich mir gar nichts vorgestellt. Ich hab gedacht, das bleibt so. Wir sind zusammen in dem Haus, wir kochen zusammen und schlafen miteinander. Ich hatte gehofft, dass wir es mal offiziell machen. Dass ich sie meinen Eltern vorstelle und sie mich ihren Freunden. Aber das wollte sie nicht. Ich glaube, sie wollte sich nicht mit mir zeigen.«
    »Hat sie Ihre Gefühle gar nicht erwidert?«, fragte Janette.
    »Ich glaube, sie mochte mich irgendwo, weil ich nett war und nicht so ein Macho wie viele ihrer Freunde. Ja, ich glaube, sie fand das eine Zeitlang nett, und vielleicht war sie sogar … keine Ahnung, kann man sich in mich verlieben?«
    Es entstand eine peinliche Pause. Janette sagte schließlich: »Bestimmt kann sich eine Frau in Sie verlieben. Und möglicherweise war das auch bei Franziska Michalski so. Aber es war offenbar nicht von Dauer.«
    »Nein. Irgendwann wollen sie dann doch wieder einen Macho. Und an dem Tag war es so weit. Sie war’s leid, das Leben mit mir. Sie wollte zurück in ihr früheres Leben. Ich war fassungslos, dass sie es einfach machte. Einfach wegging. Ich hab sie am Arm gepackt und festgehalten und gesagt: ›Das kannst du nicht machen, wir hatten doch eine wunderbare Zeit, willst du das alles wegwerfen?‹ Und sie hat gesagt, ich soll sie loslassen, und mich mit so einem Blick angesehen … Wie soll ich das beschreiben: Man konnte sehen, wie unangenehm ihr die Situation war, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte, aber auch, dass ich ihr zuwider war. Ich hab mich auf einmal gefühlt wie eine Kakerlake. Mit genau so einem Ekel hat sie mich angesehen. Und das hat mich wahnsinnig wütend gemacht. Ich hab sie weiterhin festgehalten, und sie wollte sich losreißen. Es kam zu einem Gerangel oben im ersten Stock, wo ihr Zimmer war. Es war vor dem Zimmer an der Treppe.« Krugger hielt inne. Er atmete schwer und wischte sich den Schweiß von der Oberlippe. »Ich könnte jetzt sagen, sie ist bei dem Gerangel gestolpert und die Treppe runtergefallen. Aber so war es nicht. Ich war so wütend auf sie, weil ich so ohnmächtig war in der Situation. Ich hatte die glücklichste Zeit meines Lebens gehabt, und sie wollte einfach weg, weil es sie vor mir geekelt hat. Und dann … dann will sie auch noch den Wagen mitnehmen. Hat nicht einmal den Anstand, das Auto dazulassen. Es war gar nicht so der finanzielle Verlust, das war mir
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