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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod
Autoren: Harry Thürk
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dich enttäuschen. Unter all dem Nagellack, den wir in der Wohnung von Miß Silva vorgefunden haben, ist keiner von der Firma Aminah in Los Angeles. Nicht mal nachgemachter Gemini .«
    Ich konnte ihm ansehen, daß er sich wunderte, weil ich darauf nicht reagierte. Aber ich hatte plötzlich das Bild wieder vor Augen, das Miß Silva mir bot, als ich sie durch das Schaufenster des bereits geschlossenen Juwelenladens beobachtete, wie sie in ihrem gläsernen Büro saß, mit den Händen wedelnd, wie Frauen das eben tun, wenn sie vorher Lack auf die Fingernägel gepinselt haben. Und ich erinnerte mich, daß mir schon bei meinem ersten Zusammentreffen mit ihr die tiefrote, ins Schwärzliche übergehende Lackierung ihrer Schmuckkrallen aufgefallen war.
    Ohne ihm das zu schildern, versprach ich Bobby wieder: »Ich liefere sie dir. Auf dem Tablett, wie angekündigt. Laß es mich machen. Misch dich nicht ein, bis ich dich wirklich brauche. Es ist eine Sache der Ehre für mich geworden, wenn du das ver-
    stehst ...«
    Er grinste vergnügt. »Und ob ich das verstehe!« Doch dann wurde er ernst und mahnte mich: »Denk an ihre Hand! Sei auf der Hut. Sorge dafür, daß immer ein Tisch zwischen ihr und dir ist. Ein Fuß Luft zwischen ihr und deiner Kehle. Und – sag mir vorher Bescheid ...«
    Nun grinste ich. »Keine Angst! Ich will nicht den Ruhm. Den lasse ich schon der Polizei. Ich will nur ...«
    Als ich zögerte, vollendete er meinen nicht ausgesprochenen Gedanken: »Du willst Rache. Dafür, daß es ihr gelang, dich einzuwickeln. In Geschenkpapier. Ich gönne dir die Lady!«
    Es war mitten auf der Queens Road, als Pipi neben mir plötzlich verlangte: »Fahr rechts ran! Bleib stehen!«
    Ich hatte sie vom Dienst abgeholt, nach dem Treffen mit Bobby, und ich hatte ihr vorgeschlagen, daß wir morgen hinauf nach Kowloon ausfliegen sollten. An einen Ort, der für uns beide eine gewisse romantische Erinnerung barg. Da oben, im Westen von Kowloon, am Tai Lam Chung Reservoir, hatten wir uns vor Jahren zum ersten Mal gesehen. Beide hatten wir am selben Tag unabhängig voneinander denselben Gedanken gehabt, nämlich ein paar Stunden am Wasser zu faulenzen. Nachdem wir uns angefreundet hatten, sprachen wir nicht weiter darüber. Aber vergessen hatten wir es nicht.
    Als ich den Toyota zum Stehen gebracht hatte und die Hälfte der Fahrer in den an uns vorbeiziehenden Fahrzeugen empört über mein Manöver mit den Zeigefinger an die Stirn tippten, fiel meine Freundin mir um den Hals und hauchte: »Weißt du, daß ich gerührt bin? Du denkst an den Tag, an dem wir uns da oben trafen! Und du nimmst dir sogar die Zeit, mit mir dorthin zu fahren!«
    Ich gebe zu (aber nur Ihnen gegenüber!), ich hatte den Ort, an dem unsere Bekanntschaft begann, eigentlich eher spontan für den Ausflug gewählt, weil ich ihn als ruhig kannte. Logisch, daß ich dabei im Unterbewußtsein jenes erste Zusammentreffen im Kopf hatte. Aber daß es nun ausgerechnet das damalige Datum war, das hatte ich nicht berechnet. Das eröffnete mir jetzt Pipi. Und ich bezeichnete ihren Verdacht, daß es geplant gewesen war, natürlich sofort als richtig. Man kann ja eine solche Chance nicht ungenutzt verschenken! Also lächelte ich geschmeichelt und ließ mich küssen und loben, während ich tief innerlich Miß Silva in die Unterwelt wünschte. Bis ich dann wieder versuchen mußte, mich in die Schlange der Heimfahrer einzufädeln. Ein lebensgefährliches Unternehmen!
    Auf der Dschunke brachte ich Pipi dann schonend bei, daß wir auf der Fahrt zum Tai Lam Chung Reservoir einen kurzen Stop auf der Nathan Road einzulegen hatten, wo es etwas zu erledigen galt, das mit Onkel Stans Auftrag zu tun hatte. Sie wendete überhaupt nichts dagegen ein. Und so rief ich schnell Bobby Hsiang an und verpflichtete ihn: »Schick morgen früh gegen neun Uhr einen Lehrling aus deinem Laden mit dem Wagen vor Ronaldos Juwelengeschäft. Soll auf mich warten. Wenn wir Glück haben, kann ich ihm den Beweis mitgeben, den du in der schönen Wohnung der noch schöneren Lady nicht gefunden hast ...«
    Er war etwas verwundert, aber er sagte zu.
    Die Namen der Angestellten hatte ich noch in Erinnerung, von meinem ersten Besuch her, als Miß Silva sie mir vorstellte. Mister Wen Tse, der Senior, den die anderen respektvoll Lao Tse nannten, empfing mich am
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