Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Adler, weiße Adler

Schwarze Adler, weiße Adler

Titel: Schwarze Adler, weiße Adler
Autoren: Thomas Urban
Vom Netzwerk:
PZPN bekam von der FIFA drei Millionen Dollar überwiesen und musste zu diesem Zweck eigens ein Devisenkonto einrichten. 22
    DFB-Chef Hermann Neuberger ließ kurz nach der WM bei PZPN-Offiziellen nachfragen, wie hoch die Ablösesumme für Deyna sein solle. Auch Bayern München und Inter Mailand interessierten sich für den Mittelfeldregisseur. Eine Antwort bekamen sie nicht. Stattdessen erklärte intern ein Mitglied des PZPN-Präsidiums: „Sagt mir, welche Spieler ins Ausland gehen wollen, damit ich ihnen die Pässe blockieren lassen kann!“ 23
    Aber dann gelang es Robert Gadocha als erstem polnischen Nationalspieler, die Erlaubnis für den Weggang in den Westen zu bekommen. Er unterzeichnete beim FC Nantes; angeblich hatte Parteichef Gierek persönlich den Transfer abgesegnet. 24 Er galt als frankophil, vor dem Zweiten Weltkrieg hatte er als Bergmann in Nordfrankreich gearbeitet. Später heuerte Gadocha, wie auch Beckenbauer, in der amerikanischen Liga an. Allerdings blieb er zunächst der einzige Pole im Westen, die anderen Spieler baten vergebens ihre Clubs und den PZPN um die Freigabe.
    Auch Górski erlaubte die Partei nicht, Angebote aus dem Ausland anzunehmen. Er schilderte später, wie ein hoher Funktionär ihn damals anherrschte: „Meinst du, wir haben dir Orden gegeben, damit du nun weggehst?“ 25
    Górski blieb weiter Nationaltrainer. Als aber die Polen das Olympiafinale 1976 in Montreal gegen die DDR verloren und mit Silber heimkehrten, wurde dies als schwere Niederlage angesehen. Die Mannschaft und ihr Trainer bekamen dies schon auf dem Warschauer Flughafen zu spüren: Alle wurden nämlich einer demütigenden peniblen Kontrolle durch den Zoll unterzogen, der sonst gegenüber Spitzensportlern sehr großzügig war. Górski sah hinter dem frostigen Empfang die Parteiführung und trat zurück.
    Erst nach der WM 1978, bei der die Polen wie die Deutschen in der Zwischenrunde ausgeschieden waren, erlaubte die Parteiführung den nächsten Spielern, im Westen zu spielen. Torhüter Tomaszewski stand fortan im belgischen Antwerpen und dann im spanischen Alicante zwischen den Pfosten. Lato stürmte für den belgischen Club FC Lokeren und Szarmach im französischen Auxerre.
    Sylvester Stallone und Schäferhunde
    Mittelfeldregisseur Deyna entschied sich für Manchester City. Doch der filigrane Techniker kam mit dem robusten Stil auf der Insel nicht zurecht. Also zog er weiter ins kalifornische San Diego und lernte dort auch die glamouröseste Seite des Westens kennen: Hollywood. Starregisseur John Huston verpflichtete ihn für eine stumme Nebenrolle in dem Kriegsfilm „Escape to Victory“ (1981), in dessen Mittelpunkt ein Fußballspiel zwischen alliierten Kriegsgefangenen und einer Wehrmachts-Elf steht. Die Hauptrollen übernahmen Max von Sydow als deutscher Major, Michael Caine als britischer Captain und Sylvester Stallone als amerikanischer Lieutenant mit Torwarttalent. Eine Reihe

    Trotz des Staraufgebots mit Sylvester Stallone (Torwart) und Michael Caine (kniend, Dritter v.l.), Pelé und neben ihm Bobby Moore sowie Kazimierz Deyna (über Moore) verriss die Kritik den Hollywood-Kriegsfilm „Escape to Victory“.
    von Fußballprofis waren in diesem Film auch in Aktion zu sehen, unter Hakenkreuzfahnen und den Augen deutscher Feldgendarmen mit Schäferhunden spielten unter anderem Pelé, Bobby Moore und eben auch Kazimierz Deyna.
    Nach anfänglichen Erfolgen bei den San Diego Sockers aber zeigte sich, dass der aus einfachen Verhältnissen stammende Deyna dem Leben im Westen psychisch nicht gewachsen war. Er ließ sich von unseriösen Beratern ausnutzen, trieb sich in Bars herum, setzte Speck an und wurde deshalb nur noch bei Hallenturnieren eingesetzt, bei denen er aber dank seiner brillanten Technik wiederholt zum Torschützenkönig wurde. Er gab sich keine Mühe, Englisch zu lernen, und verkehrte fast nur mit Polen. Überdies begann er, sein Geld in Spielkasinos auszugeben. Nach vielen Ehekrächen verließ ihn seine Frau, die aus Polen mitgekommen war. Er wurde zum Alkoholiker und nahm Drogen.
    Angetrunken verunglückte Deyna am 1. September 1989 tödlich. Er war mit seinem Wagen auf dem Highway von San Diego auf einen am Seitenstreifen abgestellten Lastwagen mit angeschalteter Warnblinkanlage ungebremst aufgefahren. In seinem Wagen hatte er 22 Bälle, er war gerade auf dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher