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Schwarzbuch Scientology

Schwarzbuch Scientology

Titel: Schwarzbuch Scientology
Autoren: Ursula Caberta
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vielen Fällen auch die Familie, der Arbeitsplatz, Hobbys, aber auch das Denken in finanziellen Sicherheiten wird zugunsten des Lebens in der Organisation teilweise oder ganz aufgegeben.
    Solche Lebenssituationen lassen Kritik an verinnerlichter Lehre und Organisation nicht zu. Von objektiver Beurteilung des eigenen Lebens gibt es keine Spur mehr.
    Dieses deshalb, weil es der Person nicht mehr möglich ist, den Grund dafür - sprich Scientology - ohne psychische Folgen in Zweifel zu ziehen (ein Tatbestand, über den der Einzelne sich nicht »bewusst« ist). »Beweisführungen« von Angehörigen mögen zwar kognitive Dissonanzen erzeugen, diese werden jedoch derart reduziert, dass Scientology im Überzeugungsgefüge des Betroffenen möglichst wenig Schrammen erhält.
    Dieser Mechanismus wirkt so elementar, dass selbst so genannte Aussteiger, die die »Beweise« gegen die Organisation (= Dissonanz) akzeptiert und ihr den Rücken gekehrt haben, oftmals immer noch an Hubbards Lehren glauben.
    (Minhoff, Christoph; Müller, Martina: »Scientology. Irrgarten der Illusionen«. Berlin, 1998, S. 123)
    Man verlässt diese Organisation also nicht einfach wie einen Kegelclub oder eine andere Gemeinschaft und macht nach dem Abenteuer bei der Hubbard-Truppe da wieder weiter, wo man vorher aufgehört hat. Die Füße sind raus, der Kopf braucht noch eine Weile. Der ehemalige Scientologe
Norbert Potthoff vertritt die Auffassung, dass jemand die Jahre, die er innerhalb des Systems verbracht hat, außerhalb auch wieder braucht, um nicht mehr scientologisch zu funktionieren. Ob diese These für alle stimmt, ist vielleicht anzuzweifeln, da jeder doch bei aller Gleichschaltung auch einen »eigenen« Weg gegangen ist. Allerdings macht sich vor allem deutlich, dass es Zeit braucht, nicht mehr die scientologische Sprache zu sprechen. Auch die Verinnerlichung der Ton-Skala, nach der Menschen einzuteilen sind, scheinen viele ehemalige Scientologen länger zu beherrschen, als sie und vor allem auch ihr Umfeld für möglich gehalten haben. Das Knüpfen von sozialen neuen Beziehungen wird schwer, wenn man bei Begegnungen gleich im Kopf hat, ob jemand auf der Skala eventuell unter 1,1 - also versteckt feindselig - einzustufen ist.
    Neben diesen nicht zu unterschätzenden emotionalen Schwierigkeiten kommt hinzu, dass die meisten sich in einer desolaten finanziellen Situation befinden. Ob als Subunternehmer bei einem WISE-Betrieb oder als hauptamtlicher Mitarbeiter in einer der anderen Scientology-Einheiten: Geld ist knapp, denn die Bezahlung im System war nicht dazu gedacht, etwas zu sparen. Schulden sind nach dem Ausstieg an der Tagesordnung. Es kann dann auch noch passieren, dass von der Organisation Rechnungen geschickt werden, dass man nicht für alle »Dienste« bezahlt hat. Diese Gegenrechnungen werden besonders gerne gestellt, wenn der Ausgestiegene der Auffassung ist, ihm stehe aus seiner Zeit bei der Organisation noch Geld zu.
    Es gab jemanden, der in Deutschland für seine Tätigkeit
in Scientology Gehalt eingeklagt hat und damit gleich Rechtsgeschichte schrieb. Bis zum Bundesarbeitsgericht ging die juristische Auseinandersetzung. Scientology spricht nach außen ungern von »Mitarbeitern«, logisch, der Begriff impliziert das Recht auf Bezahlung der Arbeit. Nach deren Darstellung außerhalb des Systems handelt es sich um »ehrenamtliche Tätigkeit«, und die Organisation sorgt sich um das leibliche Wohl. Das Bundesarbeitsgericht sah das 1995 allerdings anders. Danach ist die Tätigkeit als hauptamtlicher Mitarbeiter eines Vereins der Scientology in Deutschland eine zu bezahlende Arbeit. Dass in diesem Beschluss das höchste Arbeitsgericht der Organisation auch noch ins Stammbuch geschrieben hat, dass sie für sich nicht den Schutz des Artikels 4 des Grundgesetzes in Verbindung mit den Artikeln 137 bis 140 in Anspruch nehmen kann (also es sich nicht um eine wie auch immer geartete Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft handelt), macht die Entscheidung für die Organisation doppelt unangenehm. Das ehemalige Mitglied bekam nach dieser höchstrichterlichen Entscheidung dann vom zuständigen Arbeitsgericht Lohn zugesprochen. Die Hoffnung, die viele hatten, dass nach dieser Grundsatzentscheidung viele andere Aussteiger auch diesen Weg gehen würden, trog allerdings. Dieses liegt vor allem daran, dass der Weg bis zu einer Entscheidung, die Organisation zu verklagen, sehr lang ist. Außerdem muss man sich für diesen Weg dazu entschließen,
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