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Schwarzbuch Esoterik

Schwarzbuch Esoterik

Titel: Schwarzbuch Esoterik
Autoren: Ursula Caberta
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gleichzeitig eine gewisse Kenntnis und Einstellung zu den Ideen und Verhaltensweisen dieser Gruppen voraus.
    Die Gleichsetzung des Begriffs Sekte mit einer fest gefügten Gruppe wird dem Phänomen nicht gerecht, zumal oft vernachlässigt wird, wer die Zuordnung vornimmt und welche Position oder ideologische Herkunft er oder sie hat. Ab wann ist eine ideologische Gemeinschaft mit oder ohne religiösen Ansatz eine Sekte?
    Es lohnt sich also, etwas mehr Klarheit in diese immer wiederkehrende Debatte um die sogenannten Sekten zu bringen, besonders deshalb, weil von kirchlicher Seite in Deutschland problematische Gruppen mit Bezug auf die christliche Lehre von der Diskussion häufig ausgegrenzt werden.
    Eines ist dabei unbestreitbar: Der Begriff hat etwas mit Religion oder Glaubensinhalten zu tun, und das schon seit langer Zeit.

    Das Brockhaus-Lexikon gab bereits vor 125 Jahren folgende Erläuterung: »Sekten nannte man ursprünglich die philos. Schulen, welche durch Verschiedenheit ihrer Prinzipien und Methoden gegeneinander sich abschlossen. Im kirchlichen Sprachgebrauch wurde das Wort auf die kleineren religiösen Parteien übertragen, die wegen Verschiedenheit in Lehre, Kultus und Sitte von den großen Kirchengemeinden sich absonderten. Nicht nur das Christentum, sondern alle ausgebildeten Religionen haben S. aufzuweisen. Die Anhänger einer S. heißen S e k t i e r e r«. 3 Sektierer also. Schon 1886 wird damit die Ausgrenzung vom großen Ganzen formuliert. Die negative Zuordnung hat Geschichte.
    Was eine Gruppe zu einer Sekte macht, füllt viele Bücher, Vorträge und Internetseiten. In der Beratungsarbeit fällt auf, dass Klienten im Zusammenhang mit Auffälligkeiten einer veränderten Lebensweise von Angehörigen häufig nachfragen, ob die Person, um die sie sich sorgen, Mitglied einer Sekte sein könnte. Falls sich im Laufe des Gesprächs durch Nachfragen ergibt, dass die klassische Sektendefinition in diesem Fall nicht passt, zeigen die Klienten häufig ihre Erleichterung, weil nach ihrer Einschätzung dann keine Gefahr droht. Welcher Irrtum damit verbunden sein kann, wird später aufgezeigt.
    Wenn allerdings der Begriff Sekte verwendbar erscheint, wird die Verstrickung in ideologische Gemeinschaften als Gefährdung wahrgenommen, und zwar sowohl nach Meinung einzelner Menschen als auch in der Öffentlichkeit.
    Wer sich an der Debatte um sogenannte Sekten beteiligt oder beruflich mit ihren Opfern in Berührung kommt, ist ir-gendwann
gezwungen, sich mit Definitionen auseinanderzusetzen. Die amerikanische Psychologin Margaret Thaler Singer unterscheidet mehrere Merkmale: »Für den Begriff Sekte, wie ich ihn hier gebrauche, sind drei Faktoren von Relevanz: 1. Die Entstehung der Gruppe und die Rolle des Führers, 2. die Machtstruktur, also die Beziehung zwischen dem Führer (oder den Führern) und den Anhängern, 3. der systematische Einsatz von Überredungs- und Überzeugungstechniken (Techniken der mentalen Programmierung, im allgemeinen Sprachgebrauch auch Gehirnwäsche genannt)«. 4
    Der Historiker und Psychiater Robert Jay Lifton leitet das Forschungszentrum für Gewalt und menschliches Überleben am New Yorker John Jay College und analysiert die Gefahren, die im 21. Jahrhundert drohen: »Ich bin mir bewußt, daß der Gebrauch des Begriffs ›Sekte‹ (cult) wegen seines abschätzigen Beiklangs im Unterschied zum neutraleren Begriff ›neue Religion‹ umstritten ist. Ich gebrauche in diesem Buch beide Termini, doch ebenso wie in meinen früheren Arbeiten verwende ich den Begriff ›Sekte‹ nur für Gruppen, die folgende drei Merkmale aufweisen: totalitäre Praktiken oder Formen der Gehirnwäsche, statt einer Verehrung spiritueller Prinzipien die Verehrung eines Gurus oder Führers und eine Verbindung aus spiritueller Suche von unten und – zumeist ökonomischer und/oder sexueller – Ausbeutung von oben.« 5
    Aber nicht nur im psychologischen Kontext wie bei Margaret Singer oder in der Absetzung zu den sogenannten neuen Religionen wie bei Robert Lifton findet sich der Begriff Sekte. Es scheint, dass die so negativ besetzte Bezeichnung
gerne zur Beschreibung vieler unbegreiflicher oder schwer erklärbarer Vorkommnisse und als ultimativer Ausdruck für den Schrecken benutzt wird, der von solchen Gruppierungen offenbar ausgeht. So begegnet man dem Begriff auch im politischen Kontext, wenn ein großes Hamburger Nachrichtenmagazin im Zusammenhang mit der Diskussion um die Rote Armee Fraktion (RAF) in den 1970er
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