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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt
Autoren: Maya Trump
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die Abiturprüfung für mich kein Problem. In meinen Lieblingsfächern Englisch und Mathe bekam ich eine Eins. Insgesamt schaffte ich eine Traumnote und Ina war neidisch. Sie hatte nur mit einem Durchschnitt von 2,5 abgeschlossen. Trotzdem feierten wir gemeinsam bis zum Umfallen.
    Dann kam der unvermeidliche Abschied. Das Internat war für viele Jahre unser Zuhause gewesen und die Schwestern, wenn wir sie auch immer geärgert hatten, waren uns ans Herz gewachsen. Ich trennte mich besonders schlecht von meiner Englischlehrerin, die noch sehr jung war und die mich wie eine jüngere Schwester behandelt hatte. Ganz schlimm wurde es, als wir von den Mitschülern Abschied nahmen. Viele Taschentücher wurden nass geweint und viele Versprechen abgegeben: „Wir sehen uns im nächsten Jahr wieder. Wir schreiben uns. Wir telefonieren, usw.“
    Unsere Klasse würde sich in alle Welt zerstreuen. Das war sicher und all diese Versprechungen würden sich in Luft auflösen.
    Ina war als eine der letzten abgeholt worden. Wir standen eng umschlungen neben dem Auto, als ihr Vater sie endgültig zum Einsteigen aufforderte. Wir wollten uns im Sommer in Berlin treffen. Ich hatte ihr versprochen, ein Hotelzimmer für sie zu reservieren. In unserem Hotel. Ich war sicher, dass wir bis zu diesem Zeitpunkt in Berlin sein würden.
    In München hatte es Fön, als ich das Flugzeug bestieg. Jetzt würde es auch in Deutschland endlich Frühling werden. Doch ich brannte darauf, endlich wieder nach Afrika zu kommen. In meinem Kopf war nur noch Salman. Unsere heißen Küsse und seine zärtlichen Liebkosungen hatten mir so gefehlt. Nächtelang hatte ich an nichts anderes gedacht, als an ihn.
    Kenia hatte mich wieder. Es war unglaublich heiß und unser Chauffeur hatte die Klimaanlage des Autos angestellt. Weder meine Mutter noch mein Vater waren zum Flughafen gekommen. Wahrscheinlich hatten sie Repräsentationspflichten wahrzunehmen. Sie waren tatsächlich nicht zu Hause. Unser Dienstmädchen hatte mein Zimmer mit vielen Blumen geschmückt und mir ein Festessen zubereitet. Ganz allein saß ich im Salon und wurde mit Leckerbissen verwöhnt. Eigentlich wollte ich nur Salman sehen, aber ich wusste nicht wie ich das Haus verlassen konnte, ohne Argwohn zu erregen. Ich wagte nicht, ihn anzurufen. Ich spähte immer wieder in den Garten hinaus, ob ich nicht seinen Vater sah. Ich würde ihn einfach nach Salman fragen. Doch der Garten war wunderbar hergerichtet. Die Pflanzen blühten überall, vom Gärtner fehlte jede Spur. Ich suchte ihn auch im Glashaus, wo ich mit Salman unsere schönsten Stunden verbracht hatten, aber er tauchte an diesem Tag nicht auf. Auch nicht am folgenden.
    Meine Unruhe wuchs mit jeder Stunde. Sollte ich ihn doch anrufen? Er hatte mir nicht nach Deutschland geschrieben, obwohl er es mir versprochen hatte.
    Meine Eltern trafen am Abend des folgenden Tages wieder zuhause ein. Sie waren auf einem Empfang in Ägypten gewesen und nur knapp einem Attentat entkommen. Mein Vater schimpfte ausgiebig über die schlechten Sicherheitsvorkehrungen und meine Mutter war nervlich völlig am Ende. Sie bemerkten mich kaum.
    Als ich ihnen mein gutes Abiturzeugnis vorlegte, sagte mein Vater nur: „Das habe ich nicht anders erwartet!“
    Erst als meine Mutter am nächsten Tag wieder ausgeruht war, wagte ich es, sie nach dem Gärtner zu fragen. Sie sah mich erstaunt an: „Was willst du vom Gärtner?“ fragte sie zurück.
    „Ich will nur wissen, wo Salman ist“, gab ich mutig zur Antwort. „Salman?“, fragte meine Mutter und sah mich prüfend von oben bis unten an. Dann sagte sie: „Ach ja, das weißt du ja noch gar nicht. Salman ist Vater geworden und hat letzte Woche geheiratet.“
    „Das kann nicht sein“, murmelte ich und ließ mich auf einen Sessel fallen. Meine Beine waren butterweich und meine Zunge klebte plötzlich an meinem Gaumen. Der Blick meiner Mutter traf mich wie ein Blitz. Sie war aufgestanden und ich fühlte förmlich ihre Entsetzen.
    Sie sagte: „Kind, du wirst dich doch nicht in einen Schwarzen verliebt haben?“
    Was wusste sie schon von mir, von meiner Liebe zu Salman und überhaupt, was hatte es für eine Bedeutung, dass er schwarz war? In diesem Augenblick hasste ich meine Mutter für ihren Rassismus, für ihre Selbstgerechtigkeit und für ihr Unverständnis. Sie würde nie begreifen, wie es ist, von einem Schwarzen geliebt zu werden. Es konnte doch nicht sein, dass er mich einfach vergessen hatte. Vor allem, wenn er Vater
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