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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys
Autoren: Deon Meyer
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sie fließend Afrikaans, mit einem entzückenden Akzent. Sie konnte ein Schaf in sieben Minuten scheren und
     backte die leckersten
Koeksisters
weit und breit. Sie hatte das Leben hier vorbehaltlos akzeptiert, und dafür hatte Loxton sie mit offenen Armen empfangen.
    Für mich verkörperte sie überdies die Hoffnung, auch eines Tages dazuzugehören. Ja, ich war erleichtert gewesen, als Willie
     vor meiner Tür gestanden hatte. Erstens, weil es keine Schatten aus der Vergangenheit waren, die mich heimsuchten, und zweitens,
     weil er sich an mich wandte, mich mit einbezog, denn schließlich galt ich hier noch immer als Außenseiter. Seit Emma mein
     Leben teilte, war es zwar etwas einfacher für mich geworden. Sie verkörperte eine gewisse Normalität und Beständigkeit und
     kompensierte mein ansonsten ungewöhnliches Verhalten, das mein Beruf mit sich brachte. Ich arbeitete als freiberuflicher Leibwächter,
     übte einmal pro Woche mit Handfeuerwaffen auf dem Schießstand von Loxton, trabte in der Dämmerung über die unbefestigten Straßen,
     war oft wochenlang fort und kehrte manchmal mit erkennbaren Verletzungen wieder zurück.
    Erleichterung – zum ersten Mal konnte ich mich hier nützlich machen. Auch wenn das eine Verletzung von Lemmers erstem Gebot
     bedeutete: Du sollst dich nicht einmischen.
    |13| Hinter der Abzweigung nach Welgevonden sah ich bei hundertsechzig Sachen die Augen einer sprungbereiten Antilope vor mir am
     Straßenrand aufleuchten.
    »Bleib stehen!«, flüsterte ich, denn ich hätte nicht rechtzeitig bremsen können.
    Sie hörte auf mich, schlüpfte mit dem Kopf zuerst durch den Absperrzaun, als ich vorbeiraste, und verschwand mit einem Satz
     in der Nacht.
    Kurz vor Juriesfontien ging ich wegen der scharfen Kurve vom Gas und beschleunigte beim Herausfahren wieder, als mir plötzlich
     zwei Pick-ups den Weg versperrten. Grelle Scheinwerfer blendeten mich.
     
    Ich kämpfte mit der Servolenkung, trat voll auf die Bremse, kam inmitten einer Staubwolke zum Stehen und fluchte, denn die
     Glock steckte noch in meiner Jackentasche. Bevor ich sie ziehen konnte, stand schon ein Mann mit Jagdgewehr im Anschlag vor
     meinem Fenster.
    Gleich darauf erkannte ich ihn und ließ die Hand sinken.
    »Lemmer«, sagte Joe van Wyk junior ruhig, als ich die Scheibe herunterließ. Neben ihm stand Nicola van der Westhuizen. Junge
     Farmer, gewappnet gegen die Kälte, ernste Gesichter.
    »Gibt’s was Neues, Joe?«
    »Sie haben Grethes Vater«, sagte er. Sein Atem kondensierte in der eisigen Nachtluft zu weißen Wölkchen. »Wir blockieren die
     Straßen.«
    Bevor ich weiterfragen konnte, unterbrach uns Nicola. »Da kommt noch jemand.«
    |14| Joe blickte an mir vorbei die Straße hinunter. Dann sagte er mit einer breiten Armbewegung: »Fahr einfach um uns herum! Sie
     erwarten dich auf Bontfontein.«
    Ich nickte, ließ die Pick-ups links liegen und lenkte den Ranger wieder zurück auf die Straße.
    Sie haben Grethes Vater.
    Was hatte das zu bedeuten?
     
    Zwei Fahrzeuge standen auf dem Hof von Bontfontein. Keine Polizei. Lampen erhellten den gepflegten Garten, den vom Raureif
     schneeweißen Rasen.
    Ich stieg aus und ging über den Schieferplattenweg auf die Haustür zu. Etwas Goldenes, Metallisches glänzte auf dem Boden.
     Patronenhülsen. Zwölf, fünfzehn Stück. Ich bückte mich und hob eine auf. Kurz. Dick.
9x19 Luger
. Seltsam. Ich richtete mich auf, als zwei Männer das Haus verließen. Tickey van Wyk und Martin Scholtz, beide mit einem Gewehr
     bewaffnet.
    »Abend, Lemmer.« Sie schüttelten mir hastig die Hand. »Gut, dass du da bist. Wir fahren los, die Kreuzung in Grootfontein
     blockieren.« Martin deutete in Richtung Fraserburg, drehte sich um und eilte zu seinem Pick-up.
    Neben der offenen Haustür sah ich die Einschusslöcher in der Wand. Kein großes Kaliber. Die regelmäßigen Einschläge einer
     automatischen Waffe. 9x19 Luger? Eine Maschinenpistole?
    Ich ging hinein. Grethe saß auf dem Wohnzimmersofa, die beiden Kinder auf dem Schoß. Sie weinte, nahm mich kaum wahr. Weiter
     hinten am großen Esszimmertisch aus Oregon-Kiefer saß Lucien mit dem Funkgerät in der Hand |15| vor einer großen Karte. Ich unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung. Sie lebten!
    Luciens Blick fiel auf mich. »Okay, Joe«, sagte er in das Funkgerät, »
over and out
.« Er erhob sich, begrüßte mich mit ausgestreckter Hand. »Lemmer.«
    Ich ging auf ihn zu und nahm seine Rechte.
    »Sie haben Grethes Vater«, sagte
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