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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys
Autoren: Deon Meyer
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hatte es zu eilig. Ich zeigte auf meinen Ford. In der Windschutzscheibe
     gähnte ein Loch, und der linke vordere Kotflügel hatte eine dicke Beule und hässliche Kratzer. »Deshalb«, sagte ich zu den
     beiden Grauhaarigen.
    |31| »O nein, Lemmer, dein nagelneuer Bakkie!«, seufzte Oom Joe.
    »Noch keine zweitausend gelaufen, Oom.«
    »Krieg sie, Bruder«, sagte Oom Ben. »Einem Mann sein Auto kaputtschießen – wer macht denn so was?« Dann sprangen sie in den
     Isuzu und Oom Joes Warnung: »Sei vorsichtig, Junge!«, ging halb im Lärm ihrer durchdrehenden Räder unter.
    Ich kehrte zu meinem mitgenommenen Ranger zurück, und plötzlich wurde mir klar, dass ich nicht die geringste Ahnung hatte,
     was ich als Nächstes unternehmen sollte. Der Hummer konnte sich überall in der Weite der Bo-Karoo befinden.
    Doch dann hörte ich das frenetische Stimmengewirr aus dem Funkgerät …
     
    Chaos im Äther, aufgeregte Rufe, Antworten. Ich erfuhr die Geschichte häppchenweise, während ich in Richtung Norden raste,
     wo es passiert war: Jan Wiese und Bob Meintjes standen bei Gansfontein auf der R308, als plötzlich der Hummer mit ausgeschalteten
     Scheinwerfern aus der Dunkelheit auftauchte. Sie hatten geschossen, die Russen hatten das Feuer mit ihren Maschinenpistolen
     beantwortet – und dann waren sie durchgebrochen in Richtung Carnavon. »Ich könnte schwören, dass ich sie irgendwo getroffen
     habe!«, behauptete Wiese.
    »Seid ihr okay?«, fragte Lucien, der schon ruhiger klang, jetzt, wo sein Schwiegervater in Sicherheit war.
    »Ja, uns geht’s gut, aber mein Toyota ist ordentlich durchlöchert«, antwortete der große Farmer.
    |32| »Jan, hier Lemmer«, fiel ich ihnen ins Wort. »Kannst du mich hören?«
    »Ich höre dich.«
    »Ich komme aus Richtung Loxton, ihr müsstet eigentlich meine Scheinwerfer sehen können.«
    »Ich sehe dich.«
    »Wie groß ist ihr Vorsprung?«
    »Vier Minuten, vielleicht fünf … Aber ich sage dir, ich hab das Ding getroffen. Er hat gequalmt, als er an uns vorbeigefahren
     ist.«
    »Dann schnappe ich sie mir«, sagte ich.
    Ein Chor von Stimmen, wie aus einem Mund: »Schnapp sie dir!«
     
    Die breite unbefestigte Straße dehnte sich vor mir aus, die letzten fünfzig Kilometer, ehe man die Teerstraße in Richtung
     Carnavon erreichte. Eine Strecke mit trügerischen Kurven. Die Russen wollten jetzt so schnell wie möglich weg von hier, sie
     hatten bekommen, was sie wollten, ein Wettrennen zwischen ihnen und mir. Aber ich musste sie vor der nächsten großen Abzweigung
     einholen, sonst waren sie weg, verschluckt von der Weite dieser Landschaft.
    Doch warum nach Norden? Warum nicht in Richtung N1? Befürchteten sie, Lucien hätte nach dem langen Arm des Gesetzes gerufen?
     Blockaden auf den Hauptstraßen, Helikopter, eine groß angelegte Suchaktion? Schlauer wäre es gewesen, ein weiteres Fahrzeug
     irgendwo zu verstecken, den Hummer in einer Schlucht stehen zu lassen und in einem Farmerauto weiterzufahren.
    Nein, am klügsten wäre es gewesen, die Straßen überhaupt |33| zu meiden. Man schüttelt seine Verfolger ab, indem man einen Weg einschlägt, auf dem sie einen nicht weiter verfolgen können.
     Und da gab es nur einen: den Luftweg. Aber von wo aus? Dann ging mir ein Licht auf: der Flugplatz von Carnavon! Der größte
     weit und breit, der sogar eine jährliche Flugschau veranstaltete. Er lag auf dieser Seite der kleinen Stadt, nur fünf Kilometer
     von der Stelle entfernt, an der man auf die Teerstraße gelangte.
    Und dann sah ich die roten Rücklichter des Hummers, weit weg und undeutlich. Ich beschleunigte in dem Wissen, dass es nur
     eine Chance gab: Ich musste sie aufhalten, ehe sie den Flugplatz erreichten.
     
    Staub.
    Die breiten Reifen des Hummers wirbelten einen Schweif aus dichtem, erstickendem Staub auf. Aber da war noch etwas: blauer
     Qualm, der in der Luft hängen blieb, der vage Geruch von überhitztem Öl – und die Tatsache, dass ich sie so leicht eingeholt
     hatte. Jan Wiese hatte recht gehabt. Er hatte den Hummer irgendwo getroffen. Aber das nützte mir nichts, denn sie fuhren kreuz
     und quer über die Straße, wodurch sie eine Wolke aus Staub und Rauch aufwirbelten, die mir die Sicht auf die Fahrbahn raubte.
    Die Teerstraße lag noch zwanzig Kilometer entfernt, aber ich würde warten müssen und dafür sorgen, dass ich ganz dicht dran
     war, wenn wir dort ankamen.
    Plötzlich begannen die Russen mit einer automatischen Waffe wild um sich zu schießen. Ich sah
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