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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien
Autoren: Jules Verne
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sich dieses Lebewohl in den Herzen der wackeren Leute ein. Nur nach und nach, als folgten sie ungern dem eisernen Zwange, verließen sie den weiten Hof. Um James Starr ward es still und stiller. Der schwarze Weg nach der Grube Dochart erschallte noch einmal von den Schritten der Bergleute, dann folgte das Schweigen dem geschäftigen Leben, das früher an den Kohlenwerken von Abersoyte geherrscht hatte.
    Nur ein einziger Mann war neben James Starr zurückgeblieben.
    Es war der Obersteiger Simon Ford. Neben ihm stand ein junger Mensch von fünfzehn Jahren, sein Sohn Harry, der schon seit mehreren Jahren in dem Schachte thätig gewesen war.
    James Starr und Simon Ford kannten einander und achteten sich gegenseitig eben so lange.
    »Adieu, Simon, sagte der Ingenieur.
    – Adieu, Herr James, antwortete der Obersteiger, oder lassen Sie mich lieber sagen: Auf Wiedersehen!
    – Ja, ja, Simon, wiederholte James Starr, Sie wissen, daß ich stets erfreut sein werde, Sie wieder zu treffen und mit Ihnen von den alten schöneren Zeiten Aberfoyles zu plaudern.
    – Ich weiß es, Herr James.
    – Mein Haus in Edinburgh steht Ihnen allezeit offen.
    – O, das ist weit, Edinburgh! erwiderte der Obersteiger kopfschüttelnd; ja sehr weit von der Grube Dochart!
    – Weit, Simon, wo denken Sie denn zu wohnen?
    – Hier auf dieser Stelle. Herr James; wir werden das Werk, unsere alte Ernährerin, nicht verlassen, weil dessen Hilfsquellen jetzt versiegt sind. Meine Frau, mein Sohn und ich, wir werden uns einzurichten wissen, um der Grube treu zu bleiben.
    – Leben Sie wohl, Simon, antwortete der Ingenieur, der seiner Erregung nur schwer Meister wurde.
    – Nein, ich sag’ es noch einmal, nicht leben Sie wohl, sondern auf Wiedersehen, Herr James. Auf Simon Ford’s Wort, wir werden uns in Abersoyte wiederfinden!«
    Der Ingenieur wollte dem Obersteiger diese letzte Hoffnung nicht rauben Er umarmte den jungen Harry, der ihn mit großen, seine Erregung verrathenden Augen ansah. Zum letzten Male drückte er Simon Ford die Hand und verließ den Hof des Kohlenwerkes.
    Das hier Erzählte spielte vor nun zehn Jahren; aber trotz des vom Obersteiger geäußerten Wunsches, ihn einmal wiederzusehen, hatte James Starr niemals wieder etwas von ihm gehört.
    Nach sehr langer Trennung erhielt er jetzt jenen Brief von Simon Ford, der ihn aufforderte, ohne Verzug den Weg nach den alten Kohlenwerken von Abersoyte einzuschlagen.
    Eine Mittheilung von besonderem Interesse für ihn? Was konnte diese betreffen? Die Grube Dochart, der Yarow-Schacht! Welche Erinnerungen erweckte das noch einmal in seinem Geiste! O, das war doch eine schöne Zeit gewesen, jene Zeit der Arbeit und des Kampfes, die schönste Zeit seines Lebens als Ingenieur!
    James Starr durchflog das Schreiben immer und immer wieder. Er bedauerte, daß Simon Ford nicht eine Zeile mehr hinzu gefügt habe; er zürnte ihm fast wegen dieser lakonischen Kürze.
    War es denn möglich, daß der alte Obersteiger vielleicht doch noch eine neue abbauwürdige Kohlenader entdeckt hätte? Nein, gewiß nicht!
    James Starr entsann sich, wie sorgfältig die ganzen Gruben von Aberfoyle untersucht worden waren, bevor man die Arbeiten definitiv einstellte. Er selbst hatte die letzten Bohrversuche geleitet, ohne eine neue Lagerstätte in dem durch die intensivste Ausbeutung entwertheten Boden zu finden. Man hatte sogar den Anfang gemacht, die Tiefe unter jenen Gesteinschichten, welche gewöhnlich unter der Steinkohle getroffen werden, wie der rothe devonische Sandstein, aufzuschließen, aber leider ohne Erfolg. James Starr hatte das Bergwerk also mit der festen Ueberzeugung verlassen, daß es nicht mehr ein Stückchen Brennmaterial enthalte.
    »Nein, wiederholte er sich öfters, nein! Wie wäre anzunehmen, daß Simon Ford das aufgefunden hätte, was sich damals meinen genauesten Nachforschungen entzog? Doch muß der alte Obersteiger ja wissen, daß mich nur eine Sache interessiren könnte, und nun diese geheimzuhaltende Einladung nach der Grube Dochart zu kommen!«…
    James Starr kam immer wieder hierauf zurück.
    Andererseits kannte der Ingenieur Simon Ford als einen geschickten Bergmann, dem unleugbar ein gewisser Geschäftsinstinct eigen war. Seit der Zeit, wo Abersoyte aufgelassen worden war, hatte er ihn nicht wieder gesehen, und hatte keinerlei Nachricht darüber, was aus dem alten Obersteiger geworden sei. Er hätte nicht zu sagen vermocht, womit Jener sich beschäftige, oder wo er mit seiner Frau und seinem
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