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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien
Autoren: Jules Verne
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gelangte man jetzt seit Einstellung der Arbeiten ausschließlich nach den Stollen der Grube Dochart.
    Aeußerlich verriethen noch die Gebäude, welche ehedem zum Schutze der Tagarbeiten errichtet wurden, die Stellen der Schächte genannter Grube, welche letzt völlig öde und ebenso verlassen war wie die benachbarten Gruben, die zusammen die Kohlenwerke von Abersoyte bildeten.
    Es war ein trauriger Tag, als die Bergleute damals zum letzten Male die Schächte verließen, in welchen sie so viele Jahre gelebt und gearbeitet hatten.
     

    James Starr.
     
    Der Ingenieur James Starr hatte die Tausende von Arbeitern, die thätige und muthige Bevölkerung des Kohlenwerkes, um sich versammelt. Häuer, Wagentreiber, Steiger, Zufüller, Zimmerer, Wegarbeiter, Schaffner, Sortirer, Schmiede, Schlosser, Männer, Frauen und Greise, Werkleute von unten und oben, alle traten in dem großen Hofe der Grube Dochart zusammen, den vormals die Kohlenvorräthe des Werkes füllten.
     

    Harry Ford.
     
    Die braven Leute, welche jetzt die Sorge um das tägliche Brot zerstreuen sollte – sie, welche so lange Jahre, ein Geschlecht nach dem anderen, in dem alten Abersoyte verlebt, warteten, bevor sie den Ort verließen, nur noch auf einige Abschiedsworte ihres Ingenieurs. Die Gesellschaft hatte ihnen als Gratification die Erträgnisse des laufenden Jahres zukommen lassen. Im Grunde war das nicht viel, denn die Betriebskosten erreichten nahezu den Ertrag der Ausbeute, es gewährte ihnen aber doch die Möglichkeit, sich so lange fortzuhelfen, bis sie entweder an den Kohlenwerken der Nachbarschaft, bei der Landwirthschaft oder in den Werkstätten der Grafschaft eine neue Stellung fanden.
    James Starr stand vor der Thür des geräumigen Schuppens, unter welchem die mächtigen Fördermaschinen so lange Zeit hindurch gearbeitet hatten.
    Simon Ford, der Obersteiger der Grube Dochart, der damals fünfundfünfzig Jahre zählte, und noch mehrere andere Werkführer bildeten einen Halbkreis um ihn.
    James Starr entblößte das Haupt, die Bergleute beobachteten, die Mützen in der Hand, das tiefste Schweigen.
    Diese Abschiedsscene trug einen rührenden und doch gleichzeitig großartigen Charakter.
    »Meine Freunde, begann der Ingenieur, die Stunde der Trennung hat für uns geschlagen. Die Gruben von Aberfoyle, welche uns so lange Zeit zu gemeinschaftlicher Thätigkeit vereinigten, sind erschöpft. Die sorgsamsten Nachforschungen haben nicht die kleinste neue Ader mehr ergeben, und das letzte Stückchen Steinkohle ist aus der Grube Dochart gefördert worden!«
    Zur Erläuterung seiner Worte zeigte James Starr den Bergleuten ein Stück Kohle, das in einem Förderwagen zurückgelassen worden war.
    »Dieses Kohlenstück, meine Freunde, fuhr der Ingenieur fort, gleicht dem letzten Blutkörperchen, das ehemals in den Adern von Aberfoyle circulirte! Wir werden dasselbe aufbewahren, ebenso wie das erste Stück Kohle, welches vor nun einhundertfünfzig Jahren aus den Lagerstätten von Aberfoyle zu Tage gebracht wurde. Zwischen diesen beiden Stücken Kohle hat sich so manche Generation von Arbeitskräften in unseren Gruben abgelöst! Jetzt ist Alles zu Ende! Die letzten Worte, welche Euer Ingenieur an Euch richtet, sind Worte des Abschieds. Ihr habt Euer Leben gefristet von der Grube, die sich unter Euren Händen entleert hat. Die Arbeit war wohl hart, aber nicht ohne Vortheil auch für Euch. Unsere große Familie steht im Begriff, auseinander zu gehen, und kaum ist es denkbar, daß sich die zerstreuten Mitglieder derselben jemals wieder zusammenfinden wic heute. Vergeßt deshalb aber niemals, daß wir so lange Jahre mit einander gelebt haben, und daß es den Bergleuten von Abersoyte eine Ehrenpflicht bleibt, sich gegenseitig zu unterstützen. Auch Eure früheren Vorgesetzten werden sich dieser Pflicht immerfort erinnern. Die miteinander gearbeitet haben, die können einander nie ganz fremd werden. Wir werden auch ferner über Euch wachen, und wohin Ihr als ehrenhafte Leute Euch wendet, werden Euch unsere Empfehlungen begleiten. So lebt wohl, meine Freunde, Gott sei bei Euch!«
    Nach diesen Worten umarmte James Starr den ältesten Arbeiter der Grube, dessen Augen sich mit Thränen gefüllt hatten. Dann traten die Steiger der verschiedenen Gruben herzu, um dem Ingenieur noch einmal die Hand zu drücken, während die Bergleute alle die Hüte schwenkten und ihre Empfindungen in den Worten: »Adieu, James Starr, unser Chef und unser Freund!« Luft machten.
    Tief grub
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