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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien
Autoren: Jules Verne
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Untergrund des Vereinigtens Königreiches.
    Für das Verständniß des Folgenden empfiehlt es sich, die Geschichte der Steinkohlenformation hier auszugsweise darzulegen.
    Während der geologischen Epoche, als das Erdsphäroïd noch in der Bildung begriffen war, umhüllte es eine dichte Atmosphäre, welche neben reichlichen Wasserdünsten vorzüglich auch eine große Menge Kohlensäure enthielt. Allmälig schlugen sich diese Dunstmassen als diluvianische Regen nieder und strömten mit einer Gewalt herab, als sprängen sie aus Millionen Milliarden Selterserwasser-Flaschen hervor. Jedenfalls war es eine sehr kohlensäurereiche Flüssigkeit, die sich damals über den halbweichen Erdboden ergoß, welcher fortwährend noch stürmischer oder langsamer verlaufende Umwälzungen erlitt, und in diesem kaum consolidirten Zustande ebenso durch dte äußere Sonnenwärme, wie durch das Centralfeuer des Planeten erhalten wurde. Die Wärme des Innern hatte sich damals noch nicht so entschieden in dem Mittelpunkte der Erdkugel aufgespeichert. Die minder dicke und unvollkommen erhärtete Erdkruste ließ sie noch durch ihre Poren ausströmen, daher erklärt sich jene riesenmäßig wuchernde Vegetation der Vorzeit, wie sie jetzt noch auf der Venus und dem Merkur als Folge ihrer geringeren Entfernung von der Sonne vorhanden sein mag.
    Der jener Zeit noch nicht bestimmt umgrenzte Boden der Continente bedeckte sich mit ungeheuren Wäldern. Die für die Ernährung der Pflanzenwelt so nothwendige Kohlensäure war im Ueberfluß vorhanden. Alle Gewächse sproßten in Gestalt von Bäumen auf, kraut-und grasartige Pflanzen gab es noch nicht. Ueberall drängten sich die ziemlich monotonen Baumriesen, ohne Blüthen oder Früchte, zusammen, welche noch keinem lebenden Wesen hätten Nahrung bieten können. Die Erde mußte erst reifer werden, um die Entwickelung des Thierreiches zu ermöglichen.
    In den antediluvianischen Wäldern herrschte die Klasse der Gefäßkryptogamen beiweitem vor. Calamiten, Varietäten baumartiger Schachtelhalme, Lepidodendrons, riesenhafte, fünfundzwanzig bis dreißig Meter hohe und am Grunde des Stammes ein Meter dicke Lycopodien, Farrnkräuter, Sigillarien von erstaunlicher Größe, von denen man Muster-Exemplare in den Gruben von St. Etiennes auffand – lauter ungeheure Pflanzen, deren verwandte Nachkommen wir jetzt nur in den niedrigsten Classen der Pflanzenwelt unserer bewohnten Erde wieder erkennen – das waren, zwar arm an Arten, aber gewaltig in ihrer Entwickelung, die Repräsentanten des Pflanzenreiches, welche ausschließlich die Urwälder jener Epoche bildeten.
    Diese Bäume wurzelten überdies in einer Art grenzenloser Lagune, einer Mischung aus süßem und salzigem Wasser. Gierig assimilirten sie die Kohlensäure der zur Athmung noch untauglichen Atmosphäre, so daß man sagen kann, sie waren dazu bestimmt, dieselbe unter der Form der Steinkohle in den Eingeweiden der Erde unschädlich zu machen.
    Damals war die Zeit der Erdbeben, der furchtbarsten Erschütterungen des Bodens, eine Folge der Revolutionen des Innern und der plutonischen Arbeit, welche oft plötzlich die noch unsicheren Linien der Erdoberfläche veränderten. Hier wuchsen Bodenerhebungen auf, welche später zu Bergen wurden; dort öffneten sich Schlünde, Abgründe und Senkungen, die Betten der späteren Meere und Oceane. Dabei sanken ganze Waldstrecken in den Erdboden ein, bis sie entweder auf dem schon härteren Urgebirgsgranit eine Lagerstätte fanden oder durch ihre Anhäufung sich selbst zu einem schwerer beweglichen Ganzen verdichteten.
    Der geologische Bau des Erdinnern zeigt nämlich folgende Anordnung: Zu unterst treffen wir die paläozoïsche oder primäre Formation (mit Gneis, Granit u.s.w.), in deren oberen Schichten, unter dem sogenannten Rothliegenden, die Steinkohle eingebettet ist. Darauf folgt die mesozoïsche oder secundäre Formation (mit Buntsandstein, Muschelkalk u.s.w.); über dieser lagert die känozoïsche oder tertiäre Formation und endlich die quaternäre, das Gebiet der älteren und neueren Alluvien.
    In jener Kindeszeit der Erde stürzte sich das noch von keinem Bette eingedämmte und durch die reichliche Verdunstung überall hingeführte Wasser von den kaum gebildeten, Felsen herab und riß abgewaschene Schiefer-, Sand-und Kalkgesteine mit sich fort. Diese lagerten sich über den Torfmoorwäldern ab und bildeten die Elemente, welche die Steinkohlenschichten überdeckten. Mit der Zeit – aber freilich handelt es
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