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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien
Autoren: Jules Verne
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junge Mann auf ihn zu.
    »Du bist Harry Ford? fragte ihn James Starr lebhaft, ohne jede andere Einleitung.
    – Ja, Herr Starr.
    – Ich hätte Dich kaum wieder erkannt, mein Sohn! O, was ist doch aus dem Knaben in zehn Jahren für ein Mann geworden!
    – Ich erkannte Sie jedoch sofort, antwortete der junge Bergmann. Sie haben sich gar nicht verändert; Sie, Herr Starr, sind noch immer derselbe, der mich am Tage des Abschieds von der Grube Dochart umarmte! O, so etwas vergißt sich nicht so leicht.
    – Zunächst setze Deine Mütze auf, Harry, mahnte der Ingenieur; es regnet in Strömen, die Höflichkeit braucht nicht bis zum Schnupfenfieber zu reichen.
    – Wollen Sie, daß wir vor der Hand irgendwo Schutz suchen, Herr Starr? fragte Harry Ford.
    – Nein, Harry. Die Zeit ist gemessen. Es regnet voraussichtlich den ganzen Tag fort und ich habe Eile. Laß uns aufbrechen.
    – Ganz wie Sie wünschen, erwiderte der junge Mann.
    – Sag’ mir, Harry, Dein Vater befindet sich wohl?
    – Ganz wohl, Herr Starr.
    – Und Deine Mutter?
    – Die Mutter auch.
    – Dein Vater hatte mir doch geschrieben, mit ihm am Yarow-Schachte zusammen zu treffen?
    – Nein, geschrieben hatte ich den Brief.
    – Aber Simon Ford sandte mir eine zweite Nachricht, durch welche jenes Zusammentreffen abgesagt ward?
    – O nein, gewiß nicht! antwortete der junge Bergmann.
    – Nun gut!« schloß James Starr, ohne des zweiten anonymen Schreibens für jetzt weiter Erwähnung zu thun.
    Später nahm er wieder das Wort:
    »Kannst Du wohl sagen, was der alte brave Simon mir mitzutheilen hat? fragte er den jungen Mann.
    – Mein Vater hat sich vorbehalten, das nur selbst zu thun.
    – Aber Du weißt es?
    Ja.
    – Nun, Harry, ich will Dich nicht weiter darum fragen. Also vorwärts, mich drängt es, Simon Ford zu sprechen. Doch da fällt mir ein, wo wohnt er denn?
    – In der Grube.
    – Wie? In der Grube Dochart?
    – Ja wohl, Herr Starr, bestätigte Harry Ford.
    – Deine Familie hat also das Kohlenwerk seit dem Aufhören der Arbeiten nicht verlassen?
    – Keinen Tag, Herr Starr. Sie kennen den Vater. Da, wo er das Licht der Welt erblickte, will er auch sterben!
    – Ich verstehe, Harry… ja, ja, ich weiß! Es ist sein Geburtsort, die Grube, und er hat ihn nicht verlassen wollen. Und es gefällt Euch da?…
    – Gewiß. Herr Starr, denn wir lieben einander herzlich und haben nur sehr wenig Bedürfnisse.
    – Schön, Harry, sagte der Ingenieur. Also auf den Weg!«
    James Starr durchschritt, begleitet von dem jungen Manne, die Straßen von Callander.
    Zehn Minuten später hatten Beide die Stadt im Rücken.
Fußnoten
    1 Hierher gehört die Bemerkung, daß alle jene Pflanzen, deren Abdrücke man findet’ letzt nur im Aequatorialgebiete vorkommen. Man schließt daraus auf eine damals gleichmäßige Vertheilung der Wärme über der Erdoberfläche, ob diese nun von Strömungen warmen Wassers oder von dem Durchdringen derselben durch die porösere Erdrinde herrührte. So erklärte sich die Entstehung von Steinkohlenschichten unter allen Breiten.
     
    2 Mit Zugrundelegung des zunehmenden Steinkohlenconsums rechnet man daß die mineralischen Brennstoffe Europas zu Ende gehen werden:
    in Frankreich nach 1140 Jahren,
    in England nach 800 Jahren,
    in Belgien nach 750 Jahren,
    in Deutschland nach 300 Jahren.
    Amerika freilich würde bei einer Production von 500 Millionen Tonnen für 6000 Jahre Vorrath haben.
Viertes Capitel.
Die Grube Dochart.
    Harry Ford war ein großer, kräftig und wohlgewachsener junger Mann von fünfundzwanzig Jahren. Schon in frühester Jugend zeichnete er sich durch sein ernstes Gesicht und seine nachdenkliche Haltung vor seinen Kameraden in der Grube aus. Regelmäßige Züge, große, sanfte Augen, ein volles, mehr bräunliches als blondes Haar und liebenswürdiges Wesen, Alles vereinigte sich, ihn zum vollendetsten Typus des Lowlanders, d. h. des besten Schlages der Niederlandschotten zu stempeln. Durch die harte Arbeit im Kohlenwerke von sehr jungen Jahren an gestählt, war er nicht nur ein treuer Genosse, sondern auch eine reine, unverdorbene Natur. Theils geleitet von seinem Vater, theils getrieben von eigenem Drang hatte er immer fleißig gearbeitet und sich Kenntnisse zu sammeln gewußt, so daß er in dem Alter, wo man sonst meist selbst noch Lehrling ist, einen solchen schon unterrichtete und anlernte, was von um so größerer Bedeutung ist in einem Lande, wo es in Folge seines hochausgebildeten Schulwesens nur wenig Unwissende giebt.
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