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Schwanentanz

Schwanentanz

Titel: Schwanentanz
Autoren: Jean Francis
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es schon zu spät war. Ich muss zusehen, dass die Menschen da verschwinden, bevor sie auf die Idee kommen, die Eiche für ein kuscheliges Kaminfeuer abzuhacken oder eine Terrasse mit Blick auf unsere Haustür zu bauen oder auf was für Ideen die sonst noch kommen.“
    „Ich komm mit dir“, bot Aiden an.
    Die Götter mochten ihn bewahren, das war das Letzte, was Brandon wollte. Er wollte, nein, er musste allein sein. „Sie will, dass ich es selbst regle.“
    Im Gesicht seines Freundes zuckte ein Mundwinkel. Aiden kannte ihn zu gut und durchschaute die Halbwahrheit. Verdammt.
    „Versteh schon“, sagte Aiden. „Geh halt, geh allein.“
    Brandon antwortete nur in seinen Gedanken, aber mit einem Dank, der aus tiefster Seele kam.
    Es drängte ihn aus dem Síd, und das lag nicht allein daran, dass er seine Aufgabe schnell hinter sich bringen wollte. Vor allem wollte er sich ungestört der Vorstellung hingeben, wie er Cara würgte, sie vögelte und danach ihr schönes Gesicht zu Brei prügelte.
    Der Morgen schlug ihm frisch und kühl entgegen, als er den Übergang durchschritt. Er sog die Luft tief in die Lungen, wo sie den Gestank der Nacht fortwaschen konnte. Genau wie Caras Duft, der ihn wider Willen noch immer erregte.
    Er zwängte sich durch den gewachsenen Durchgang in der Eiche des Übergangs, lehnte sich an den Stamm und genoss eine Weile die Sonne auf den Armen und im Gesicht. Und das Alleinsein, ja, das besonders. DieWärme berührte seine Haut, glitt langsam tiefer. Linderte. Frieren würde er wohl trotzdem den ganzen Tag. Seine Schultern fühlten sich an, als läge Schnee auf den Knochen. Eis splitterte bei jeder Bewegung in seinen Gelenken. Nur mit Mühe bekam er die Arme hoch genug, um das Lederband über den Kopf zu ziehen, an dem ein Bruchstück seines wasserblauen Saphirs hing. Er drückte den Stein in eine Vertiefung zwischen den Wurzeln der Eiche, was verhinderte, dass irgendein Scherzkeks den Zugang von innen verschließen konnte, während er draußen war. Das zweite Stück des Edelsteins reagierte zornig auf die Trennung. Der Saphir glühte in seinem Nacken, so kalt wurde er. Brandon versuchte, den in sein Fleisch gebrannten Stein zu ignorieren. Er ließ sich am Stamm der Eiche auf den Boden rutschen, stellte sich seine Hände vor, wie sie sich in Caras blondem Haar zu Fäusten schlossen, und griff sich durch die Leinenhose in den Schritt. Erst musste er diesen Druck abbauen. Danach würde er mal sehen, welche arme Seele er für die Strapazen der Nacht verantwortlich machen durfte.

     
    Die Schwellung war zurückgegangen, dafür war ihr Knie nach der Nacht, die sie mit angezogenen Beinen im Sessel verbracht hatte, nun steif. Wunderbar, öfter mal was Neues.
    Suzanna hinkte nach einer Katzenwäsche die Treppe hinunter. Vor wenigen Stunden war sie noch fest entschlossen gewesen, das Haus beim ersten Tageslicht zu verlassen, doch kaum, dass dieses durch die Fenster lugte, hellte sich auch ihre Stimmung auf. Hatte sie sich wegen ein bisschen Dunkelheit wirklich so gefürchtet? Das war ja lächerlich. Bei Tag sah alles gleich ganz anders aus.
    Als sie in der Küche ein rotes Lämpchen am Radio entdeckte, schlug ihre Laune endgültig ins Positive um. Strom! Das Radio bekam Strom. Sie legte jeden Schalter um, kontrollierte die Glühbirnen im Erdgeschoss und registrierte zufrieden, dass alle funktionierten. Als sie das Wasser aufdrehte, kam es vom ersten Tropfen an klar aus der Leitung statt in rostbraunen Schwallen wie am Tag zuvor. Na also, es ging doch. Der Wasserkocher stellte sich als funktionstüchtig heraus, sie spülte ihn aus und füllte ihn. Die Teebeutel, die sie in einem der Hängeschränke fand, wirkten nicht vertrauenerweckend und wanderten in den Müll. Sie musste dringend einkaufen, aber nicht, ohne zumindest eine Tasse Tee getrunken zu haben. Wozu gab es den Garten? Ein paar Kamillenblüten oder Minzeblättchen würden sich schon finden. Marge, die Gesundheitsfanatikerin, schwor auf einen Aufguss mit frischen Brennnesseln, vielleicht sollte sie dies einfach mal testen, das Zeug wuchs schließlich überall. Sie ging aus dem Haus, ließ die Tür zum Lüften offen stehen, und umrundete es. Tau drang bei den ersten Schritten durchs Gras in ihre Prada-Sandalen. Sie zog sie aus, damit das Wildleder keine Flecken bekam. Ihre Garderobe würde sie den ländlichen Verhältnissen anpassen müssen. Hoffentlich gab es im Dorf ein Schuhgeschäft. Mit gesenktem Blick streunte sie zwischen den Bäumen
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