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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse
Autoren: Tom Sharpe
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noch, wenn auch langsamer. Als er wieder zu Bewußtsein kam, war es acht Uhr abends. Das Zimmer sah verschwommen und weit entfernt ,aus,
    und die Uhren tickten laut. Er versuchte aufzustehen, schaffte es aber nicht. Knieend stützte er sich am Kamin und hielt sich am Sessel fest. Langsam kroch er quer durchs Zimmer zum Telefon. Er mußte um Hilfe rufen. Er langte nach oben und zog das Telefon auf den Boden. Als er die ersten Zahlen des Notrufs schon gewählt hatte, zögerte er aus Furcht vor einem Skandal. Seine Frau? Er legte den Hörer wieder auf und tastete nach dem Notizblock mit der Nummer der Samariter. Er fand und wählte sie. Während er wartete, starrte er den Aufkleber an, den Lady Mary auf den Block gepappt hatte: »Sind Sie verzweifelt, denken Sie an Selbstmord? Dann rufen Sie die Samariter an.« Das Freizeichen verstummte. »Hier sind die Samariter, kann ich Ihnen helfen?« Lady Marys Stimme klang so eindringlich mitfühlend wie eh und je.
    »Ich bin verletzt«, brachte Sir Godber mühsam heraus. »Was sind Sie? Sie müssen schon lauter reden.«
    »Ich bin verletzt. Komm um Gottes willen ...«
    »Was war das?« fragte Lady Mary.
    »O Gott, o Gott«, stöhnte Sir Godber schwach. »Na schön, erzählen Sie mir alles«, forderte Lady Mary ihn interessiert auf. »Ich bin hier, um Ihnen zu helfen.«
    »Ich habe mich am Gitter gestoßen«, erklärte Sir Godber. »Die Götter haben Sie verstoßen?«
    »Nicht Götter«, sagte Sir Godber verzweifelt. »Gitter.«
    »Verbittert sind Sie?« erkundigte sich Lady Mary, offensichtlich überzeugt, sie habe mit einem desillusionierten Größenwahnsinnigen zu tun.
    »Der Kamin. Ich blute. Komm her zu mir, um Gottes willen ...« Erschöpft, da seine Frau ihn nicht verstehen wollte, fiel Sir Godber auf den Fußboden zurück. Aus dem Telefon neben ihm tönte weiter das Quäken und Schnattern von Lady Marys Ermahnungen.
    »Sind Sie dran?« fragte sie. »Sind Sie noch dran? Also, es besteht kein Grund zu verzweifeln.« Sir Godber stöhnte. »Legen Sie nicht auf. Bleiben Sie dran und hören Sie zu. Sie sagen also, die Götter hätten Sie verstoßen. Das ist nun wirklich keine sehr konstruktive Betrachtungsweise, stimmt’s?« Sir Godbers stoßweises Atmen beruhigte sie. »Was bedeutet schließlich die Zuneigung der Götter? Wir sind alle nur Menschen und können nicht erwarten, ständig unseren eigenen Erwartungen zu genügen. Wir müssen einfach Fehler machen. Sogar die Besten von uns. Aber das heißt nicht, daß die Götter uns verlassen haben. So etwas dürfen Sie gar nicht denken. Sie sind doch nicht katholisch, oder?« Sir Godber stöhnte. »Das sage ich nur, weil Sie blutende Herzen erwähnten. Katholiken glauben an blutende Herzen, müssen Sie wissen.« Jetzt mischte Lady Mary auch noch Belehrungen unter ihre Ratschläge. Das sah der verfluchten Frau ähnlich, dachte Sir Godber hilflos. Er versuchte sich so weit aufzurichten, daß er den Hörer auflegen und Lady Marys erbarmunglose Philanthropie für immer abschalten konnte, doch er schaffte es nicht.
    »Geh aus der Leitung«, stöhnte er mit letzter Kraft. »Ich brauche Hilfe.«
    »Natürlich brauchen Sie die, und dafür bin ich ja da«, sagte Lady Mary. »Um zu helfen.«
    Sir Godber kroch vom Hörer weg, vertrieben von ihrer Begriffsstutzigkeit. Irgendwie mußte er Hilfe holen. Sein Blick fiel auf den neben der Tür stehenden Servierwagen mit Getränken. Whisky. Er kroch darauf zu und erwischte die Flasche. Er trank ein wenig und erreichte, die Flasche umklammernd, die Nebentür. Irgendwie öffnete er die Tür und schleppte sich in den Garten hinaus. Wenn er es nur bis zum Hof schaffte, vielleicht könnte er rufen und jemand würde ihn hören. Im Gemeinschaftsraum brannte Licht. Wenn er es nur bis dahin schaffen könnte! Sir Godber richtete sich so gut es ging auf und fiel seitlich auf den Fußweg.

Kapitel 20
    Sir Cathcart hatte Geburtstag, und wie üblich wurde auf Schloß Coft eine Party gegeben. Auf dem kiesbedeckten Vorhof drängten sich die eleganten Wagen im Mondlicht wie viele große Robben am Strand. Im Haus fand die Tieranalogie ihre Fortsetzung. Im Interesse mehrerer Gäste königlichen Geblüts und zügelloser Ausschweifungen trug man Masken und nicht viel mehr als das. Sir Cathcart hatte sich bezeichnenderweise als Pferd mit kurzem Maul getarnt, was sowohl der Konversation als auch seiner Vorliebe für Fellatio entgegenkam. Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Pénélope versuchte als Kapaun anonym zu
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