Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
haben begriffen, dass in der Wohnung nichts zu holen ist.«
    »Dann kann ich bleiben.«
    »Ich würde mich freuen. Für Joschka.«
    Sie wollte nicht zurück, nicht daran erinnert werden, was geschehen war, wie ihr Leben von einem Tag auf den anderen zerstört, lebensunwert geworden war …
    »Du solltest die Wohnungstür zusätzlich sichern. Nimm einen Stuhl, belade ihn mit Geschirr. Er muss umfallen, wenn jemand die Tür von außen öffnen will. Lärm schreckt ab, das ist das Einzige, wovor sie sich fürchten. Öffentliche Aufmerksamkeit können sie nicht gebrauchen.«
    Sie lachte leise, wusste nicht, was sie von seinem Vorschlag halten sollte. Er klang reichlich naiv. »Warum rufst du an?«
    Gronau zögerte. »Ich wollte …«
    »Ja?«
    »Das wird jetzt nicht gehen. Du bist verletzt?«
    »Es wird besser.«
    »Wie stark?«
    Sie ging ins Bad, stellte sich vor den Spiegel. Das Monster trat ihr in einer neuen Farbmischung gegenüber. »Sei froh, dass du mich nicht sehen kannst.«
    »Dann muss ich es auf andere Weise versuchen.«
    »Es geht um deine Recherchen?«
    Gronau zögerte erneut. »Eine Diskette. Ich benötige eine Information, die ich dort gespeichert …« Er verstummte, wollte nicht zuviel verraten.
    »Wo ist sie?«, fragte sie. »Ich werde sie holen.«
    »Ich hatte sie vollkommen vergessen. Dabei bin ich dringend auf sie angewiesen.«
    »Gib mir die Adresse. Ist es hier in Stuttgart?«
    »Mario hat das Material. Ich kann ihn nicht erreichen. Wahrscheinlich ist sein Handy nicht eingeschaltet. Er arbeitet nachmittags und abends im Imbiss in der Marktstation im Hauptbahnhof.«
    »Wie kann ich ihn erkennen?«
    »Frag einfach nach seinem Namen. Erzähle ihm von Joschka und davon, dass die Katze hohes Fieber habe. Er wird dir die Diskette ohne weitere Fragen geben.«
    »Und dann?«
    »Sie steckt in einem adressierten Umschlag. Wirf ihn in den nächsten Briefkasten. Am besten in den im Hauptbahnhof. Der wird ständig geleert.«
    Lisa Neumann überflog erneut ihr lädiertes Gesicht. »Kann ich warten, bis es draußen dunkel ist?«
    »Kein Problem. Das dauert ohnehin nicht mehr lange. Wir haben November.«
    Sie wusste, dass er Recht hatte, versprach seinen Wunsch zu erfüllen.
    »Es tut mir wirklich Leid«; sagte er. »Ich hoffe, dass deine Schmerzen bald vergehen. Pass auf dich auf.«
    Sie spürte impulsiv, dass sein Ratschlag das Wichtigste war, was sie in den nächsten Tagen beachten musste.

5. Kapitel
    Das war uns seit langem klar, dass es mit ihr so enden wird.
    Gott lässt sich nicht spotten!«
    Erika Bangler trommelte mit den Fingerspitzen ihrer rechten Hand energisch auf den weiß lackierten Küchentisch, starrte Braig mit vor Zorn glühenden Augen ins Gesicht. Sie saß hoch aufgerichtet auf einem der unbequemen Stühle, zeigte nicht einmal einen Ansatz von Mitleid oder Anteilnahme am Tod ihrer Adoptivtochter.
    »Zwei Jahre lang ging das so«, hatte sie dem Kommissar mit kräftiger Stimme ins Gesicht geschleudert, »ein Kerl nach dem anderen. Und alles hinter unserem Rücken.«
    Braig, der davon ausgegangen war, einem vor Schreck völlig paralysierten Elternpaar mit der Botschaft vom abrupten und unerwarteten Tod ihrer Tochter gegenübertreten zu müssen, hatte die Reaktion der Frau fassungslos hingenommen.
    Das Haus war nicht einfach zu finden gewesen. Es lag an einer verwinkelten, leicht hügelanführenden Seitenstraße am Rand von Schwaikheim, schien dem schlichten Baustil nach den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu entstammen. Die Fassade zeigte Schmutzflecken und Risse, der Verputz schrie unübersehbar nach Ausbesserung und frischem Anstrich. Eine kurze, mit brüchigen Steinplatten belegte Treppe führte zur Haustür. Braig war sie vorsichtig hochgestiegen, hatte zweimal kurz geläutet.
    Erika Banglers Reaktion war umgehend erfolgt. Noch bevor er seine Hand von der Klingel zurückziehen konnte, hatte sie ihm mit neugierigen Augen geöffnet. Er war nicht sofort zur Sache gekommen, hatte sich erst vorgestellt und darum gebeten, eintreten zu dürfen. Die Frau hatte gezögert, ihn dann aber ohne Umweg in ihre Küche geführt und auf die Stühle am Tisch gezeigt.
    »Polizei? Was führt Sie zu uns?«
    Langsam und zögernd hatte er ihr gegenüber Platz genommen, war dann seiner traurigen Informationspflicht nachgekommen.
    Erika Bangler hatte seine Worte schweigend und ohne sichtbare Reaktion hingenommen. Kein Aufschrei, keine Tränen, keine hysterischen Bewegungen. Stattdessen eine Antwort, kurz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher